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Hiske Aalken 01 - Die Lebenspflückerin

Hiske Aalken 01 - Die Lebenspflückerin

Titel: Hiske Aalken 01 - Die Lebenspflückerin
Autoren: Regine Kölpin
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schon auf dem Weg zum Haus lautstark entgegengeweht. Hiske hatte ihn zwar vorgewarnt, doch dass Garbrand sich in seinem geschwächten Zustand dem Alkohol so unverhohlen zuwandte, war selbst für ihn befremdlich, obwohl er von dem Mönch einiges gewohnt war. Er schüttelte ihn, kippte ihm kaltes Wasser ins Gesicht, bis er die Augen einen Spalt breit öffnete. Adele zuckte nur einmal kurz mit den Lidern, als sie den Arzt erkannte.
    »Steh auf, Garbrand! Sie haben Hiske verhaftet und den Jungen dazu.«
    »Wegen Krechting und Tyde?«, lallte er. So weit schien er seine Sinne noch beisammen zu haben.
    »Und sie beschuldigen sie, auch an von Ascheburgs Ableben beteiligt zu sein. Hiske soll den Jungen zum Mord angestiftet haben, und außerdem bezichtigt man sie der Totzauberei.«
    Jetzt war auch Adele schlagartig wach. »Das war Dudernixen.«
    Jan sah sie fragend an, wich aber zurück, als ihm ihr Atem entgegenwehte, der sich zu einer Mischung aus Alkohol und Erbrochenem verbunden hatte.
    »Der wollte Hiske doch von Beginn an loswerden, weil sie ihm im Weg ist.« Adeles Stimme klang schwer und in die Länge gezogen. Sie musste sich bei jedem Wort zusammenreißen. Doch sie sprach weiter, so schwer es ihr auch fiel. »Er will zwar Lokator werden, wollte er schon, als noch mein Mann mit von Ascheburg für den Deichbau zuständig war. Aber weil er noch nicht am Ziel ist, muss er auch noch darauf achten, dass er als Bader und Wundarzt hier das Sagen hat.« Wieder brauchte Adele eine Pause. »Anneke hat sich auf diesem Gebiet stets nach seinen Wünschen gerichtet, sie war für ihn keine Konkurrenz, zumal sie ja auch keine Ahnung hat.«
    »Deshalb hat er Hiske jetzt als Hexe denunziert?«, fragte Jan verbittert.
    Adele antwortete nicht, sondern wankte zum Herd und goss sich aus einem Krug etwas Wasser in einen Becher, den sie mit einem Schluck leerte. »Jetzt hat er freie Bahn. Krechting kann kein Anführer mehr sein, wenn er nicht wieder auf die Beine kommt«, sie hickste, »von Ascheburg ist tot, und damit ihn keiner verdächtigt, hat er Tyde gleich mit umgebracht.« Adele begann zu lachen. Es klang grell und falsch, touchierte die Wände, doch es war, als würden die Töne dort auf der Stelle verschluckt. »Was für ein Glück für Dudernixen, dass der Rothmann nicht mitgekommen ist, sonst hätte er sich die Hände noch schmutziger machen müssen.«
    Dudernixen also, dachte Jan. Was Adele sagte, klang schlüssig, und doch gingen ihm auch Hiskes Gedanken nicht aus dem Kopf. Aber was für ein Relikt aus den letzten Münsteraner Tagen sollte es sein, das noch solche Auswirkungen hatte? Ein solcher Hass war krank. Wenn Hiske recht hatte, handelte es sich um einen Wahnsinnigen, der nach all den Jahren einfach nicht vergessen konnte, der sich jahrelang unter die Täufer gemischt hatte und dort seine bösartigen Pläne geschmiedet hatte. Oder ein bestimmter Auslöser war der Anlass dafür, dass der Hass erneut entfacht wurde. Je länger Jan darüber nachdachte, desto mehr glaubte er, dass sich die Hebamme geirrt hatte. Es gab das Mysterium aus Münster nicht. Es war, wie es im Leben war: Das Streben nach Macht hatte seinem Wesen freien Lauf gelassen und war dabei, sich den Weg zu ebnen. Dass gleich zwei Unschuldige als Täter zur Verfügung standen, war für den Mörder ein willkommener Wink des Schicksals. Nur – wie sollten sie Dudernixen stoppen und ihm das Handwerk legen? Er war schlau wie ein Fuchs und verstand es, alle Spuren sauber zu verwischen. Jans klarer Menschenverstand sagte ihm, dass Adele ein ganzes Stück näher an der Wahrheit war als Hiskes Theorie.
    Garbrand zupfte Jan am Ärmel. Sein Blick war wesentlich klarer als eben, doch es war unübersehbar, wie schlecht es ihm ging. Jan hatte nur wenig Mitleid. »Was gibt es?«
    Garbrand bedeutete Jan, ihm zu folgen. Adele war nach ihrer langen Rede ohnehin schon wieder nach hinten gefallen.
    »Sie redet im Schlaf«, lallte der Mönch, als sie im Garten standen.
    Jan sah ihn fragend an.
    Garbrand wand sich und schien nicht schlüssig, ob er wirklich sprechen sollte. »Hab mir da so was gedacht. Hab ja viel mitbekommen, auch wenn ich im Fieber lag.«
    Jan zog die Brauen hoch. »Sprich!«
    »Sie redet von einem Kind«, kam es schließlich über Garbrands Lippen, und schon in dem Augenblick, in dem er es gesagt hatte, glitt ein Schatten über sein Gesicht, als reuten ihn die gesprochenen Worte.
    »Sie hat aber doch keines«, sagte Jan.
    »Doch.« Garbrand starrte in die
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