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Himmel ueber fremdem Land

Himmel ueber fremdem Land

Titel: Himmel ueber fremdem Land
Autoren: Elisabeth Buechle
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Kadetten in der preußischen Eliteschule eigentlich keine geregelten Mahlzeiten?«, konnte Demy nicht widerstehen, ihn zu necken.
    Während Theodor vor Verlegenheit erneut rot anlief, klopfte Hannes ihm gutmütig auf die Schulter. »Siehst du, Kumpel. Um meine kleine Demy brauchst du dich nicht zu sorgen. Sie ist gefühlvoll, dazu aber auch ein keckes Ding.« Dass er den Tod ihres Vaters nicht ins Gespräch brachte, dankte Demy dem Spötter mit einem Augenzwinkern.
    Kurze Zeit später entschuldigte sich Theodor, und Edith nahm seinen Platz ein. »Fräulein van Campen? Ich wollte fragen, ob wir zu einem vertrauteren Du übergehen wollen, nun, da wir fast Schwestern sind.«
    Demy unterließ eine Belehrung über die nicht vorhandenen familiären Verbindungen zwischen Hannes und ihr, zumal sie nur mühsam ein Auflachen zu unterdrücken vermochte. In welcher Welt fragte eine erwachsene Frau ein vierzehnjähriges Mädchen so respektvoll und höflich, ob sie es duzen durfte?
    »Gern, Edith«, sagte sie geradeheraus.
    »Das ist wunderbar! Immerhin bist du mein Brautfräulein geworden. Und ich habe dir viel zu verdanken.«
    »Ein wunderbares Brautfräulein, das durch seine Unauffindbarkeit beinahe die Hochzeit zum Platzen gebracht hätte.«
    Edith lachte und drückte ihren Arm. »Hannes hat schon so etwas vermutet und sich frühzeitig auf die Suche nach dir gemacht.«
    Die frischvermählte Frau Meindorff räusperte sich und drehte sich auf dem Stuhl seitwärts, bis ihre Knie unter der weißen Chappeseide ihres Brautkleides beinahe den linken Oberschenkel Demys berührten.
    »Hannes erzählte mir, du hättest gewisse Einwände gegen unsere Vermählung eingebracht?«
    Demy beugte sich zu ihrem Ohr und flüsterte: »Es ging nicht darum, dass ich dir Hannes nicht gönne, sondern dass ich befürchtete, er – und somit auch du – würde dadurch in große Schwierigkeiten geraten. Und diese Angst hege ich immer noch. Du weißt selbst, woher Hannes stammt, musstest aber nur einmal am Rande eine Auseinandersetzung zwischen ihm und seinem Vater mit anhören – ganz im Gegensatz zu mir. Ich denke, das alles hätte glimpflicher ablaufen können, wenn der Rittmeister genügend Zeit gehabt hätte, sich an dich als zukünftige Ehefrau von Hannes zu gewöhnen. Doch ich wünsche euch nur das Beste, das musst du mir glauben.«
    »Vielen Dank, Demy, für deine lieben Worte. Ich bin sehr froh über deine Aufrichtigkeit.«
    Zaghaft lächelte Demy Edith an und wünschte, sie müsste nicht dieses nagende Gefühl der Beunruhigung in sich spüren, wenn sie an die Zukunft der beiden dachte.
    ***
    Der abnehmende Mond tauchte die Hausfassade in ein mattes Licht und versteckte auf charmante Weise die hässlichen grauen Flecken auf dem einstmals weißen Gemäuer, ebenso wie die bröckelnde Stuckverzierung knapp unterhalb des Dachs. Bei ihrem neuen Zuhause handelte es sich um ein winziges, ehemals schmuckes Pförtnerhaus, dem zumindest bei Tageslicht der langsame Verfall anzusehen war. Das Gebäude war das letzte Überbleibsel in einem dem Bauwahn Berlins zum Opfer gefallenen Park und würde vor allem von Edith bewohnt werden, da Hannes ja offiziell in der Kadettenanstalt lebte. Er konnte nur an seinen freien Tagen bei ihr sein – und das waren nicht viele.
    Ein kühler Windstoß ließ Edith in ihrem Brautkleid erschauern, weshalb Hannes fürsorglich den Arm um ihre Schulter legte, obwohl es vom Wagen bis zur Haustür nur ein paar Schritte waren. Dabei studierte er ihr Gesicht, um zu sehen, wie sie auf das unscheinbare alte Haus reagierte.
    Seine Ehefrau warf einen kurzen Blick auf ihr zukünftiges Zuhause und kuschelte sich dann fester an ihn, was er zum Anlass nahm, sie fest in seine Arme zu schließen. Es war das erste Mal, dass er sie so nahe bei sich hatte, seit sie vor ein paar Stunden auf offiziellem, wenn auch heimlichem Wege Mann und Frau geworden waren.
    »Bist du glücklich?«, raunte er ihr ins Ohr.
    Sie schmiegte sich enger in seine Arme, hob aber den Kopf, damit sie ihn ansehen konnte. Der goldene Mond beschien ihr rundes Gesicht und zauberte ein unvergleichliches Funkeln in ihre Augen.
    »Ob ich glücklich bin? Mein größter Traum ging heute in Erfüllung, obwohl es Zeiten gab, in denen ich nicht mehr daran geglaubt habe. Ich habe gezittert, geweint und gezweifelt. Ich war eifersüchtig auf ein junges Mädchen, das nun dem Gerede ausgesetzt sein wird, eine verschmähte Braut zu sein. Jetzt bedauere ich Demy und hege den Wunsch, sie zu
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