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Himmel ueber fremdem Land

Himmel ueber fremdem Land

Titel: Himmel ueber fremdem Land
Autoren: Elisabeth Buechle
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Tischnachbar zwei Obst- und drei Sahnetortenstücke verzehrt hatte, brachte er endlich genug Mut auf, um sie anzusprechen.
    »Mein Name ist Theodor Birk, gnädiges Fräulein, und …«
    Demy lachte belustigt auf und irritierte den zurückhaltenden Burschen damit so sehr, dass er abbrach. Sein Gesicht, durch seine unreine Haut ohnehin nicht schön anzusehen, verfärbte sich puterrot, und zu allem Überfluss verschluckte er sich, was einen kräftigen Hustenanfall auslöste.
    »Demy, was machst du denn mit dem armen Theodor?«, foppte Hannes über den Tisch, woraufhin sie ihm einen wütenden Blick zuwarf. Das Lächeln des Bräutigams verstärkte sich dadurch nur noch.
    Das Mädchen zögerte einen Augenblick, dann klopfte sie dem immer noch hustenden Kadetten in seiner schmucken Ausgehuniform kräftig auf den Rücken.
    »Danke!«, keuchte er irgendwann, und Demy stellte ihre Bemühungen ein.
    »Ich bin kein gnädiges Fräulein. Mein Name ist Demy van Campen.«
    »Aber Hannes sagte, Sie seien seine Großcousine.«
    »Meine ältere Schwester ist mit Hannes’ Bruder verheiratet und weitläufig mit der Familie Meindorff verwandt. Ihr steht die Anrede als Dame des Hauses zu. Mir allerdings nicht.«
    »Dann haben Sie und die gnädige Frau einen unterschiedlichen Elternteil?«
    Überrascht, wie schnell der angehende Offizier ihre verzwickte familiäre Situation durchschaute, nickte sie ihm lächelnd zu. »Sie sprechen einen lustigen Dialekt«, bemühte sie sich dann, das Gespräch in unverfänglichere Bahnen zu lenken.
    »Ich stamme ursprünglich aus Karlsruhe.«
    »Und was verschlug Sie nach Berlin?«
    »Ich wurde vom Kadettenkorps in Karlsruhe hierher verlegt.«
    Demys Nase zeigte erneut kleine Falten, doch noch ehe sie ihre Frage anbringen konnte, schaltete sich Hannes in ihre Unterhaltung ein. Er war hinter sie getreten und legte je eine Hand auf Demys und Theodors Schulter.
    »Theodor ist so schrecklich bescheiden. Du hast ein Genie vor dir. Die richtig guten, fähigen Kadetten werden vom Vorkorps zur Hauptkadettenanstalt Lichterfelde geschickt. Nach der Selekta, die er unter Garantie mit Bestnoten abschließt, wird er ohne Zweifel zur Kriegsakademie wechseln und später einmal als genialer Stratege im Generalstab dienen.«
    »Das hört sich nach Erfolg versprechenden Aussichten für Sie an. Aber sind Sie nicht einsam, so weit fort von der Heimat?«
    »Die Frauen und ihre Kümmernisse!«, lachte Hannes belustigt auf, erhielt aber einen Rüffel von seinem Freund.
    »Hannes, lass doch. Fräulein van Campen stammt aus den Niederlanden. Vielleicht ist es nicht einfach für sie, sich in dieser großen launischen Stadt einzuleben. Sie vermisst womöglich ihr Zuhause und ihre Familie und stellte aus dieser Erfahrung heraus ihre besorgte Frage an mich.«
    Demys Lächeln konnte kaum wärmer sein. Dieser wenig ansehnliche junge Mann, der es nicht einmal wagte, sie direkt anzusehen, verstand mehr von ihren verworrenen Gefühlen als die gesamte Familie Meindorff und ihre Schwester zusammen!
    »Um auf Ihre Frage zurückzukommen«, wandte Theodor sich wieder an sie. »Ich habe keine Familie, die ich vermissen könnte. Meine Mutter starb bei meiner Geburt. Mein Vater schickte mich auf die Militärschule und sparte sich die Beiträge dafür vom Munde ab. Vor zwei Jahren ist er ebenfalls verstorben.«
    »Das tut mir leid«, flüsterte Demy. Tränen traten ihr in die Augen. Wie sehr sein Schicksal doch dem ihren ähnelte!
    »Sie weinen aber nicht etwa meinetwegen? Das möchte ich nicht, bitte. Und keinesfalls bei einem so schönen Anlass, dem ich das Vergnügen verdanke, Ihre Bekanntschaft zu machen«, bat ihr Gesprächspartner unbeholfen. »Sehen Sie, ich durfte die Kadettenanstalt weiterhin besuchen und wechsle auch auf die Kriegsakademie, weil ein Lehrer in Karlsruhe so überzeugt von mir ist, dass er seit dem Tod meines Vaters die Schulgebühren für mich bezahlt. Er ist mein Ziehvater und Förderer. Nicht immer folgt auf ein Unglück ein weiteres. Letztendlich meint Gott es gut mit seinen Menschenkindern, selbst wenn wir das in den Tiefen mancher Trauertäler oder unter dem Himmel über einem fremden Land nicht sehen können.«
    Demy zog ihr winziges besticktes Taschentuch hervor und tupfte sich die Augen ab, wie Henriette es ihr beigebracht hatte. Sie lächelte zaghaft. Der Schmerz um den Verlust ihres Vaters saß noch tief in ihr.
    Theodor nickte ihr höflich zu und ließ sich ein weiteres Stück Kuchen auflegen.
    »Bekommen die
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