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Himmel ueber fremdem Land

Himmel ueber fremdem Land

Titel: Himmel ueber fremdem Land
Autoren: Elisabeth Buechle
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hin, ihn sich zum Feind zu machen.
    »Schön, dass ich Ihre Aufmerksamkeit erlangt habe, mein Freund.«
    »Weshalb sollte Udako mich abweisen? Ich habe ihr doch versprochen, mich mit ihrem Glauben auseinanderzusetzen. Ich konnte mir gut vorstellen, mehr als nur die christlichen Feste zu begehen und die vorgefertigten Gebete der Pfarrer nachzusprechen.«
    »Glaube lässt sich schwerlich lernen wie aus einem Schulbuch. Er hat etwas mit tief greifenden Erfahrungen, mit ernst gemeinten Entscheidungen, mit Liebe und Hingabe zu tun.«
    »Und dazu bin ich Ihrer Meinung nach nicht fähig? Und Udako sah das auch so?« Seine Stimme klang härter, als er es beabsichtigt hatte. Genügte es nicht, dass Udako tot war, gestorben, weil er eine Horde schießwütiger Kerle zu ihr geführt hatte? Musste er nun auch noch erfahren, dass die Frau, die er geliebt hatte, ihn letztendlich abgewiesen hätte? Wegen einiger in seinen Ohren abstrakt klingender Begriffe?
    »Sie sind durchaus dazu fähig. Das zeigt schon ihre starke Reaktion auf Udakos Tod. Aber das Leben stellt uns gelegentlich vor die bittere Entscheidung, welche unserer Gefühle wir zulassen und fördern und welche wir besser vor Gott legen, damit er sie uns fortnimmt. Aber das ist ein anderes Thema, über das ich mich an einem anderen Tag mit Ihnen unterhalte. Denn ich sehe Ihre aufgestaute Wut und Ihre Selbstvorwürfe. Jetzt wollten wir über Udako sprechen, nicht wahr?«
    Philippe ließ nur einen verhaltenen Knurrlaut hören. Bernhard wollte das, er nicht.
    »Sie wollten sich also Udako zuliebe mit dem Glauben näher beschäftigen?«
    Gequält schloss der junge Soldat die Augen und sah die junge Nama vor sich, wie sie mit einem Kind an der Hand auf ihn zukam und ihn anlächelte. Plötzlich änderte sich die Szene. Wieder sah er das brennende Haus und den entsetzlichen Augenblick, als sie die Arme hochwarf und einen stummen Schrei ausstieß.
    »Ich werte Ihren ausbleibenden Widerspruch einmal als Zustimmung.« Erneut lag diese leise Belustigung in der Stimme des Gottesmannes. Hatte er seine Freude daran, ihn zu quälen? Vermutlich nicht. Auch er trauerte um die Toten, und Philippe las Sorge und Zuneigung in seinen Augen. Bernhard war einfach von Natur aus ein fröhlich gesonnener Mensch … oder hatte das etwas mit diesen Glaubensdingen zu tun?
    »Das war aber nicht das, was Udako sich wünschte und erhoffte, mein junger Freund. Oder anders ausgedrückt: was Udako Ihnen wünschte. Diese bemerkenswerte junge Frau wollte nicht, dass Sie sich nur ihr zuliebe mit Gott befassen, sozusagen um die Mindestanforderungen für die Ehe mit ihr zu erfüllen. Sie wollte vielmehr, dass auch Sie das tiefe Glück und die Annahme erleben, die sie selbst bei Gott gefunden hatte.«
    Bernhard schwieg einige Sekunden lang und fügte dann leise hinzu: »Sie sind ein intelligenter Mann und durchaus fähig, sich Ihre eigene Meinung zu bilden und Entscheidungen zu treffen. Sie werden verstehen, was Udako Ihnen wünschte und was ich nun an ihrer Stelle an Sie weitergeben werde.«
    Der Mann erhob sich, stellte mit behutsamen Bewegungen den Stuhl neben den Tisch und verließ den Raum. Zurück ließ er einen nachdenklichen Philippe, der aufschreckte, als sich die Tür nochmals öffnete.
    Der Missionar streckte den Kopf herein und sagte: »Der Arzt sagte mir soeben, Sie seien über den Berg. Werden Sie wieder ganz gesund, und dann können Sie sich auf die aufregende Reise begeben – in dieses Abenteuer voller Freude und Trauer, Hass und Liebe, Zweifel und Glaube, das sich Leben nennt. Das wünschte sich Udako am Ende ihres Lebens für Sie: Dass Sie mit allen Sinnen zu leben beginnen!«

Kapitel 40
    Berlin, Deutsches Reich,
September 1908
    Braut und Bräutigam spiegelten zumindest äußerlich ihre unterschiedliche Herkunft deutlich wider. Edith trug ein schlichtes weißes Kleid und hatte weiße Bänder und ein paar hübsche Herbstastern in derselben Farbe in die üppigen braunen Haare gebunden, während Hannes in seinem maßgeschneiderten Schurwollanzug fast prachtvoller aussah als die Braut.
    Edith schenkte Demy bei ihrem Zusammentreffen vor der Tür des Standesbeamten ein strahlendes, wenn auch nervöses Lächeln. Ob sie sich des heutigen Schrittes selbst nicht sicher war? Das zweite Brautfräulein Inga war eine jüngere Schwester der Braut, die etwas unbeholfen vor Demy knickste.
    Der Trauzeuge von Hannes, ein pickeliger Bursche aus der Selekta 46 , war vielleicht der Einzige aus der
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