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Himmel der Suende

Himmel der Suende

Titel: Himmel der Suende
Autoren: Riccarda Blake
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wärst endlich wieder völlig frei und könntest nach Hause zurückkehren, wann immer dir danach ist. Ich bedaure nur, dass ich dieses Zuhause niemals werde sehen können, aber dafür haben wir ja die ganze Erde für uns.“
    Ihr Strahlen schwappte auf ihn über. „Aber du könntest die Himmel sehen“, sagte er. „Wenn einer der himmlischen Elohim dich unsterblich macht, kannst du sogar selbst dorthin fliegen.“
    Maggie blieb der Mund vor Begeisterung offen stehen.
    „Ist das dein Ernst?“, fragte sie.
    „Absolut“, sagte er. „Wie einstmals Enoch.“
    „Was gibt es da noch zu zögern?“, fragte Maggie, und auch Anya begann jetzt zu strahlen. Sie hielt Axel die Schlüssel hin, und er nahm sie mit einer Verneigung entgegen.
    „Sie wird unsterblich und kann dann auch noch fliegen?“, fragte Sergej überschäumend. „Das will ich auch.“
    Anya verbeugte sich tief vor ihm. „Dein Wille geschehe, Herr.“
    Der Russe riss sie noch einmal in seine Arme und küsste sie erneut. Maggie konnte sehen, dass Anya begonnen hatte, vor Glück zu weinen.
    Fünf Minuten später hatten Anya, Sergej und Man’El sich verabschiedet, und Maggie und Axel schauten ihnen Arm in Arm nach, wie sie über den Bergspitzen des Himalaja in der Ferne verschwanden.
    „Was für eine Wendung“, sagte Axel.
    „Wer hätte das gedacht“, stimmte sie zu. „Jetzt bist du der Bewahrer der Schlüssel zu den Himmeln und ich die Bewahrerin des Siegels des Abaddon. In unseren Händen liegt die Zukunft.“
    „Ich sehe wilde Zeiten auf uns zukommen“, sagte er, und es lag eine leise Wehmut darin.
    „Ruhig wäre doch auch langweilig“, sagte sie mit einem schelmischen Grinsen. „Oder?“
    Da konnte er gar nicht anders, als laut zu lachen. Sie hakte sich bei ihm unter und führte ihn in ihr Schlafgemach. Bevor sie sich aufmachen würden in die Himmel, würde sie ihm noch einmal den Himmel auf Erden bescheren.

2. EPILOG
    Island. Vatnajökul.
    Die Glocke oben im Turm der alten verlassenen Bergkirche schlug Mitternacht, ohne dass jemand sie geläutet hatte. Dieses Wunder geschah Nacht für Nacht, seit über neunhundert Jahren. Es hatte der Kirche einen Platz auf der Liste heiliger Orte eingebracht, aber zugleich die Gläubigen vertrieben, bis sich schließlich niemand mehr hierher getraut hatte. Mit einem lauten Knarren öffnete sich das windschief in den Angeln hängende Portal aus gesplittertem Holz, und eine Gestalt in einer weiten und zerrissenen Kutte schlüpfte herein. Die Kapuze war weit ins Gesicht gezogen, und die Gestalt hinkte, als sie nach vorn zum Altarraum ging. Auf den Boden fallende Blutstropfen verrieten, dass die Verletzung frisch war.
    Die Gestalt erreichte den Altar, ließ sich davor zu Boden sinken und zog die Kapuze vom Kopf, wie um dadurch besser Luft zu bekommen. Der Kopf eines Mannes kam zum Vorschein. Eines Mannes Ende vierzig. Das lange schwarzgraue Haar, das er sonst zu einem glänzenden Pferdeschwanz gebunden trug, war jetzt offen und zerzaust. Einige Strähnen klebten ihm in der fiebrig schwitzigen Stirn, und der penibel getrimmte Kinnbart war auf einer Seite vom Blut der aufgeschlagenen Lippe verklebt. Die Rapierscheide an seinem Ledergürtel war leer. Da war kein Feuer mehr in den smaragdgrünen Augen, nur noch lähmende Verzweiflung... und nackte Angst.
    Ashmo’Deush.
    Er hatte alles riskiert... und alles verloren.
    Wie hatte er auch so dumm sein können, sich mit einem der Gefallenen und einer Elohim einzulassen? Hatten sie in den vergangenen Jahrtausenden nicht immer und immer wieder bewiesen, dass sie weder zum Herrschen taugten noch zur Revolution? Seine Gier danach, endlich selbst zu herrschen, hatte ihn blind gemacht.
    Luzifer würde ihn dafür bestrafen. Wenn er Glück hatte, nur mit dem Tod. Wie er sie kannte, war sie bereits auf der Suche nach ihm, und er konnte nur hoffen, dass sie ihn hier, an einem heiligen Ort, nicht so schnell aufspüren würde. Er selbst konnte das Brennen, das die Geweihtheit der alten Kirche in jeder Faser seines Körpers auslöste, kaum ertragen. Doch er wusste, dass das ein Kinderspiel war zu dem, was Luzifer ihm antun würde.
    Wäre er nicht er, hätte er in seiner Verzagtheit jetzt sogar begonnen zu beten, um einen Ausweg zu finden, von dem er wusste, dass es ihn nicht gab. Für einen Dämon, der den Teufel verraten hatte, gab es keinen Gott.
    Zum ersten Mal seit Äonen weinte Ashmo’Deush. Die Tränen auf seinen vom Kampf geschundenen Wangen fühlten sich seltsam fremd
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