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Highland-Saga 03 - Schild und Harfe

Highland-Saga 03 - Schild und Harfe

Titel: Highland-Saga 03 - Schild und Harfe
Autoren: Sonia Marmen
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fühlte sich wie befreit, endlich. An sie geschmiegt, voller Vertrauen und in der Gewissheit, dass er von seiner Mutter, die ihm das Leben geschenkt hatte, die ganze Liebe erhalten würde, die ihm zustand, hörte der Kleine kurz zu trinken auf. Er drehte das Köpfchen und sah sie aus seinen winzigen runden Augen an, die von einem tiefen Meerblau waren.
     
    Mit dem Frühling kehrten die Schwalben zurück, leicht wie die Brise, die sie trug. In der Sonne verschwand die Mattigkeit des langen Winters zusammen mit den Strömen schmutzigen Schmelzwassers, die durch die Straßen von Montréal flossen. Isabelle konnte beinahe hören, wie sich die Knospen an den drei Apfelbäumen auf dem Hof in der warmen Luft dieses beginnenden Aprils vor Freude aufblähten.
    Mit geschlossenen Augen überließ die junge Frau ihr Gesicht der Liebkosung der neuen Jahreszeit. Nun, da Madeleine abreiste, zerriss der letzte Faden, der sie noch an ihr »vorheriges« Leben band. Was war ihr von damals noch geblieben? Nur das Kind, das schwer an ihrer Schulter lag. Gabriel bewegte sich, und seine orangefarbenen Locken kitzelten ihre Wangen. Sie hörte ihn im Schlaf wimmern und sah dann, wie er leise lächelte.
    Zum ersten Mal seit einem Jahr trug sie etwas anders als Schwarz. Um sich an diesem traurigen Tag, an dem ihre Cousine sie verließ, etwas aufzuheitern, hatte sie ein neues Kleid aus einem zitronengelben, mit kleinen blauen Blumen bedruckten Baumwollstoff angezogen. Dadurch, dass Marie ihr Korsett jeden Morgen ein wenig enger schnürte, gewann sie langsam ihre Taille zurück. Um ihr eine Freude zu bereiten, hatte Pierre eine Schneiderin ins Haus kommen lassen, Mademoiselle Joséphine Godbout, damit sie ihr eine neue, modische Garderobe schneiderte.
    Da Pierre in der Geschäftswelt von Montréal sehr gefragt war, ahnte Isabelle, dass sie in Zukunft die Rolle der vorbildlichen Notarsgattin würde spielen müssen. Schon jetzt trafen regelmäßig Einladungen zu Abendgesellschaften und Bällen ein. Natürlich hatte sie bis jetzt, so kurz nach der Geburt, ihren Mann noch nicht zu solchen gesellschaftlichen Anlässen begleiten können. Doch nun hatte sie ihre schmale Taille zurückgewonnen und trug keine Trauer mehr, da würde sie ihre neue Stellung ernst nehmen müssen. Vielleicht würde ja der Strudel der Feste ihr helfen, die Vergangenheit zu vergessen…
    Die Tür öffnete sich, und Basile trat heraus, schwer gebeugt unter dem Gewicht von Madeleines zwei herrlichen ledernen Reisetaschen. Sie selbst hatte sie ihrer Cousine zum Abschied geschenkt, natürlich erst, als Pierre dies taktvoll vorgeschlagen hatte. Madeleine folgte dem Diener, zog sich die Handschuhe an und blinzelte in das grelle Tageslicht.
    »Ich habe Glück«, meinte sie in einem etwas bedrückten Tonfall, der Isabelle einen Seufzer entlockte, »heute wird die Sonne meine Begleiterin sein. Bleibt nur zu hoffen, dass sie während der vier Reisetage an meiner Seite bleiben wird.«
    Sie beugte sich über Isabelle, deren Wangen der Frühling mit ein wenig Farbe überhaucht hatte. Madeleine spürte einen leichten Anflug von Neid und zugleich Trauer. Der kleine Gabriel schlummerte friedlich und steckte die Nase unter seiner Decke hervor. Keine der Cousinen hatte die frappierende Ähnlichkeit des Kindes mit seinem Vater angesprochen. Worte waren in diesem Fall überflüssig, und ihre Blicke sagten genug.
    Nachdem Madeleine sich sicher war, dass ihre Cousine nicht mehr Gefahr lief, in Melancholie zu versinken, hatte sie beschlossen, dass es Zeit war, nach Québec und auf ihre Insel zurückzukehren, wo sie versuchen würde, ihr Leben neu aufzubauen. Justine war bereits vor zwei Wochen mit Ti’Paul dorthin zurückgereist, nachdem sie angekündigt hatte, sie werde Kanada verlassen und nach Frankreich gehen. Isabelle war darüber zutiefst bestürzt gewesen. Nicht, dass es sie übermäßig bekümmert hätte, ihre Mutter nie mehr wiederzusehen; aber sie hing sehr an Ti’Paul. Diese Trennung hatte dazu beigetragen, dass ihr Sohn, den sie fast nie aus den Augen ließ, ihr noch stärker ans Herz wuchs. Isabelle sah, wie ihre Welt rund um sie zusammenfiel, und klammerte sich an das, was sie noch hatte.
    »Versprich mir, dass du mich bald wieder besuchen kommst«, bat Isabelle und unterdrückte ein Schluchzen.
    Ebenso bewegt nickte Madeleine.
    »Versprochen.«
    Sie drehte sich zu Pierre um. Lässig hatte er seinen gestiefelten Fuß auf das Trittbrett der Kutsche gestellt, die sie für die Reise
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