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Highland-Saga 03 - Schild und Harfe

Highland-Saga 03 - Schild und Harfe

Titel: Highland-Saga 03 - Schild und Harfe
Autoren: Sonia Marmen
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unwandelbare Blau des weiten Himmels einzuprägen und ließ mich von den schönen und teilweise bedrückenden Bildern aus meiner Vergangenheit wiegen, die in meinem Geist aufstiegen. Die Sommerhitze hatte ihr Werk getan, und die Hügel hatten wunderbare Ockerschattierungen angenommen, die das Auge wärmten. Meine Seele war heiter, obwohl ich nicht lächelte. Bald ist es so weit…, sagte ich mir zum wiederholten Mal. Ich empfand weder Angst noch Bedauern. Der Himmel breitete seine Unendlichkeit über meinem Tal aus und lud mich ein, mich dort auszuruhen. Endlich öffnete die andere Welt mir ihre Pforten. Dort würde ich Liam wiedersehen, meine große Liebe… Ich war bereit für meine letzte Reise.
    Ausgelassenes Lachen riss mich aus meinen Gedanken. Die beiden Letztgeborenen meines Sohns Duncan, die Zwillinge John und Alexander, rannten mit einem anderen Jungen um die Wette und schwenkten dabei ihre hölzernen Schwerter. Mit ihren langen, nackten Beinen, die schlammverkrustet unter den Kilts hervorschauten, sprangen sie durch das goldene Gras. Die Kinder erinnerten mich an neugeborene Fohlen, die auf spillerigen Beinchen herumtollen. Der Gedanke entlockte mir ein Lächeln.
    »Sie sind schön«, murmelte ich und betrachtete sie mit zärtlichem Blick. »Einmal werden sie stolze Krieger sein… wenn Gott will.«
    Duncan, der neben mir saß, sagte nichts und ließ den Blick über das Tal schweifen. Mit seinen fünfzig Jahren und seiner kräftigen Statur war er immer noch ein Bild blühender Gesundheit, wenngleich er sich im Laufe seines Lebens zahlreiche Blessuren zugezogen hatte. Sechs Wochen war es jetzt her, dass die waffenfähigen Männer des Clans aufgebrochen waren. Doch da Marion, seine Frau, an einem schweren Fieber litt, hatte er beschlossen zu warten, bis sie außer Gefahr war, und erst dann ihren Spuren zu folgen. Nun ging es ihr seit zwei Tagen besser, so dass er daran denken konnte, zum jakobitischen Heer zu stoßen. Dieses befand sich, begeistert über das Eintreffen des Prinzen von Wales, des Sohns des »Alten Prätendenten«, auf dem Marsch nach Edinburgh. Unterwegs schlossen sich ihm alle an, die festen Willens waren, die Stuarts ein für alle Mal wieder auf den schottischen Thron zu setzen.
    Erschauernd zog ich das Plaid über meine Knie hoch. Meine Finger, die von einem arbeitsreichen Leben gezeichnet waren, zitterten, und meine Gelenke schmerzten immer stärker.
    »Wie geht es Marion heute?«
    »Ein wenig besser. Aber die feuchte Luft ist ihr nicht zuträglich.«
    »Hmmm … nein, wahrscheinlich nicht. Nun, da ihr Fieber gesunken ist, willst du wohl aufbrechen und dich zu den Unsrigen und dem Prinzen begeben?«
    »Ich überlege noch …«, brummte er und richtete den Blick erneut auf das Tal, das sich vor uns ausbreitete.
    Und so begann ein weiterer Aufstand…
    Die Erhebung war nördlich des Tweed-Flusses nicht unumstritten, genau wie es vor Killiecrankie im Jahre 1689 oder vor Sheriffmuir gewesen war, 1715. Aber sie entflammte die Herzen der Jakobiten und erweckte ihn ihnen den heftigen Wunsch, sich von dem drückenden englischen Joch zu befreien. Dieses Feuer brannte in Duncans Adern, genau wie es Liam beseelt hatte und zweifellos auch meine Enkel erfassen würde.
    Der letzte Aufstand lag bereits dreißig Jahre zurück, so dass die junge Generation des Clans davon nur aus Erzählungen wusste. Die Alten berichteten begeistert davon; offenbar hatten sie die Bitterkeit ihrer Niederlage und deren Konsequenzen in den darauffolgenden Jahren vergessen. Die Repression war moderat gewesen, aber dennoch hatte sie den Wunsch nach Rache geweckt. Den Rest hatte die Zeit erledigt.
    Es hatte einige Versuche gegeben, so 1719 in Glenshiel. Einige Querköpfe hatten sich mit einer Handvoll Spanier zusammengetan und gehofft, dort Erfolg zu haben, wo der Earl of Mar gescheitert war. Die Keith-Brüder – einer der beiden Earl of Marischal  – und der Earl of Tullibardine, William Murray, waren die Initiatoren der Bewegung gewesen. Aber die Schlacht hatte mit einem weiteren Misserfolg geendet. Daraufhin waren die jakobitischen Clanchiefs ins Exil auf das europäische Festland gegangen, und so war die Vorstellung von einer Restauration der Stuarts einige Jahre lang in Vergessenheit geraten. Jeder hatte sich in sein alltägliches Tun gestürzt, das den rebellischen Geist einschläferte.
    George Keith, Earl of Marischal, hatte Zuflucht in der Schweiz gefunden, wo er den Preußen als Gouverneur von Neuchâtel diente.
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