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Hi, Society

Hi, Society

Titel: Hi, Society
Autoren: Karolin Park
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wachsen langsamer und sterben schlussendlich früher«, erkläre ich spitz und noch ehe er etwas erwidern kann, schieße ich nach. »Deshalb werden sie auch nur halb so alt!«
    Mann, tut das gut! Das ist besser als jedes Traumabewältigungsseminar. »Deine Affäre kostet dir das Leben!«
    So, jetzt soll er mal schauen!
    »Meine Affäre?«, wiederholt er nach einer langen Pause, in der seine Stirn sich in allerlei verständnislose Falten gelegt hat und klingt dabei irgendwie überrascht.
    Nein, das richtige Wort ist wohl eher ertappt. Ja, das ist es! Ertappt!
    »Elli! Wie kommst du bloß darauf? Mit wem um alles in der Welt sollte ich eine Affäre haben?« Seine Stirn legt sich erneut in Falten. Er klingt, als wäre er mit seinem Latein am Ende. »Elli, mit wem?«
    Sein Blick ist starr und einen Moment zögere ich. Es dauert eine ganze Weile, bis ich all meinen Mut zusammennehme und es schaffe, meinen Zeigefinger zu heben und damit in Eddas Richtung tippe.
    »Was, ich?«, zieht Edda sogleich eine entsetzte Grimasse, während Erik erschrocken von seinem Stuhl aufspringt: »Was, Edda?«
    Also, dafür, dass sie schon seit Wochen eine heimliche Affäre haben, wirken sie ehrlich überrascht.
    »Elli! Du bist verrückt! Ich habe doch keine Affäre mit Edda.« Erik schüttelt vehement den Kopf und Edda fällt ihm sogleich etwas schrill ins Wort. »Hat er wirklich nicht!« Sie werfen einander einen entsetzten Blick zu und ich wünsche mir im Innersten, dass es tatsächlich so wäre, dass ich mich einfach nur geirrt habe.
    »Meine Güte, jetzt tut doch nicht so!« Ich spüre, wie Tränen in mir aufsteigen. »Ich habe eure E-Mails gelesen.«
    »Welche E-Mails?« Erik klingt verwirrt, doch in Eddas Gesicht rührt sich etwas.
    Habe ich es doch gewusst. Ich spüre einen stechenden Schmerz in meiner Brust.
    Sie sucht Eriks Blick, doch der sieht bloß zu Boden.
     
    »Ich glaube, Elli meint die E-Mails zu …«, sagt sie nach einer Weile und unterbricht sich sofort, als Erik vom Boden aufschaut. Sie schickt ihm einen eindringlichen Blick und er erstarrt sogleich. Er scheint zu überlegen, was er nun sagen soll, aber er sagt nichts.
    Kein Wort.
    Die Zeit vergeht.
    Keine Silbe.
    Kein Ton.
    Er steht einfach nur da und schweigt.
    Ein Schweigen, das schwerer wiegt, als jedes Wort es jemals könnte.
     
    *
     
    »Du glaubst also wirklich, dass ich eine Affäre habe?«, löst sich Erik aus seiner Starre und eine unbändige Welle Traurigkeit überschwemmt mich, während ich zaghaft nicke. Ich fühle, wie mir die Tränen in die Augen steigen. Bisher konnte ich mich ganz gut beherrschen, aber jetzt, wo er alle vor die Tür geschickt hat und ich ganz allein mit ihm bin, ist es nicht mehr so einfach.
    Ich meine, es bedrückt ihn auch. Es ist ihm deutlich anzusehen. Er sieht angeschlagen aus. Sehen Sie nur! Er hat sich scheinbar tagelang nicht rasiert. Er hat dunkle Ringe unter den Augen und seine Haut, die scheint richtiggehend gegerbt. Kann es sein, dass Sonnenöl irgendwie ökologisch bedenklich ist?
    »Elli!«, sagt er jetzt. Seine Stimme klingt gefasst und als sich unsere Blicke treffen, fühle ich wieder diesen festen Knoten in meinem Hals.
    »Was um alles in der Welt lässt dich zu dem Schluss kommen, dass ich dich betrügen könnte?« Er sieht mich lange und eindringlich an.
    Einen Moment zögere ich.
    »Du hast dich verändert«, piepse ich schließlich und unterdrücke ein Schluchzen. »Seit der Fehlgeburt.« Ich schlucke.
    »Ich hatte schon länger so ein Gefühl, dass etwas nicht stimmt. Du mich nicht mehr liebst«, schluchze ich. »Sieh uns doch nur an. Wir reden kaum noch miteinander! Du führst heimliche Telefonate, starrst stundenlang auf dein Handydisplay, gehst zum Joggen und kommst erst Stunden später, keine Spur außer Atem zurück und dann finde ich diese E-Mails zwischen dir und Edda.« Ich halte inne und wische über eine aufkommende Träne. »Du hast offensichtlich Geheimnisse vor mir.« Ich schlucke und sehe hinüber zu Erik. Er starrt mich mit einem undefinierbaren Gesichtsausdruck an und ich merke, wie mir heiß wird. Ich nehme es kaum wahr, das Klicken der Kameras im Hintergrund, das Einströmen der Gäste, die knallenden Champagnerkorken untermalt von den leisen Klängen der Jazzband, die Leute, wie sie sich unterhalten, manche lachen.
     
    »Es stimmt.«
    Seine Stimme hallt unaufhörlich in mir wider.
    Er sagt es völlig ruhig, ohne jede Emotion und ich könnte auf der Stelle sterben, als er sagt: »Ich habe
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