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Heyne Galaxy 14

Heyne Galaxy 14

Titel: Heyne Galaxy 14
Autoren: Walter (Hrsg.) Ernsting
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mich, ja?«
    »Schon gut.«
    »Komm mit. Man wartet schon auf uns.«
    Mary erhob sich gehorsam und folgte ihrer Schwester hinaus.
    Besorgt tuschelnd stand eine Gruppe von Frauen in der Nähe der Laube. Sie unterhielten sich mit einem stämmigen, goldblonden Chemiker, der ein rotes, gutmütiges Gesicht hatte.
    »Sie kommen«, sagte jemand. »Geh hinein, Gunner.«
    Der Mann zog eine Grimasse, verbeugte sich spöttisch und verschwand in der Laube. Einen Augenblick später wurde Mia in Begleitung von Mary sichtbar, die sofort zurückblieb, als sie die Frauen und die Laube erblickte.
    »Was ist los?« fragte sie. »Ich will nicht. Laß mich los.«
    »Nein, Liebes. Komm mit. Es ist zu deinem Besten, du wirst sehen«, sagte Mia beruhigend. »Helft mir doch mal«, wandte sie sich an die anderen.
    Mary wurde vor die Laube gedrängt. Ihr bleiches Gesicht war furchtsam verzogen. »Aber was wollt ihr denn …? Ihr habt gesagt, daß Klef nicht… Habt ihr mich nur aufgezogen? Ist Klef…?«
    Die Frauen blickten sich verzweifelt an. »Geh hinein, Liebes. Du wirst es schon feststellen.«
    Ein wilder Ausdruck trat in Marys Augen. Nach kurzem Zögern näherte sie sich der Laube. Die beiden Frauen ließen sie los. »Klef?« rief sie ängstlich. Niemand antwortete.
    »Geh doch hinein, Liebes.«
    Sie blickte sich flehend um und schaute schließlich in die Laube. In der Dämmerung lag ein Mann und wartete auf sie. »Klef?« fragte sie.
    Der Mann setzte sich auf, ergriff sie mit starken Händen und zog sie zu sich herab. Seine Augen leuchteten im Halbdunkel. Sein Atem stank nach Bier und Fisch. Sie keuchte und begann sich zu wehren.
    »Na na«, murmelte der Mann und hielt sie fest.
    »Du bist nicht Klef! Laß mich los!« Sie trat um sich und fuhr ihm mit den Fingern ins Gesicht. Der Mann knurrte überrascht. Als sie zu schreien begann, legte er ihr die Hand auf den Mund.
    »Hör auf damit!« sagte er. Sie biß ihn in die Hand, die er hastig zurückzog. »Was ist eigentlich mit dir los?«
    Arme und Beine wollten ihr den Dienst versagen. Mary versuchte aufzustehen, und diesmal ließ er sie los. Vor der Laube wurde erregtes Stimmengewirr laut. Weinend richtete sich Mary auf.
    »Was ist los mit dir?« fragte der Mann noch einmal. Er war ärgerlich.
    Von ihren Tränen geblendet, stolperte sie in das Sonnenlicht hinaus. Mit fliegenden Händen zupfte sie an ihrem Kleid herum.
    »Mary, warte doch …«
    »Liebes, was ist denn? Was hat er mit dir gemacht?«
    »Sie hat mich gebissen«, sagte der Mann zornig.
    »Du hast sie wahrscheinlich zu rauh angefaßt, du Narr!«
    Oben am Hang begann jemand ein Lied zu singen.
     
     
    5
     
    Ehrwürden Laura-Eins, die Älteste der Weberinnen, ging erregt auf der Deichpromenade hin und her. Hin und wieder blieb sie stehen und blickte über die Mauer hinaus auf das Meer. Unter ihr fiel der Deich steil ab. Sie starrte hinüber zum Festland, wo Porto im Morgendunst kaum zu erkennen war. Auf den Hügeln über der Stadt leuchtete das Grün der zurückkehrenden Vegetation.
    Ihre Augen waren noch immer gut, und so entging ihr der kleine schwarze Punkt nicht, der auf halbem Weg zwischen dem Festland und der Insel auf dem Wasser tanzte.
    In der Straße unter ihr waren Schritte zu hören. Einen Augenblick später erschien Vivana, die Mary am Arm mit sich führte. Das junge Mädchen blickte zu Boden, während sich ihre Schwester beunruhigt umblickte.
    »Hier ist sie, Ehrwürden«, sagte Vivana. »Man hat sie unten am Hafen gefunden, wo sie Flaschen ins Meer warf.«
    »Schon wieder?« fragte die alte Frau. »Was war in den Flaschen?«
    »Hier ist einer der Zettel«, sagte Vivana und gab ihr ein zerknittertes Stück Papier.
    »Sagt dem Fischer Klef in der Stadt Porto, daß Mary Weberin ihn noch immer liebt«, las die alte Frau. Langsam faltete sie das Papier zusammen und steckte es in die Tasche. »Immer dasselbe«, sagte sie leise. »Kind, weißt du nicht, daß diese Flaschen deinen Klef niemals erreichen können?«
    Die junge Frau hielt den Kopf gesenkt und antwortete nicht.
    »Und schon zweimal in diesem Monat hast du ein Boot gestohlen, so daß dich die Fischer wieder einfangen und zurückbringen mußten«, fuhr die alte Frau fort. »Siehst du nicht ein, daß es so nicht weitergeht?«
    Mary antwortete nicht.
    »Und dann deine Arbeit, wenn du überhaupt einmal webst«, sagte Laura-Eins und holte ein Stück Tuch aus ihrer Schürzentasche. Sie breitete es aus und hielt es ins Sonnenlicht. In das Tuch war das Bild einer
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