Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Heyne Galaxy 11

Heyne Galaxy 11

Titel: Heyne Galaxy 11
Autoren: Walter (Hrsg.) Ernsting
Vom Netzwerk:
Anlage natürlich verschieden stark ausgeprägt in Erscheinung tritt, ähnlich wie bei Menschen, die ein besseres Gedächtnis haben als andere, oder die sich besser in die Gedankengänge der Mathematik einleben können … und so weiter.«
    Cahann nickte.
    »Wenden wir uns wieder den ersten Siedlern von Cockaigne zu. Fünftausend Kolonisten waren hier gelandet und waren auf Gedeih und Verderb auf diesen Planeten angewiesen. Da begann sich die Pflanze, die Sirene, wie sie bald genannt wurde, mit ihnen zu beschäftigen. Verstehen Sie, worauf ich hinauswill?«
    »Ich glaube schon«, sagte Cahann. »Ich kann mir vorstellen, daß die Menschen mit dem stärksten telepathischen Instinkt am ehesten überlebten, also jene, die sich der Verlockungen der Sirene noch so rechtzeitig bewußt wurden, daß sie sich aus ihrer Reichweite entfernen konnten.«
    »Genau«, sagte Harvey. »Auf diesem Planeten gehört seit Menschengedenken zum erstenmal die Telepathie zu den primären Überlebensfaktoren. Sie ist zum erstenmal für die menschliche Entwicklung von Bedeutung. Sie ist erforderlich, wenn der Mensch hier überleben will. Es war also eine ganz natürliche Entwicklung, daß sich die Telepathie von Generation zu Generation stärker ausprägte, denn jedesmal blieben nur diejenigen am Leben, deren telepathischen Fähigkeiten denen der vorigen Generation überlegen waren.«
    »Und jetzt«, unterbrach ihn Cahann, »sind Sie alle voll telepathisch!«
    »Richtig. Und natürlich haben wir einige Fähigkeiten erworben, die mit der Telepathie in engem Zusammenhang stehen, wie zum Beispiel… ah ja … wie heißen Sie, zum Beispiel?«
    Cahann musterte sein Gegenüber verständnislos. Was sollte diese Frage?
    »Los«, sagte Harvey. »Sagen Sie mir Ihren Namen.«
    »Ich heiße …«
    Er wußte es nicht! Verzweifelt überlegte er, versuchte sich zu erinnern, aber er hatte es vergessen! Er wußte seinen eigenen Namen nicht mehr! Er hatte das Gefühl, niemals einen Namen besessen zu haben.
    »Sie heißen Cahann«, sagte Harvey.
    Natürlich! Wie dumm von ihm, das einfach zu vergessen!
    Cahann musterte Harvey mit zusammengekniffenen Augen.
    Plötzlich hatte er verstanden. »Sie haben mein Gedächtnis gelöscht.«
    Harvey nickte nur.
    Cahann wußte zuerst nicht, was er sagen sollte; die Sorge legte sich ihm wie eine schwere Last auf die Seele.
    »Gibt es überhaupt keine Grenzen für Ihre Fähigkeiten?« fragte er schließlich.
    »Natürlich gibt es gewisse Grenzen«, entgegnete Harvey. »Aber darüber brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen.«
    »Was soll mit uns geschehen?«
    »Darüber haben wir noch keinen Entschluß gefaßt. Kurz nach Ihrer Landung wollten wir Ihnen einreden, daß dieser Planet und die Chance, daß uns ein anderes irdisches Schiff besuchen wird, dürfte ziemlich gering sein.«
    »Ich wünschte, Sie hätten es getan«, sagte Cahann.
    Harvey lächelte. »Sie werden Ihre Meinung geändert haben, wenn wir mit Ihnen fertig sind«, sagte er und deutete auf den Soldaten, der noch immer mit weit aufgerissenen Augen im Hintergrund stand. »Sehen Sie sich mal Ihren Begleiter Elan an. Er ist ein intelligenter Junge und ein latenter Telepath von hohem Rang. Harriet ist der Meinung, daß sie seine telepathischen Fähigkeiten innerhalb eines Jahres voll entwickeln könnte. Aber haben Sie eine Vorstellung, was die Erde diesem Jungen angetan hat?«
    Cahann betrachtete den Soldaten, ohne zu verstehen, was Harvey meinte. Er hatte Elan noch gar nicht so richtig zur Kenntnis genommen. Für ihn war er nichts als ein stoisches Gesicht und eine Uniform gewesen, einer der wesenlosen Soldaten aus Block Sechs.
    »Das ist also Ihre Meinung über diesen Mann, Cahann«, sagte Harvey kopfschüttelnd. »Diese Meinung deckt sich mit der Ansicht aller anderen. Man hat ihm so oft eingeredet, daß er als Individuum nicht zählt, daß er es inzwischen selbst glaubt. Wußten Sie, daß er ernsthaft überlegt hat, sich zur Umformung zu melden, um die Individualität abzutöten, die keinen Wert für ihn hatte und ihm nur eine Quelle ständigen Zweifels und ständiger Sorge war? Wußten Sie, daß von allen irdischen Soldaten sich jährlich vier Prozent zur Umformung melden? So gering wird also das Leben und der Wert einer eigenen Persönlichkeit bei Ihnen eingeschätzt.«
    »Die Zahlen waren mir nicht bekannt«, sagte Cahann geistesabwesend. Er starrte den Soldaten an und versuchte, ihn als Persönlichkeit zu sehen, versuchte ihn so zu sehen, wie Harvey ihn sah. Er
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher