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Heyne Galaxy 11

Heyne Galaxy 11

Titel: Heyne Galaxy 11
Autoren: Walter (Hrsg.) Ernsting
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Gesellschaftsformen und Kulturen seinem Verständnis sehr schnell erschlossen. Seine Arbeit hatte fast etwas Intuitives.
    Jetzt war er zum erstenmal etwas verwirrt.
    Diese Menschen waren also keine Abkommen von Kolonisten des Alten Imperiums, sie waren die Nachfahren einer Kolonie, die noch früher gegründet worden war. Aber sie waren trotzdem Menschen. Sie stellten eine bunt zusammengewürfelte Gruppe dar und hätten daher auf irgendeine ihm bekannte und vorher bestimmbare Weise reagieren müssen.
    Aber das war ganz offensichtlich nicht der Fall.
    Seitdem er diesen Raum betreten hatte, waren sie in ihrem Verhalten keinem ihm bekannten Schema nahegekommen. Sie machten sich über Strull lustig, gewiß – aber das hätte er selbst gern getan, weil er den kleinen Wichtigtuer kannte. Aber es befremdete ihn, daß die Eingeborenen ganz offensichtlich der Meinung waren, das Schiff und seine Besatzung stellten keine wirkliche Gefahr dar. Und dann das plötzlich allgemeine Gelächter, als Strull den Raum verließ, ohne daß Cahann einen Grund dafür erkennen konnte.
    Als das Lachen schließlich verstummte, setzte sich Harvey dicht neben Cahann und sagte: »Sie haben sicherlich eine Menge Fragen. Das ist nur natürlich. Wo wollen Sie anfangen?«
    »Ich bin mir nicht sicher«, sagte Cahann zögernd. Er blickte sein Publikum an, das ihn jetzt aufmerksamer und ernster als zuvor betrachtete. »Ich glaube, ich fange am besten mit den Grundfragen an«, sagte er. »Zum Beispiel würde mich Ihre Regierungsform interessieren.«
    »Demokratische Anarchie«, erwiderte Harvey prompt. »Der Wille der Minorität gilt.« Er lachte, als er Cahanns erstaunten Ausdruck bemerkte. »Nicht was Sie jetzt denken«, sagte er. »Keine herrschende Minorität im Sinne Ihres Imperiums.« Er deutete auf die anderen Eingeborenen im Versammlungshaus und fuhr fort: »Wir sind eine Minorität der Menschen von Cockaigne. Jede Siedlung bildet eine solche Minorität. Wenn es Ihnen hier nicht gefällt, weil Sie mit den Leuten nicht übereinstimmen, können Sie sich eine Siedlung suchen, in der Ihnen die Menschen besser gefallen. Wenn es einen solchen Ort nicht gibt, müßten Sie entweder Ihre Einstellung ändern oder als Einsiedler weiterleben, das bleibt Ihnen überlassen.«
    »Wie steht es mit Verbrechern?« fragte Cahann. »Was tun Sie mit Verbrechern?«
    »Einsiedler«, sagte Harvey vielsagend.
    »Nun gut, und wie steht's mit dem Geld?«
    Harvey schüttelte den Kopf. »Ich glaube, ich weiß, was Sie meinen«, sagte er, »aber wir haben kein Geld. Unsere Gemeinschaft müßte schon viel komplexer sein, damit wir Geld brauchten. Wertsymbole – und das ist ja das Geld im Grunde – bilden sich in der Regel heraus, wenn viel gereist wird und sich der Handel entsprechend über immer größer werdende Gebiete ausdehnt. Wir reisen nicht viel und importieren oder exportieren auch nicht, so daß eine einfache Tauschwirtschaft unseren Ansprüchen genügt.«
    »Besteht Krieg zwischen den einzelnen Siedlungen?« fragte Cahann.
    »Nein«, entgegnete Harvey. »Die beste Medizin dagegen ist ein kontrollierter Bevölkerungszuwachs. Wir brauchen nicht mehr Land als wir haben.«
    »Sie haben noch nie einen Krieg geführt?«
    »Nein.«
    »Dann sind Sie natürlich auch in keiner Weise militärisch gerüstet.«
    »Allerdings nicht. Wozu auch?«
    »Wozu?« erwiderte Cahann. »Ich frage mich, wieso Sie so sicher sein können, nicht von dieser Schiffsladung Raumsoldaten dort draußen erobert zu werden?«
    Diese Bemerkung rief neues Gelächter hervor, obwohl Cahann sich nicht erinnern konnte, eine lustige Bemerkung gemacht zu haben. Er warf einen Blick auf den Soldaten, dessen Gesichtsausdruck noch ebenso nichtssagend war wie zuvor. Der Mann starrte vor sich hin, ohne etwas zu sehen.
    Das Gelächter endete abrupt. Harvey sagte: »Es tut mir leid, Cahann. Aber natürlich verstehen Sie die Situation hier noch nicht ganz.«
    »Dessen bin ich mir durchaus bewußt«, sagte Cahann förmlich.
    »Und Sie werden wohl auch nicht viel weiter kommen, indem Sie Fragen stellen«, fuhr Harvey fort und erhob sich. »Ich kann es Ihnen eher zeigen als erklären. Wollen Sie mich begleiten?«
    Cahann zögerte und erhob sich schließlich. Als der Soldat seinem Beispiel folgte, sagte Harvey: »Sie bleiben am besten hier, Elan, bitte. Harriet möchte sich mit Ihnen unterhalten, während wir fort sind.« Er deutete auf die junge Frau, die mit Strull gesprochen hatte und die sich nun lächelnd dem jungen
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