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Heyne Galaxy 11

Heyne Galaxy 11

Titel: Heyne Galaxy 11
Autoren: Walter (Hrsg.) Ernsting
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sämtliche Fragen beantworten, das will ich Ihnen versprechen. Aber jetzt noch nicht. Ich möchte Ihnen zuerst etwas zeigen.«
    »Was?« hatte Cahann gefragt.
    »Ich glaube nicht, daß ich es Ihnen richtig erklären könnte«, hatte Harvey erwidert. »Sie werden wissen, was ich meine, wenn Sie es sehen und spüren. Und wenn es dann soweit ist, werden Sie vieles von dem verstehen, was Ihnen jetzt noch als Problem erscheint.«
    »Dieses Ding, das Sie mir zeigen wollen – was immer es ist –«, sagte Cahann, »dieses Ding ist die Waffe, mit der Sie sich vor dem Imperium zu schützen hoffen, nicht wahr?«
    »Die Sache liegt etwas anders«, hatte Harvey entgegnet. »Bitte stellen Sie keine unnützen Vermutungen an, das hat keinen Sinn. Kommen Sie mit. Wenn Sie es gesehen haben, werden Sie vieles verstehen.«
    Also hatten sie nicht mehr gesprochen, sondern waren ziellos zwischen den Häusern hin und her gegangen, so daß Cahann fast geglaubt hatte, er sollte in die Irre geführt werden. Da hatte er sie plötzlich gespürt – die ersten schwachen Regungen…
    Sehnsucht.
    Verlangen.
    Liebe.
    Wärme, Leidenschaft und Verstehen.
    Das Verlangen nach ihm, nach ihm allein. Von allen Lebewesen im Universum war er der Erwählte.
    Unmerklich hatte es sich seiner bemächtigt; zuerst war es nur ein schwaches Gefühl, das jedoch schon immer dagewesen zu sein schien, dann war es stärker geworden und hatte ihn jetzt völlig durchdrungen.
    Hier entlang! rief es. Hier entlang!
    Eine Botschaft der Liebe, der Sehnsucht, des Verständnisses und der Erfüllung – eine Botschaft, der er gefolgt war. Er hatte den bezeichneten Pfad eingeschlagen, wobei ihm Harvey unbemerkt folgte, und jetzt eilte er zu seiner Geliebten, die sich nach ihm verzehrte.
    Er glaubte laufen zu müssen, obwohl eigentlich kein Grund dafür bestand. Eine ganze Ewigkeit konnten sie noch zusammen verbringen, jetzt da sie sich endlich gefunden hatten. Er durchquerte die Siedlung mit sicherem Schritt und mit leuchtenden, hoffnungsvollen Augen. Er erreichte die letzten Häuser des kleinen Dorfes und schließlich den jenseitigen Waldrand und trat ohne zu zögern zwischen die Bäume, denn die Geliebte war irgendwo dort draußen, und sie rief nach ihm, lockte ihn, brauchte ihn.
    Und Harvey folgte ihm in kurzem Abstand.
    Er war seinem Ziel jetzt so nahe, daß ihm der Schweiß ausbrach, daß sein Mund sich öffnete und er begierig nach seiner Geliebten Ausschau hielt.
    Und dann erreichte er sie endlich. Er erreichte die Lichtung, auf der sie herrschte.
    Sie war ein Medusenhaupt, eine dicke grüne Pflanze, deren zahlreiche bewegliche Arme sich dicht über dem Boden verzweigten. Sie war über zwei Meter hoch und erreichte einen Durchmesser von etwa anderthalb Metern. Die gummiartigen grünen Äste – oder Arme – bewegten sich langsam wie im Wind. An ihren Enden leuchteten herrliche scharlachrote Blüten, die fast die Größe eines Menschenkopfes erreichten. Die Arme bewegten sich wollüstig, und die farbigen Blütenblätter, die an riesige rauhe Zungen erinnerten, rieben sich mit seltsamem Geräusch aneinander.
    Das war sie – die Geliebte. Sein Lebensziel.
    Hier würde er sein Ende und seine Erfüllung finden.
    Denn konnte ein Lebewesen einen anderen Lebenszweck haben, als den Hunger dieser Pflanze zu stillen?
    Gab es im Leben etwas Wunderbareres, als ihr zu dienen?
    Wie herrlich es doch war, daß die Geliebte ihn auserwählt hatte von allen Lebewesen, die da kreuchten und fleuchten, daß er dazu bestimmt war, sich der Geliebten bedingungslos hinzugeben, ihr als Nahrung zu dienen und so auf ewig mit ihr zu verschmelzen!
    Er mußte sich vor sie hinwerfen!
    Aber als er die Lichtung betreten und sich den lockenden und nickenden Blüten nähern wollte, wurde er plötzlich aufgehalten. Irgendein Wesen klammerte sich an ihm fest und versuchte ihn zurückzuhalten, versuchte ihm die Erfüllung seiner Sehnsüchte zu versagen.
    Er stieß das Wesen zur Seite, doch es ließ sich nicht abschütteln und klammerte sich mit größter Beharrlichkeit fest, verkrallte sich in seine Kleidung und hielt ihn so außer Reichweite der roten Blüten, die nach ihm fieberten.
    Und dann bekam das entsetzliche Wesen Verstärkung von seinen Artgenossen. Und obwohl er sich wehrte wie ein Löwe, obwohl ihm die Liebe ungeahnte Kräfte verlieh, wurde er überwältigt und davongeschleppt, hinweg von der Lichtung und hinweg von seiner Geliebten.
    Und er kämpfte immer noch, und die Wesen trugen ihn aus dem Wald
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