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Heyne Galaxy 10

Heyne Galaxy 10

Titel: Heyne Galaxy 10
Autoren: Walter (Hrsg.) Ernsting
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fiel ihm direkt schwer, daran zu glauben, daß er sich einmal derart leidenschaftlich mit Vorstellungen wie Syndikalismus und der Herrschaft des Proletariats befaßt hatte, um dafür Verurteilung und Gefangenschaft zu riskieren. Seine grundlegende Einstellung zur Menschheit hatte sich nicht verändert; lediglich seine Einstellung zu den politischen Problemen des einundzwanzigsten Jahrhunderts war merklich abgekühlt. Nach zwanzig Jahren hier in diesem Lager war die Welt Oben für Jim Barrett zu etwas Unwirklichem geworden, und seine Gedanken kreisten eher um die Probleme und Erfordernisse der Gegenwart, die er inzwischen als ›seine‹ Zeit ansah – das späte Kambrium.
    Also lauschte er, aber in der Hauptsache auf das, was die allgemeinen Gespräche über Lew Hahn aussagten. Und was da über diesen Mann zutage kam, lag wiederum mehr in dem, was nicht so offen besprochen wurde.
    Denn Hahn sagte nicht viel, und seine Antworten waren kurz und ausweichend.
    Charley Norton fragte: »Hat es schon Anzeichen gegeben für die Schwächung des allgemeinen Konservatismus? Ich meine, diese Leute versprechen uns schon seit dreißig Jahren, daß es mit der großen Verwalterei ein Ende haben wird, und dabei wird der Regierungsapparat von Jahr zu Jahr größer!«
    Hahn bewegte sich unruhig. »Das Versprechen wird nach wie vor aufrechterhalten. Sobald sich die Lage stabilisiert…«
    »Und wann soll das sein?«
    »Ich weiß nicht. Ich glaube, die reden nur.«
    »Was ist mit der Marsianischen Kommune?« fragte Sid Hutchett. »Ist es ihr inzwischen gelungen, ihre Agenten auf die Erde zu bringen?«
    »Da bin ich überfragt.«
    »Wie steht der Index der Globalen Gesellschaft?« fragte Mal Rüdiger. »Wie sieht die Entwicklung aus? Hält sich der Kurs, oder geht's abwärts?«
    Hahn zupfte sich am Ohrläppchen. »Ich glaube, die Entwicklung ist in letzter Zeit leicht abgeschwächt«, sagte er.
    »Wie steht der Index?« beharrte Rüdiger. »Die letzte Zahl, die uns aus dem Jahr 2025 bekannt ist, war 909. Aber in vier Jahren kann eine Menge geschehen …«
    »Der Index liegt bei etwa 875«, sagte Hahn langsam.
    Es mutete Barrett seltsam an, daß ein Volkswirtschaftler sich bei statistischen Grundfragen dieser Art nicht präziser ausdrückte. Aber natürlich wußte er nicht, wie lange Hahn vor seiner Verbannung in Gefangenschaft gewesen war. Vielleicht wußte er die neuesten Zahlen einfach nicht. Barrett dachte nicht weiter darüber nach.
    Charley Brown fragte nach Einzelheiten über die allgemeinen politischen Bürgerrechte, doch Hahn konnte ihm keine genaue Auskunft geben. Rüdiger fragte nach den Auswirkungen der Wetterkontrolle und ob die angeblich konservative Regierung ihre Bürger noch immer mit vorherbestimmtem Wetter belieferte. Hahn wußte nicht genau Bescheid. Er konnte auch nicht viel über die augenblicklichen Funktionen des Parlaments berichten oder ob es inzwischen einige der Rechte zurückerhalten hatte, die man ihm mit dem Dekret von 2018 abgenommen hatte. Weiterhin hatte er kaum nennenswerte Anmerkungen zu dem gefährlichen Thema der Bevölkerungskontrolle anzubieten.
    Alles in allem mangelte es seinen Antworten an faßbaren Informationen.
    »Kommt nichts dabei heraus«, flüsterte Charley Norton, der neben Barrett saß. »Ich würde fast sagen, er versucht etwas zu verbergen. Entweder das, oder er weiß einfach nicht Bescheid.«
    »Vielleicht ist er nicht gerade der Intelligenteste«, sagte Barrett ebenso leise.
    »Was hat er dann angestellt, um hier aufzukreuzen? Irgendwie und irgendwo muß er sich doch die Finger verbrannt haben, Jim! Er ist ein intelligenter Junge, aber er scheint mit den Ideen, für die wir früher auf die Barrikaden gegangen sind, doch recht wenig zu tun zu haben.«
    »Vielleicht ist er gar kein Politischer«, bemerkte Doc Quesada und brachte damit einen neuen Gesichtspunkt ins Gespräch. »Möglicherweise schickt man uns neuerdings auch andere Gefangene – Axtmörder oder so etwas. Vielleicht ist Hahn einer von den ganz Ruhigen, die an einem Sonntagmorgen sechzehn Menschen umgebracht haben. Natürlich hätte er dann kaum politische Interessen.«
    Barrett schüttelte den Kopf. »Das möchte ich bezweifeln. Ich glaube, daß er nur den Mund hält, weil er nicht gern aus sich heraus geht oder sich überhaupt unwohl fühlt. Er ist erst vor kurzem aus seiner bisherigen Welt ausgestoßen worden und hat sich noch nicht eingewöhnen können. Es ist ihm noch nicht richtig zu Bewußtsein gekommen, daß es
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