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Heyne Galaxy 08

Heyne Galaxy 08

Titel: Heyne Galaxy 08
Autoren: Walter (Hrsg.) Ernsting
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Drink, im Essen oder sogar im Trinkwasser –, und am nächsten Tag wachte er auf und stellte fest, daß er die ganze Sache tatsächlich verschlafen hatte. Es konnte also gar nicht so schlimm sein. Natürlich ließ sich nicht vermeiden, daß Menschen, die oft reisten, über kurz oder lang hinter dieses Geheimnis kamen. Irgendwann einmal versäumten sie eine Mahlzeit oder tranken nichts, wenn es darauf ankam, und dann waren sie bei vollem Bewußtsein, während das Schiff zum Sprung ansetzte. Doch die Raumfahrtgesellschaften ließen sich auf kein Risiko ein, und die Passagiere fanden sich in ihren Kabinen eingeschlossen, während sich Blenden vor die Spiegel schoben.
    Doch gegen einen Umstand war man machtlos, gegen die Möglichkeit, daß ein wachgebliebener Passagier an sich selbst herabsah und plötzlich zusätzliche Arme und Beine entdeckte, oder daß er Beine und Arme plötzlich in entsetzliche Tentakel verwandelt fand, oder daß sich seine Haut plötzlich in leuchtende Schuppen verwandelt hatte, oder daß sich an seinem Hinterkopf plötzlich ein drittes Auge auftat. Und wenn dann der nächste Sprung bevorstand, bat ein solcher Passagier normalerweise von selbst darum, betäubt zu werden.
    Die Mannschaftsmitglieder jedoch konnte man nicht betäuben. Sie mußten bei Bewußtsein bleiben, um über das Schiff zu wachen. Es war die eiserne Regel des Raumdienstes, daß man eine Maschine nicht sich selbst überlassen durfte, ebensowenig wie man einen Außerirdischen, einem Nichtmenschen, trauen konnte. Wenn etwas ohne die Aufsicht eines Menschen geschah, mußte es unzweifelhaft schiefgehen. Dieser Glaube gehörte zur Raumtradition, wie auch die primitiven Äxte, mit denen man sich im Notfall zu den Feuerbekämpfungsgeräten durchschlagen sollte. Es war natürlich zweckmäßiger, falls es wirklich einmal zu einem Brand kam, einfach die automatische Feuerbekämpfungsmaschine mittels Knopfdruck in Gang zu setzen. Aber trotzdem hingen die Äxte noch dort, weil sie immer dort gehangen hatten – und sie mußten, wie überhaupt jedes Metallteil im Innern des Schiffes – blitzblank gehalten werden.
    Jedesmal, wenn das Schiff einen Sprung machte, blieben die Mannschaftsmitglieder also wach. Sie sahen, wie sich Raum und Zeit von einem Augenblick zum anderen veränderten. Sie sahen, wie sich ihre Kameraden in Monstren verwandelten. Es war ein entsetzlicher Anblick, obwohl sie natürlich wußten, daß sie nicht Zeuge einer wirklichen Verwandlung waren, sondern einfach einer Verschiebung zu einem anderen Aspekt ihrer selbst. Schlimmer als das Sehen war das Fühlen. Es war, als würde einem das Innere nach außen gekehrt, als würde ein Organ nach dem anderen – Herz, Leber, Magen – langsam umgestülpt. Das Teuflische daran war, daß es nicht schmerzte. Man empfand aber, als werde man verzerrt und auseinandergebrochen, und es war die absolute Verkehrtheit alles Gewohnten, die … nun, deshalb wenigstens war die Bezahlung auf den Sternenschiffen so gut. Es wurden so viele verrückt.
    Von alldem hatte Len Mattern gehört und sich innerlich darauf gefaßt gemacht. Doch keine irgendwie geartete Erwartung konnte ihn auf die seltsame Wirklichkeit vorbereiten, die er schließlich kennenlernte. Aber es steckte mehr dahinter, als er geglaubt hatte, und gerade darum schien es dem Zweiten Offizier mit seinen beschwörenden Worten zu gehen. Es war seltsam, wie eifrig er Mattern seine Beobachtung auszureden versuchte. »Sie haben niemand – nichts gesehen am Bullauge«, sagte er zu Mattern nach dem ersten Sprung. »Das waren nichts als Phantasiegebilde.«
    Mattern war lange genug Raumfahrer gewesen, um zwischen Phantasie und Wirklichkeit zu unterscheiden. Vielleicht lebten die Wesen des Hyperraumes tatsächlich auf Planeten, doch es hatte den Anschein, als hätten sie die Atmosphäre ihrer Heimatwelten nicht so nötig wie die Menschen ihren Sauerstoff, so daß sie sich frei in der Sternenlosen Dunkelheit ihres Universums bewegen konnten. Und wenn es tatsächlich eine Vereinbarung mit ihnen gab, mußte es sich um intelligente Wesen handeln – obwohl das sowieso für ihn feststand, denn sie sprachen mit ihm. Er konnte sie durch die dicken Wände des Schiffes hören – und ihre Stimmen klangen weniger in seinen Ohren als in seinem Gehirn –, und er hörte sie schmeicheln, bitten, versprechen. Und er verschloß seine Ohren und seinen Geist, denn er hatte Angst.
    Am Ende der Reise wurde ihm ein ständiger Platz auf der Perseus angeboten.
    »Wir
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