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Heyne Galaxy 08

Heyne Galaxy 08

Titel: Heyne Galaxy 08
Autoren: Walter (Hrsg.) Ernsting
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sich um uns scharten, blickten zu Boden, und diejenigen, die der Straßenmitte am nächsten waren, begannen sich langsam zur Seite zu bewegen. Dieser Vorgang war wie zufällig und hatte nichts Gewolltes oder Notwendiges an sich. Die Marsianer entfernten sich einfach ein wenig von der Straßenmitte, wobei sie ihren interessierten Blick auch nicht eine Sekunde von uns abwandten.
    Sogar der Häuptling ließ sich von dem Kinderquietschen einen Augenblick lang ablenken. Randolph, der sich seit einiger Zeit unruhig bewegte und unserem Gespräch recht unaufmerksam gefolgt war, kam plötzlich zu der Ansicht, daß er einem Ruf der Natur folgen müßte. Also machte er sich auf, um hinter einer der benachbarten Dünen zu verschwinden. Wie gesagt, er machte sich auf.
    Denn im selben Augenblick, da er sich anschickte, die Straße zu überqueren, stand der kleine marsianische Häuptling auch schon mit ausgebreiteten Armen vor ihm. Seine Augen waren weit aufgerissen.
    Wieder einmal klickten unsere Sicherungsbügel. Die Marsianer blinzelten nicht einmal, als wir so plötzlich die Pistolen zogen. Sie hätten wohl nur auf einen Knüppel oder Felsbrocken als Waffe reagiert.
    »Was ist los?« fragte Randolph.
    Er machte noch einen Schritt. Der Häuptling quietschte, hielt jedoch die Stellung. Randolph mußte stehenbleiben oder die kleine Gestalt über den Haufen rennen. Randolph blieb stehen.
    Der Häuptling quietschte und blickte geradewegs in die Mündung von Randolphs Pistole.
    »Steh still!« sagte Allenby, »bis wir wissen, was eigentlich los ist.«
    Allenby wandte sich mit einem fragenden Geräusch an den Häuptling. Dieser quietschte erneut und deutete zu Boden. Wir blickten nach unten. Er deutete auf seinen Schatten.
    Randolph bewegte sich gequält.
    »Stehenbleiben!« warnte Allenby und wiederholte sein fragendes Geräusch.
    Der Häuptling deutete die Straße entlang – zuerst in die eine, dann in die andere Richtung. Dann beugte er sich nieder, um seinen Schatten zu berühren. Schließlich zeigte er auf die Wand eines nahe gelegenen Hauses.
    Wir folgten fasziniert seinen Bewegungen. Die gebogene Hauswand war voller Linien, die senkrecht und waagrecht so angeordnet waren, daß sie zahlreiche kleine Quadrate bildeten. In jedem Quadrat leuchteten seltsame Schriftzeichen, neben denen ein kleiner Holzpflock steckte.
    Burton sagte: »Sieht wie so ein verflixtes Kreuzworträtsel aus.«
    »Seht«, sagte Janus. »Da unten rechts in der Ecke, da hängt ein Ring an einem der Holzstäbchen.«
    Und das war alles. Hunderte von kleinen Quadraten mit seltsamen Zeichen und kleinen Stäbchen – und ein Ring an einem dieser Pflöcke.
    »Wißt ihr was?« sagte Allenby langsam. »Ich glaube, das ist ein Kalender. Einen Augenblick – dreißig Quadrate breit und zweiundzwanzig hoch, das macht sechshundertundsechzig. In der untersten Reihe sind es nur sechsundzwanzig, nein, siebenundzwanzig. Das macht insgesamt sechshundertsiebenundachtzig Felder. So viele Tage genau hat das marsianische Jahr.«
    Er starrte nachdenklich auf den Metallring. »Ich wette, daß der Ring in dem Quadrat hängt, das den heutigen Tag bezeichnet. Sie werden ihn wohl jeden Tag versetzen, damit sie die Übersicht nicht verlieren …«
    »Was hat ein Kalender damit zu tun, daß ich nicht über die Straße darf?« fragte Randolph, und seine Stimme klang gequält.
    Er wollte sich erneut in Bewegung setzen. Der Stammesführer quietschte in höchster Not. Randolph blieb erneut stehen und fluchte ungeduldig.
    Allenby wiederholte seinen Frageton.
    Der Häuptling deutete auf seinen Schatten und dann auf den Kalender – und wir sahen jetzt, daß er tatsächlich auf den Ring zeigte.
    Burton sagte langsam: »Ich glaube, er will uns sagen, daß das da heute ist. Und die und die Tageszeit. Ich wette, daß sein Schatten zur Bestimmung der Uhrzeit dient.«
    »Mag sein«, gab Allenby zu.
    Randolph sagte: »Wenn mich dieser Affe jetzt nicht gleich gehen läßt…«
    Der Häuptling quietschte, und in seinen Augen stand höchste Besorgnis.
    »Wirst du jetzt endlich stehenbleiben?« fragte Allenby. »Er versucht dich vor einer Gefahr zu warnen.«
    Der Häuptling deutete erneut die Straße entlang, und anstatt zu quietschen, offenbarte er, daß ihm noch ein anderes Geräusch zur Verfügung stand. Er sagte: »Ffffuuuuuuuuschhhh!«
    Doch es war nichts zu sehen, nichts als die breite Schneise zwischen den Häusern, sowie die große Sanddüne, von der wir zuerst auf das Dorf hinabgeblickt
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