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Heyne Galaxy 04

Heyne Galaxy 04

Titel: Heyne Galaxy 04
Autoren: Walter (Hrsg.) Ernsting
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Impulse habe ich aufgenommen und in die Erinnerungsbänke des Komputers geleitet. Somit ist ›Humanität‹ in der Lage, menschliche Reaktionen nach dem Durchschnitt vorauszusagen und sie in seine Vorausberechnungen einzubauen. In Ihrem Fall werde ich Ihre Impulse nicht aufnehmen, sondern direkt in die Erinnerungsspeicher der Maschine leiten.«
    »Und wozu soll das gut sein?«
    »So genau weiß ich das auch nicht«, gab Staghorn zu und sah etwas unsicher aus. Allerdings, so schien es wenigstens Peccary, übte diese Unsicherheit auch einen gewissen Reiz auf ihn aus. »Ein derartiges Experiment habe ich zuvor noch niemals durchgeführt.«
    »Vielleicht bekomme ich einen elektrischen Schlag.«
    »Die Gefahr besteht nicht. Ihr eigenes Gehirn wird den Transmitter in Betrieb setzen, und wie Ihnen sicherlich bekannt sein dürfte, sind derartige Stromimpulse äußerst schwach. Nein, das ist es nicht, was mir Sorgen bereitet.«
    »Was ist es denn?«
    »In gewisser Hinsicht benimmt sich ›Humanität‹ wie ein lebender Organismus. Da gibt es, um ein Beispiel zu nennen, eine ganz bestimmte Voraussage, die ich niemals erhalten kann. Schon mehrmals habe ich die hypothetische Information, die beiden Großmächte der Erde hätten sich den Krieg erklärt, in den Komputer gegeben. Es ist doch zu natürlich, daß man gern wüßte, was dabei herauskäme …«
    Staghorn verstummte und betrachtete seine elektronische Schöpfung mit liebevollen Blicken.
    »Und was geschah?« fragte Dr. Peccary schließlich ungeduldig.
    »Nichts. Das ist es ja. In dem Augenblick, in dem ich ›Humanität‹ in die Zukunft versetze, wird der Bildschirm dunkel. Und können Sie sich auch denken, warum er dunkel wird?« Staghorn sah Peccary an und lächelte. »Ist doch ganz klar. Wenn wirklich ein solcher Krieg ausbräche, wäre ›Humanität‹ das erste Ziel der feindlichen Bomben. Der Komputer muß alle Möglichkeiten in Betracht ziehen, und wenn eine davon die eigene Zerstörung ist, kann er nichts mehr voraussagen, was danach vielleicht noch geschieht.«
    Peccary wiederholte den letzten Satz mehrmals im Geiste, bis er allmählich seine Bedeutung erfaßte. Er schien besagen zu wollen, daß der Komputer, wenn er von Staghorn und Peccary auch als leblose Maschine angesehen wurde, darüber eine andere Meinung hatte. Er war immerhin in der Lage, seinen eigenen Tod vorauszusehen.
    »Ich habe schon oft über die Menschen nachgedacht, die wir auf dem Bildschirm sehen«, sagte Staghorn langsam. »Sie sind doch nichts anderes als Gebilde, die am Ende einer Kathodenröhre durch das Auftreffen von Elektronen entstehen. Ihr Raum und ihre Zeit ist nichts als eine Illusion. Sollte man meinen … nicht wahr? Auf der anderen Seite bin ich davon überzeugt, daß ›Humanität‹ ein genaues Bild der Zukunft entwickelt, sofern die gegebenen Informationen stimmen. So halte ich es auch für durchaus möglich, daß dieser Junge, Paul, tatsächlich entführt wurde – oder entführt werden wird.«
    Dr. Peccary starrte Staghorn entsetzt an. Er hatte schon immer den leisen Verdacht gehegt, daß der Wissenschaftler nicht normal war.
    »Sie wollen doch damit wohl nicht andeuten, daß Ihre … Ihre Gebilde auf dem Schirm bewußt existieren?«
    »Was ist schon Bewußtsein?«
    »Ich bin nicht gekommen, um mit Ihnen über metaphysische Fragen zu diskutieren …«
    »Kaum. Aber ich muß fair sein. Ich muß Sie auf die möglichen Gefahren hinweisen, denen Sie ausgesetzt werden, wenn Sie in die Maschine steigen. Es sind nur psychische Gefahren, keine physischen, denn Ihr Körper bleibt hier in der Gegenwart. Aber Sie werden bewußt in der Zukunft leben.«
    »Na, wenn schon? Ich bleibe körperlich ja doch hier.«
    »In gewissem Sinn schon. Aber bitte, nehmen Sie Platz. Wir werden ja sehen.«
    Peccary zögerte nun doch.
    »Ich weiß nicht recht, ob ich es wirklich wagen soll…«
    »Aber Sie wollen es wagen, Millionen mit Ihrem Y-Hormon zu verdienen, nicht wahr? Sie wollen Ihren Reichtum reinen Gewissens genießen? Na also! Dann überzeugen Sie sich auch davon, daß es nicht Ihr Mittel ist, das die Welt so schrecklich verändern wird. Und wenn es doch das Y-Hormon sein sollte, versuchen Sie wenigstens herauszufinden, welchen Fehler Sie begingen. Vielleicht können Sie ihn beseitigen.« Staghorn sprach leise und gedämpft, während er Peccarys Arm nahm und ihn sanft in die Nische schob. Er drückte ihn auf den Stuhl nieder. »Noch etwas, Doktor, das Sie nie vergessen dürfen. Verirren Sie
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