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Heyne Galaxy 04

Heyne Galaxy 04

Titel: Heyne Galaxy 04
Autoren: Walter (Hrsg.) Ernsting
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der einzige Mann in der Stadt zu sein, der überhaupt einen Anzug trug, von der Brille ganz zu schweigen.
    »Hallo«, sagte er und blieb dicht vor ihr stehen. »Sind Sie nicht Ben Cheevers Tochter?«
    Sie hörte nicht auf, ihn zu studieren. Lässig strich sie sich eine Strähne des kastanienbraunen Haares aus der Stirn.
    »So, bin ich das?« fragte sie dann. »Es ist alles schon so lange her, daß ich es fast vergessen habe. Aber da ich ja schließlich einen Vater haben muß und ich auch Cheever heiße, kann es sehr gut sein, daß Ihre Vermutung stimmt. Übrigens kenne ich Sie nicht. Wenn wir uns je begegneten, muß es schon ein paar Jahrzehnte her sein.«
    »Wir sehen uns zum erstenmal, Miß Cheever. Ein Freund machte mich auf Sie aufmerksam.«
    Sie dachte eine Weile darüber nach, dann fragte sie plötzlich:
    »Wollen Sie mich etwa heiraten?«
    »Um Himmels willen!« entfuhr es Staghorn erschrocken. »Nein!«
    Jenny schien über seine Absage nicht sonderlich traurig zu sein.
    »Ich frage nur, weil ich mich wundere, daß Sie mich anreden. Wenn Sie mich nämlich doch heiraten wollen, müssen Sie noch etwas warten. Ich habe es nämlich ihm versprochen.« Sie nickte in Richtung des jungen Mannes, der neben ihr saß. »Er kann es bestätigen.«
    Der junge Mann sah Staghorn zum erstenmal richtig an.
    »Ja«, sagte er. »Das stimmt.«
    »Aha«, sagte Staghorn, ohne etwas zu begreifen. »Und wann findet das erfreuliche Ereignis statt, wenn ich fragen darf?«
    »Irgendwann«, erwiderte Jenny bereitwillig. Es klang uninteressiert und gleichgültig. »Wenn wir Lust dazu haben. Es hat keinen Sinn, solche Sachen zu übereilen. Oder glauben Sie, ich wollte die ganzen Männer so schnell hinter mir haben?«
    »Die ganzen Männer … wie bitte?«
    »Immerhin ist er mein fünfundzwanzigster Mann.«
    »Ja«, nickte der junge Mann. »Und sie ist meine zweiunddreißigste Frau.«
    Staghorn starrte sie an.
    »Die Ehen können dann aber nicht sehr lange dauern«, stieß er endlich hervor. Die beiden da vor ihm waren jung und hübsch, kein Zweifel, aber er begann sich in ihrer Gegenwart nicht wohl zu fühlen. Sie strahlten eine Grabeskälte aus, die sich beklemmend auf seine Lungen legte. Sie waren ihm zu gleichmütig, zu lässig. Sie erinnerten ihn an Reptilien.
    »Sie werden immer kürzer«, bestätigte Jenny und wandte sich ab, als beginne sie die Unterhaltung zu langweilen. Auch der junge Mann schien jedes Interesse verloren zu haben.
    Für einige Sekunden kam sich Staghorn höchst überflüssig vor, dann fragte er:
    »Wer sind die Atavars?«
    Das Wort rief eine unerwartete Reaktion hervor. Jenny sprang auf die Füße, und der junge Mann wurde rot im Gesicht.
    »Sprechen Sie das Wort nicht aus!« warnte Jenny.
    »Tut mir leid – ich bin fremd hier.«
    »So fremd kann niemand sein, um das nicht zu wissen.«
    »Es gehört sich nicht«, klärte der junge Mann Staghorn auf. Dann nahm er Jennys Arm. »Mein Blut ist in Wallung geraten. Wollen wir jetzt nicht heiraten?«
    Jenny nickte, warf Staghorn noch einen kühlen Blick zu und verließ mit ihrem Begleiter den Park. Schon entschloß sich Staghorn, den beiden zu folgen, als er Miß Terry kommen sah. Er blieb stehen. Ja, das war vielleicht die Person, die ihm Auskunft erteilen konnte. Außerdem war Miß Terry fünfzig wirkliche Jahre alt, damit noch nicht halb so alt wie Jenny. Der Unterschied in ihrer Einstellung zum Leben würde beträchtlich sein. Außerdem war sie eines Gefühls fähig, das hatte er selbst am Bildschirm beobachten können. Ihr Gesichtsausdruck verriet das ebenfalls, denn sie sah untröstlich aus.
    Staghorn verbeugte sich tief vor ihr und sagte:
    »Guten Tag, Miß Terry. Entschuldigen Sie, bitte, wenn ich Sie anspreche, aber ich bin fremd in dieser Gegend. Da Sie Lehrerin sind, haben Sie vielleicht schon von mir gehört – ich bin Dr. Roger Staghorn.«
    Er richtete sich wieder auf und lächelte erwartungsvoll. Sicherlich kannte Miß Terry seinen Namen und hatte von der wunderbaren Erfindung gehört, mit der er vor hundert Jahren die Menschheit beglückte. Aber zu seinem maßlosen Erstaunen und zu seiner ebensogroßen Enttäuschung starrte Miß Terry ihn verwundert an und schüttelte den Kopf.
    »Nein, tut mir leid«, murmelte sie. Ihre Augen waren voller Tränen. Als sie weitergehen wollte, hielt Staghorn sie am Arm fest.
    »Verzeihen Sie«, sagte er. »Ich verstehe natürlich. Ihr Verlust … es war wohl Paul, Ihr Schüler.«
    Sie begann zu weinen.
    »Früher oder
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