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Hexer-Edition 24: Das Haus der bösen Träume

Hexer-Edition 24: Das Haus der bösen Träume

Titel: Hexer-Edition 24: Das Haus der bösen Träume
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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das Gefühl, von den Wänden erdrückt zu werden. Ich stand auf, riss das Fenster auf und atmete ein paar Mal tief die kühle Nachtluft ein.
    Es nutzte nichts, das Gefühl, in diesem Zimmer gefangen zu sein, war immer noch da und es steigerte sich mit jeder Sekunde. Irgend etwas stimmte nicht. Ich hatte noch nie unter Klaustrophobie gelitten, doch das war mir im Moment egal. Ich musste unbedingt hier raus, wenn ich nicht vollends die Kontrolle über mich verlieren wollte.
    Ich griff nach einem der Kerzenleuchter vor mir auf dem Schreibtisch und verließ fast fluchtartig den Raum. Erst als die Tür hinter mir ins Schloss gefallen war, klärten sich meine Gedanken wieder etwas. Was war nur mit mir los? Zunächst das Gefühl kribbelnder Unruhe, das mich schon den ganzen Abend erfüllte, dann meine ungewohnte Aggressivität und nun auch noch der klaustrophobische Anfall – irgendetwas Merkwürdiges geschah mit mir, das ich mir nicht erklären konnte.
    Ich blickte mich um. Es war dunkel auf dem Korridor, die flackernde Kerzenflamme schuf lediglich eine kleine helle Oase um mich herum. Dahinter schienen sich die Schatten wie eine massive Wand zu ballen und nur widerwillig zurückzuweichen, als ich ein paar Schritte vortrat, um das verlorene Territorium hinter mir sofort wieder für sich zu erobern. Von irgendwoher strich ein Luftzug durch den Gang und ließ die Flamme noch stärker flackern. Zuckende Lichtreflexe glitten über die Wände, schienen Leben zu schaffen, wo keines war.
    Für einen Moment glaubte ich Geräusche zu hören, schwere, schlurfende Schritte, ein Wispern und Flüstern leiser Stimmen, ein Lachen, das unglaublich böse und voller gehässiger Vorfreude klang …
    Ich ballte die freie Hand so fest zur Faust, dass die Fingernägel schmerzhaft in meine Handfläche schnitten. Die Geräusche hörten auf, wichen wieder in das Land der Einbildung zurück, aus dem meine überreizten Nerven sie hervorgelockt hatten, doch die folgende Todesstille, die nur vom leisen Geräusch meines eigenen Atems durchbrochen wurde, war beinahe noch schlimmer.
    Wieder ging ich ein paar Schritte. Es war fast so, als würde meine innere Unruhe zunehmen, je länger ich mich an einem Fleck aufhielt. Irgendetwas zog mich fast magisch an und es schien ungeduldig zu werden, wenn ich zu lange zögerte.
    Verrückt …
    Langsam ging ich den Korridor entlang, ohne ein bestimmtes Ziel. Ich verließ mich darauf, dass mein Gefühl mich leiten würde. Widerstehen konnte ich dem unhörbaren Locken ohnehin nicht, also hatte es gar keinen Sinn, mich dagegen zu sträuben. Wenn ich ihm jedoch nachgab, fand ich vielleicht heraus, was mit mir los war. Gefahr drohte mir hier sicherlich nicht. In den vergangenen Monaten hatte ich schließlich ausgiebig die Erfahrung gemacht, dass die Magie meines Vaters in Andara-House immer noch wirkte, sodass ich sicher sein konnte, dass sie mich vor jeder Bedrohung schützen würde. Möglicherweise versuchte sogar das Haus selbst, mir etwas Bestimmtes mitzuteilen.
    Der Korridor kam mir länger vor, als ich ihn in Erinnerung hatte, auf eine schwer zu beschreibende Art in seiner Perspektive verzerrt, aber das lag zweifellos nur an dem schlechten Licht und daran, dass er völlig kahl war. Meine Schritte hallten dumpf auf dem hölzernen Fußboden. Ich konnte den Geruch von frischer Farbe und Tapetenkleister riechen, aber irgendetwas kam mir seltsam vor, bis ich schließlich bemerkte, was es war. Obwohl die Tapeten erst am vergangenen Tag geklebt worden waren, wie Storm mir noch am Nachmittag erzählt hatte, entdeckte ich an mehreren Stellen dicke Schmutzränder und Altersflecken, als ich sie genauer betrachtete. Ich nahm mir vor, ihm gleich morgen gehörig die Meinung zu sagen. Anscheinend waren die Wände feucht, wenn sich schon nach so kurzer Zeit Stockflecken bilden konnten. Seine Schlampereien und Ausflüchte war ich ein für alle Mal leid.
    Auch waren die hölzernen Bodendielen nur äußerst flüchtig lackiert, sahen stellenweise aus, als wären sie schon jahrelang von zahlreichen Füßen abgewetzt worden. Merkwürdig, dass mir das nicht schon am Tage aufgefallen war, als ich mit Howard meinen Rundgang durch das Haus gemacht hatte.
    Es wurde schlimmer, je weiter ich ging. Nach einiger Zeit war die Tapete so verschlissen, dass man das Muster darauf kaum noch erkennen konnte, und schälte sich bereits wieder von der Wand.
    Ich konnte das Huschen kleiner, krallenbewehrter Pfoten hören. Ratten, dachte ich angewidert.
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