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Hexer-Edition 21: Der Sohn des Hexers I

Hexer-Edition 21: Der Sohn des Hexers I

Titel: Hexer-Edition 21: Der Sohn des Hexers I
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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ihm stand der Wächter.
    Zum ersten Mal sah er die Kreatur, die ihnen den Weg durch die Zeit verwehrt hatte, so, wie sie wirklich war: ein Gigant, fast anderthalb Mal so groß wie er und mit annähernd menschlichen Umrissen, die aber in beständiger Bewegung waren. Sein Körper schien aus keiner festen Substanz zu bestehen, sondern floss und wogte und waberte wie schwarzer Teer, der noch nicht ganz erstarrt war. Das Einzige an ihm, was eine feste Form hatte, war das faustgroße, pupillenlose Auge in der Mitte seines gesichtslosen Schädels, das sie mit einem Hass anstarrte, der so alt wie dieses Universum war, ein unauslöschlicher, mörderischer Hass auf alles, was lebte, was dachte und fühlte.
    Howard reagiert so schnell wie noch nie zuvor in seinem Leben. Blitzartig hob er die Hand mit dem Sternenstein und holte zum Wurf aus.
    Und trotzdem war er nicht schnell genug.
    Rowlf überwand seine Überraschung einen Sekundenbruchteil vor ihm. Mit einem Schrei riss er seine Waffe hoch, stieß ihn aus dem Weg und drückte drei Mal so rasch hintereinander ab, dass die Schüsse zu einem einzigen, lang anhaltenden peitschenden Knall zu verschmelzen schienen. Howard taumelte, prallte gegen das Treppengeländer und ließ den Sternenstein fallen. Verzweifelt griff er danach, aber der Stein schlüpfte zwischen seinen Fingern hindurch, sprang noch einmal von einer Stufe ab – und hüpfte wie ein kleiner, grauer Gummiball in die Tiefe. Howard konnte hören, wie er irgendwo unten in der Halle aufschlug, nur wenige Yards entfernt und doch unerreichbar.
    Als er aufsah, feuerte Rowlf seine drei letzten Patronen ab. Die Schüsse zeigten nicht die geringste Wirkung. Howard konnte sehen, wie die Kugeln durch den Körper des Dämons fuhren wie durch weichen Lehm und in der Wand hinter ihm einschlugen, ohne auch nur den allermindesten Schaden anzurichten.
    Dafür begann in dem Zyklopenauge des Wächters ein unheimliches pulsierendes Feuer zu erwachen.
    Verzweifelt schrie Howard auf, warf sich rücksichtslos vor und packte Rowlf bei den Füßen. Der harte Ruck brachte selbst den Hünen aus dem Gleichgewicht, zumal der Angriff aus einer Richtung erfolgte, aus der er ihn nicht erwartet hatte. Er schrie und stürzte mit hilflos rudernden Armen zu Boden.
    Eine halbe Sekunde später fuhr ein gleißender Blitz aus dem Auge des Wächters und pflügte eine Spur aus Licht und Tod durch die Luft, genau dort, wo Rowlf eben noch noch gestanden hatte. Wo der Blitz einschlug, flammte die Treppe auf wie trockener Zunder. Das Ungeheuer brüllte enttäuscht auf und riss die Arme in die Höhe.
    Howard wartete nicht, bis es zum zweiten Mal angriff. Ohne auch nur über das nachzudenken, was er tat, zerrte er Rowlf in die Höhe, schloss die Augen – und ließ sich einfach nach hinten fallen, ohne ihn loszulassen. Das Treppengeländer traf seinen Rücken wie ein Schwerthieb, aber es gab nach und er stürzte, noch immer eng an Rowlf geklammert, in die Tiefe.
    Sie überschlugen sich ein, zwei Mal in der Luft und dann prallten sie eng aneinander geklammert auf den harten Steinfliesen der Halle auf. Howard hatte Glück, dass er auf Rowlf stürzte, dessen Körper die ärgste Wucht des Aufpralls aufgefangen hatte. Er konnte spüren, wie der Aufprall Rowlf die Luft aus den Lungen trieb. Ein gequälter Schmerzlaut kam über die Lippen des Riesen.
    Das Haus erzitterte unter dem sechsten, vielleicht auch schon siebten Blitz, der die Wände durchschlug, als Howard wieder auf die Füße sprang. Rowlf schrie irgendetwas, das er nicht verstand und hielt ihn am Bein fest. Gleichzeitig versuchte der Hüne aufzustehen, konnte es aber nicht; augenscheinlich hatte er den Sturz nicht ganz unverletzt überstanden.
    Aber Howard blieb keine Zeit sich um ihn zu kümmern. Er riss sich los, fuhr herum und rannte den Flur entlang, auf eine zweite, wesentlich schmalere Treppe zu, die im hinteren Teil des Hauses in die Höhe führte. Um Rowlf brauchte er sich keine Sorgen zu machen. Er wusste, dass der Wächter nur hinter ihm her war. Hinter sich hörte er das Ungeheuer im Korridor toben.
    Immer mehrere Stufen auf einmal nehmend, stürmte Howard die Treppe hinauf und über einen weiteren Korridor auf die Bibliothek zu.
    Als er sie erreichte, bot sich ihm ein Bild wie aus einem Albtraum; nein, tausend Mal schlimmer, als es jeder Nachtmahr sein konnte. Das Zimmer war ein Chaos aus Licht und Hitze, in dem sich alle Gegenstände wie in grellweiß leuchtender Säure aufzulösen schienen. Die
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