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Hexer-Edition 21: Der Sohn des Hexers I

Hexer-Edition 21: Der Sohn des Hexers I

Titel: Hexer-Edition 21: Der Sohn des Hexers I
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Decke war ein Himmel aus waberndem, weißem Feuer, in dem sich die Schlangenlinien der lodernden Blitze vereinigten.
    Nur schattenhaft erkannte er die Gestalten Roberts und Priscyllas. Robert lag reglos und in schrecklich verkrümmter Haltung da, noch am Leben, aber sichtlich unfähig sich zu bewegen, und auf schreckliche Weise verletzt. Seine rechte Hand hielt etwas Schmales, Dunkles umklammert, an dessen Ende ein winziger Stern zu lodern schien. Sein Stockdegen.
    Und Priscylla …
    Im ersten Moment erkannte Howard sie kaum. Sie war nur noch eine halb durchsichtige, unter einem verzehrenden inneren Feuer glühende Gestalt, die keinerlei Ähnlichkeit mehr mit der dunkelhaarigen Schönheit besaß, die sie einmal gewesen war. Zuckende blaue und weiße Blitze rasten in unablässiger Folge über ihren Körper und in ihren Händen lag etwas, dessen bloßer Anblick Howard mit namenlosem Grauen erfüllte; ein Ding, unmöglich zu beschreiben, das keinerlei Ähnlichkeit mehr mit den SIEGELN hatte, aus denen es zusammengesetzt war, und nun von der Aura des Bösen wie von einer finsteren Aureole umgeben schien.
    War er zu spät gekommen? Er versuchte die Blitze zu zählen, die sich bereits ihren Weg in das feuerummantelte Ding in Priscyllas Händen gebahnt hatten, kam bis zehn und wäre um ein Haar in der gleichen Sekunde pulverisiert worden, als der elfte Blitz die Wand hinter seinem Rücken durchschlug und sich zischelnd keinen halben Yard neben ihm vorbeischlängelte. Howard spürte die Hitze wie die Berührung einer glühenden Hand, schrie auf und wich instinktiv zur Seite.
    Und in diesem Moment hob die Gestalt vor ihm auf dem Boden den Kopf und sah ihn aus schmerzverschleiertem Augen an.
    »Robert!«, brüllte Howard. Er taumelte vor, tauchte unter den zuckenden Blitzen hindurch und versuchte Priscylla zu erreichen, doch genau in diesem Moment zertrümmerte der zwölfte Blitz die Stirnwand des Raumes. Ein ganzer Hagel aus Steinen und brennendem Holz ging auf ihn nieder. Er stürzte, blieb eine halbe Sekunde lang benommen liegen und stemmte sich wieder hoch. Er war kaum eine Armlänge neben Robert aufgekommen und für einen winzigen Moment trafen sich ihre Blicke. Die Verzweiflung in Roberts Augen wandelte sich in Erkennen, in eine jähe Hoffnung – und erlosch jäh. Vielleicht für immer.
    Mit einem Aufschrei warf sich Howard herum. Er war sich kaum bewusst, wie seine Hände im Augenblick des Todes nach Robert griffen und sich gegen seine Schläfen pressten. Noch einmal mobilisierte er all seine Kräfte, hob die unerschütterlichen Gesetze von Zeit und Raum auf und hüllte den Sterbenden in einen Mantel aus zeitgewobener Ewigkeit. Er wusste selbst nicht genau, was er da tat. Aber er spürte, dass es richtig war und dass er es konnte. Vielleicht war dieser Moment, diese eine Berührung, der einzige Grund, aus dem man ihm seine Kräfte überhaupt verliehen hatte; und vielleicht war dies der Moment, den Preis für dieses Geschenk zu zahlen.
    Hinter ihm schrie jemand. Howard fuhr herum. Rowlf war in der Tür erschienen und warf ihm irgendetwas zu. Howard versuchte danach zu greifen, doch der winzige, graue Gegenstand prallte von seiner Handfläche ab. Er kümmerte sich nicht darum, sondern ergriff die allerletzte Chance, das Erwachen der dämonischen Götter zu verhindern.
    »Bring ihn hinaus!«, brüllte er, und während Rowlf in den Raum taumelte, Roberts Körper an den Füßen zu sich heran zerrte und ihn sich wie einen Mehlsack über die Schultern lud, packte Howard den Stockdegen und stach mit dem flammenden Stern schräg nach oben, nach dem SIEGEL in Priscyllas Händen.
    Die Zeit schien stehen zu bleiben.
    Er sah und hörte alles mit einer sonderbar unbeteiligten, übernatürlichen Klarheit: Er sah, wie sich die Waffe dem SIEGEL näherte, wie sich Priscyllas Gesicht vor Entsetzen verzerrte, als sie begriff, dass der Degen das SIEGEL zerstören würde.
    Aber er sah auch noch etwas anderes: Die Decke jenseits des wabernden Himmels aus Feuer barst unter dem Faustschlag eines zornigen Gottes und der dreizehnte, allerletzte Blitz sengte sich seinen Weg in das SIEGEL hinab. Er traf den lebenden Riesenkristall, einen Sekundenbruchteil, bevor der Knauf des Stockdegens ihn berührte und – und die Welt explodierte.
    Ein entsetzlicher, unbeschreiblich grässlicher Schmerz zuckte durch Howards Arm, der den Degen hielt. Er brüllte in schierer Agonie auf und warf sich zurück. Der Degen wurde ihm aus den Fingern gerissen und
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