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Hexer-Edition 18: Endstation Hölle

Hexer-Edition 18: Endstation Hölle

Titel: Hexer-Edition 18: Endstation Hölle
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Steinsäule, an die er sich klammerte, zitterte plötzlich und brach ab. Howard schrie abermals, als er endgültig den Halt verlor, über die Brüstung kippte und in die Tiefe fiel. Die Welt drehte sich vor seinen Augen. Er ruderte mit den Armen, wirbelte herum, sah die steinernen Fliesen der Halle in rasender Geschwindigkeit näher kommen. Und wusste im gleichen Moment mit schrecklicher Gewissheit, dass er sich das Genick brechen würde.
    Ein Schatten wuchs unter ihm auf. Rowlfs zupackende Pranken schnellten empor, fingen ihn auf. Wie ein Geschoss traf Howard auf den Hünen, riss ihn zu Boden und zurück. Das rettete ihnen das Leben. Reste des Geländers stürzten hinter ihnen auf die Fliesen herab und zerbarsten in einem feurigen Funkenregen. Howard und Rowlf rollten noch ein Stück weit und blieben dann ineinander verschlungen liegen.
    »Tut mir Leid«, knurrte Rowlf. »Aber ich hab’s zu spät gesehn!«
    »Schon gut«, stöhnte Howard und kam wieder auf die Beine. »Wo steckt Harvey?«
    »Weiß nich.«
    Von dem alten Diener war nichts zu hören oder zu sehen. Er musste sich in seiner Küche verkrochen haben.
    Holzteile krachten in die Halle hinab. Der Shoggote tobte sich in der Galerie aus, doch er machte keine Anstalten, sich der Treppe oder gar der Bibliothek zu nähern. Howard betastete kopfschüttelnd seine Glieder. Er hatte sich nichts gebrochen, sich aber etliche blaue Flecken und Prellungen zugezogen. Noch spürte er nicht viel. Alles wäre halb so schlimm gewesen, hätte das Haus, wenn es sich gegen das Eindringen negativer Kräfte zur Wehr setzte, wenigstens Rücksicht auf die wirklich Leidtragenden genommen. Doch es schützte nur sich selbst – Robert hatte es damals bei seinem ersten Aufenthalt in Andara-House am eigenen Leibe erlebt.
    Zusammen mit Hank van der Groot, dem falschen Lovecraft, dem Agenten der Templer.
    Howard schüttelte den Kopf. Diese Gedanken waren jetzt völlig unwesentlich. Sie mussten sehen, dass sie das Ungetüm im ersten Stock wieder los wurden.
    Der Lärm dort oben nahm jetzt ein wenig ab. Erneut splitterte Holz, der Rahmen der Balkontür stürzte in die Halle und zerbarst in alle Einzelteile.
    Draußen im Vorgarten gab es ein paar dumpfe Schläge, dann trat Ruhe ein. Die beiden Männer in der Halle lauschten aufmerksam. Nichts war mehr zu hören außer ihren schweren, hastigen Atemzügen. Der Nebel und der Gestank lösten sich langsam auf und verteilten sich in den Korridor und die große Halle. Dünne Schwaden trieben aus der offenen Balkontüre ins Freie.
    Howard trat entschlossen zur Eingangstür und öffnete sie. Er warf einen Blick hinaus. Nichts. Aber was hatte er erwartet – das Ungeheuer musste längst im dichten Nebel verschwunden sein, der wie ein graues Leinentuch über der Stadt lag.
    Vorsichtig trat Howard ins Freie und warf einen Blick an der Fassade empor. Das steinerne Balkongeländer war abgebrochen und in den Garten gestürzt. An der Außenfassade zog sich eine feuchte, schleimige Spur entlang, und unten, am Fundament des Gebäudes, hatte sich eine Pfütze gebildet. Sie dampfte ein wenig und löste sich rasch auf.
    Howard kehrte ins Haus zurück. Das dreieinhalb Stockwerke hohe Gebäude mit seiner annähernd hundert Schritt breiten Fassade hatte sich beruhigt. Nichts bewegte sich mehr und auch die düstere Ausstrahlung hatte sich verflüchtigt. Nur ein seltsames Wispern und Flüstern echote noch zwischen den Mauern, aber es ebbte rasch ab.
    Howard trat zu der Stelle, an der der Strahlenkranz entstanden war. Er bückte sich und tastete vorsichtig mit den Handflächen darüber – oder – besser gesagt – er wollte es. Die elektrostatische Aufladung war abgeklungen, aber der Boden glühte in einem Bereich von etwa eineinhalb Yards Durchmesser. Fast hätte man sagen können, dass er kochte, doch das war übertrieben. Er bildete keine Blasen, strahlte nur Hitze aus wie eine Metallplatte über einem Herdfeuer.
    »Er ist fort«, sagte Howard leise und mehr zu sich selbst als an Rowlf gewandt. »Was hat er dort oben gewollt?«
    Er legte sich alle die Eindrücke zurecht, die er aufgenommen hatte, seit das Haus erwacht war. Was hatte es mit dieser Vision des singenden Engels und dem Schrei des Neugeborenen auf sich, die er und Rowlf erlebt hatten? Und was war das Ziel des Shoggoten gewesen? Fragen, auf die er keine Antwort fand – jedenfalls noch nicht.
    Howard erhob sich wieder.
    »Nimm du die Küche!«, wandte er sich an Rowlf und deutete auf die Tür.
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