Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hexer-Edition 18: Endstation Hölle

Hexer-Edition 18: Endstation Hölle

Titel: Hexer-Edition 18: Endstation Hölle
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
überdeckte.
    Aouda war ganz Dame, elegant und doch einfach, und wenn sie an langen Kaminabenden die Märchen und Sagen aus ihrer Heimat Indien erzählte, dann saßen nicht nur die beiden Knaben mit geröteten Wangen vor dem knisternden Feuer, nein, auch Phileas Foggs Augen leuchteten, und dann und wann ergänzte er die Erzählungen durch die eine oder andere Einzelheit, die er auf seiner langen Weltreise erfahren hatte.
    Es war schon erstaunlich, dass Mr. Fogg die Abende zu Hause bei seiner Familie und nicht in seinem über alles geliebten Club verbrachte. Dort ging er nur hin, um sein Mittagsmahl einzunehmen; das aber tat er nach wie vor mit der ihm eigenen Pünktlichkeit. Seit er seine Wette gewonnen hatte, war er noch angesehener und beliebter, und die Mitglieder des Reform Club behandelten ihn wie den Ersten unter Seinesgleichen.
    Es gab Fälle, wo einflussreiche und mächtige Vertreter der Gesellschaft versucht hatten, Mitglied im Reform Club zu werden, allein um die Bekanntschaft von Phileas Fogg zu machen. Der Club suchte sich seine Mitglieder jedoch selbst aus und er überschritt eine bestimmte Anzahl nicht, sodass Phileas Fogg davon verschont blieb, von Gunsthaschern auf Schritt und Tritt verfolgt zu werden.
    Zudem hatte er im Verlauf dieser vierzehn Jahre eine eigentümliche Erfahrung gemacht, die sein Weltbild ein wenig ins Wanken brachte: Die Welt wurde immer schnelllebiger. Ein Rekord brach den anderen, eine Pioniertat hetzte die nächste. So kam es, dass nach relativ kurzer Zeit niemand mehr von seiner Ruhmestat sprach. Die Gesellschaft ließ ihn in Ruhe und lud ihn nicht mehr zu den Empfängen und Veranstaltungen, die er ohnehin nur selten besucht hatte und sei es nur, um seiner Frau einen kleinen Beweis seiner Liebe zu geben. Mit der Liebe war es bei Mr. Fogg wie mit allem. Sie gedieh tief im Innern, nicht so sehr nach außen hin. In dieser wichtigen Lebenseinstellung war er seiner Aouda so ähnlich, wie es ähnlicher nicht ging, offenbarte sie doch den seelischen Tiefgang des Naturmenschen, nicht das oberflächliche Gebaren des neuzeitlichen Menschen.
    Dies jedoch nur am Rande, denn ein wenig mochte diese seine Verinnerlichung den Ausschlag gegeben haben, warum Mr. Phileas Fogg von einem unnahbaren Schicksal (oder einem launischen Gott) dazu ausersehen worden war, eine Rolle in einem düsteren Spiel zu spielen.
    Punkt 11 Uhr 30 also verließ Mr. Fogg sein Haus in der Savile Row. 575 Mal setzte er den rechten Fuß vor den linken und 576 Mal den linken vor den rechten, dann stand er vor dem Eingang des Reform Club, dessen imposante Heimstätte in der Pall Mall nicht weniger als drei Millionen Pfund gekostet hatte.
    Phileas Fogg schaute nicht nach rechts und nicht nach links; deshalb hatte er auch den Schatten nicht bemerken können, der ihm gefolgt war, seit die Haustür hinter ihm ins Schloss gefallen war. Er suchte unverzüglich den Speisesaal auf. Der Raum besaß neun Fenster, die auf den hübschen Garten hinausgingen, in dem sich die herbstlich bunten Blätter gerade in einem leichten Wind bewegten. An seinem immer für ihn reservierten Tisch war das Gedeck bereits aufgelegt. Die Speisekarte lag geometrisch exakt neben der Serviette, so wie sie es immer tat. Phileas Fogg nahm Platz und studierte sie eingehend.
    Er wartete, bis einer der dienstbaren Geister sein Nicken bemerkte und herankam. Er wählte eine Vorspeise, dann als ersten Gang gedünsteten Fisch in erstklassiger Reading-Sauce, als zweiten Gang leicht gegrilltes Roastbeef mit Pilzbeilage und als Nachtisch ein Stück Pastete mit Rhabarber- und Stachelbeerfüllung sowie etwas Chester-Käse. Dann lehnte er sich gemütlich zurück und wartete darauf, dass serviert würde.
    Heute war der Jahrestag. Der vierzehnte Jahrestag, dass er jene Wette abgeschlossen hatte. Von seinen Wettkameraden hielt sich keiner im Club auf; zwei waren zwischenzeitlich verstorben, die anderen geschäftlich unterwegs.
    Nun denn, Phileas Fogg hätte es für vulgär gehalten, mit den Schultern zu zucken. Er musterte seine Hände, die sorgfältig auf der Tischfläche links und rechts neben seinem Gedeck lagen, die Handgelenke auf der Höhe der Tischkante. Er wartete, als einer der Kellner lautlos neben ihn trat und ihn fragte, ob er eine Mitteilung machen dürfe.
    Fogg nickte. Das Ansinnen war außergewöhnlich und es weckte sein Interesse.
    »Am Eingang zum Club ist ein Herr. Er lässt sich nicht abweisen. Er behauptet fest, eine Verabredung mit Ihnen zu haben,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher