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Hexer-Edition 07: Im Bann des Puppenmachers

Hexer-Edition 07: Im Bann des Puppenmachers

Titel: Hexer-Edition 07: Im Bann des Puppenmachers
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Kopf. »Nein.«
    Ich nickte, strich versonnen mit den Fingerspitzen über den Kristallknauf meines Degens und atmete hörbar ein, ehe ich die entscheidende Frage stellte: »Wann brechen wir auf?«
    Balestrano lächelte.
    »Jetzt.«
     
    Es war Mittag geworden. Die Stadt war vollends zum Leben erwacht und pulsierte wie ein gewaltiges steinernes Herz. Auf den Grachten tummelten sich Boote und Kähne und die schmalen Straßen, die die Wasserwege säumten und durch zahllose Brücken miteinander verbunden waren, quollen schier über von Menschen.
    Mir war kalt. Trotz der wärmenden Strahlen der Sonne, die wie ein großes gütiges Auge im Zenit des Himmels stand, schien ich innerlich zu Eis erstarrt; meine Finger und Zehen prickelten und meine Muskeln schienen in einem einzigen, großen Krampf gefangen.
    Aber es war diesmal nicht der Odem des Bösen, den ich spürte und der mich frösteln ließ, sondern Angst. Ganz ordinäre Angst. Der Gedanke, ein zweites Mal – und noch dazu freiwillig – in dieses Labyrinth zu gehen, trieb mich schier in den Wahnsinn. Meine Hände zitterten und mein Unterkiefer schmerzte, so fest presste ich die Zähne zusammen.
    Looskamp, der hoch aufgerichtet im Heck des Bootes neben mir stand und mit einer Hand das Ruder führte, lächelte aufmunternd. Seit wir das Haus verlassen hatten, hatten wir kaum ein Wort miteinander geredet, obgleich wir jetzt die zweite Stunde unterwegs waren. Looskamp hatte das Boot, das von vier stummen Ordensbrüdern gerudert wurde, kreuz und quer durch die Stadt gelenkt.
    Immer wieder hatten wir angehalten und der Tempelherr war an Land gegangen, um in einem Haus zu verschwinden oder mit einem Passanten, der scheinbar zufällig am Ufer stand, ein paar hastige Worte zu wechseln.
    Es war ein Aufmarsch. Der Templer rief seine Leute zusammen und ich wusste, dass außer uns jetzt noch fast vier Dutzend andere Männer unterwegs zur Van Dengsterstraat waren. Eine kleine Armee. Aber erbärmlich wenig gegen den Feind, gegen den wir zogen.
    Wir erreichten eine Stelle, an der sich zwei Grachten wie Straßen kreuzten, und Looskamp stemmte sich gegen das Ruder, um unser Boot in die rechtsseitige Abzweigung zu lenken. Wir wurden schneller und mit jedem Häuserblock, der an uns vorüberglitt, schien das Leben hinter uns zurückzubleiben.
    Die Zahl der Passanten nahm ab, zuerst langsam, dann immer schneller und schließlich ruderten die Männer das Boot durch das brackige Wasser der heruntergekommenen Hafengegend, die ich nur zu gut kannte. Ich schauderte.
    »Angst?«, fragte Looskamp plötzlich.
    Irritiert sah ich ihn an, schüttelte den Kopf und nickte gleich darauf.
    Looskamp lachte. »Ich auch, Robert.« Er deutete mit einer Handbewegung auf die vier breitschultrigen, in braune Umhänge gehüllten Männer, die das Boot von der Stelle pullten. »Auch diese Männer haben Angst. Aber wir müssen es tun.«
    Er straffte sich ein wenig, sah an sich herunter und schloss einen Knopf seines Mantels, der sich weit geöffnet hatte. Darunter trug er die weiße Templeruniform, und wenn man genau hinsah, konnte man die Umrisse des mächtigen Schwertes durch den Stoff erkennen.
    »Wir müssen es tun, weil vielleicht das Überleben zahlloser Unschuldiger davon abhängt, dass wir Erfolg haben«, sagte er. Die Worte klangen wie eine Rechtfertigung.
    »Wie … wollen Sie – wir«, korrigierte ich mich hastig, »vorgehen?«
    Looskamp wies mit einer Kopfbewegung zum Bug hinab. »Wir erreichen die Van Dengsterstraat in wenigen Minuten«, sagte er. »Dort warten wir, bis auch die anderen Brüder eingetroffen sind. Einige sind schon dort und erwarten uns, aber es wird eine Stunde dauern, bis wir vollzählig sind. Dann gehen wir hinein. Auf dem gleichen Wege, den Sie genommen haben, Robert.«
    »Das meine ich nicht«, antwortete ich verärgert. »Ich mache mir keine besonderen Sorgen darüber, wie wir hineinkommen, Looskamp.«
    »Ger«, sagte er. »Nennen Sie mich Ger. Wir ziehen Schulter an Schulter in einen Kampf auf Leben und Tod, Robert. Wir sollten uns nicht mit Förmlichkeiten aufhalten.«
    »Meinetwegen«, antwortete ich gröber, als ich eigentlich wollte, denn ich verspürte – fast gegen meinen Willen – ein starkes Gefühl der Sympathie für den schwarzhaarigen Holländer. »Ich frage mich nur, wie wir das Herz des Labyrinths finden wollen. Ich kann dir den Weg nicht zeigen. Ich weiß ja selbst nicht, wie ich hingekommen bin.«
    Ger winkte ab. »Das ist kein Problem, Robert. Es wird uns
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