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Hexer-Edition 03: Das Haus am Ende der Zeit

Hexer-Edition 03: Das Haus am Ende der Zeit

Titel: Hexer-Edition 03: Das Haus am Ende der Zeit
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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zerfallen und vermodert, wie Carradine auffiel, sondern gründlich zerschlagen, als hätte jemand in einem Anfall von Raserei jedes einzelne Möbelstück zertrümmert. Überall lag Staub und Schmutz. Das Fenster war vernagelt, die Scheiben zerborsten, ohne auseinander gebrochen zu sein, und das hintere Drittel des Raumes war hinter einem massiven grauen Vorhang aus ineinander verflochtenen Spinnweben verborgen.
    Hinter dem Vorhang bewegte sich etwas.
    Carradines Herz begann rasend und schmerzhaft zu schlagen. Instinktiv machte er einen Schritt, blieb aber abrupt wieder stehen und starrte aus schreckgeweiteten Augen auf den verzerrten Schatten, der sich hinter dem grauen Vorhang abzeichnete.
    »Charles?«, fragte er halblaut. Seine Stimme klang unsicher. Der Schatten hinter den Spinnweben bewegte sich wieder, aber Carradine konnte immer noch nicht erkennen, was es war.
    Eine faustgroße Spinne fiel mit einem hörbaren Geräusch aus dem Netz und begann langsam auf ihn zuzukriechen. Ekel stieg in Carradine hoch, aber gleichzeitig auch Erstaunen. Er hatte niemals eine Spinne von dieser Größe gesehen. Einen Moment lang beobachtete er das sinnverwirrende Spiel ihrer Beine, dann senkte er seine Fackel und verbrannte sie.
    Langsam ging er weiter. Der Schatten hinter dem Vorhang bewegte sich erneut und als Carradine näherkam, erkannte er weitere, kleinere, dunkle Punkte …
    Dann, mit einem Ruck, stand die Gestalt auf und zerriss den grauen Vorhang.
    Carradine schrie gellend auf. Für die Dauer von zwei, drei Herzschlägen stand er gelähmt vor Schrecken da und starrte auf das Grauen erregende Bild, das ihm die zuckenden roten Flammen der Fackel enthüllten.
    Es waren nicht eine, sondern zwei Gestalten, die Gestalten zweier Menschen, die nur so eng ineinander verschlungen gewesen waren, dass sie durch den grauen Schleier hindurch wie eine einzige gewirkt hatten.
    Es waren Jenny und Charles.
    Sie waren nackt, beide. Ihre Kleider lagen in Fetzen und vermodert auf dem Boden und dem verrotteten Bett, auf dem sie gesessen hatten. Und über das Bett, über den Boden, die zerrissenen Kleider und vermoderten Decken und ihre Körper krochen Dutzende von faustgroßen, mit drahtigem, schwarzem Haar bedeckte Spinnen …
    Carradine erwachte mit einem gurgelnden Schrei aus seiner Erstarrung, als die beiden jungen Menschen auf ihn zutraten und ihnen die Spinnen wie eine quirlende schwarze Woge folgten. Halb wahnsinnig vor Furcht wirbelte er herum und rannte los. Fünf, sechs der ekelhaften haarigen Tiere fielen wie kleine pelzige Bälle von der Decke, prallten auf seine Schulter und seinen Rücken und krallten sich in seinen Kleidern fest. Haarige Beine tasteten über sein Gesicht. Carradine schrie, fegte die Tiere angeekelt zur Seite und schwang seine Fackel. Die Flammen zeichneten einen feurigen Halbkreis in die Luft und die Hitze vertrieb die Tiere, wenn auch nur für einen Augenblick. Carradine taumelte weiter, prallte mit dem Gesicht schmerzhaft gegen den Türrahmen und torkelte auf die Galerie hinaus. Er hörte Boldwinns Stimme, verstand aber die Worte nicht, sondern lief weiter, noch immer schreiend und dem Wahnsinn nahe. Hinter ihm quoll ein schwarzer, vierbeiniger Teppich aus winzigen Körpern aus der Tür.
    »Carradine?« Boldwinns Stimme drang nur wie durch einen dämpfenden Schleier in sein Bewusstsein. Der tanzende Schein einer Laterne tauchte vor ihm auf der Galerie auf, huschte über den staubbedeckten Boden und blendete ihn einen Moment. Er hörte, wie Boldwinn voller Entsetzen aufschrie, dann klirrte irgendetwas; die Laterne erlosch.
    Carradine torkelte weiter, prallte gegen die steinerne Brüstung der Galerie und verlor um ein Haar das Gleichgewicht. Verzweifelt blickte er sich um. Die Spinnen kamen näher.
    Für einen Moment – nur einen Moment – gewann sein klares Denken wieder die Oberhand. Carradine wechselte die Fackel von der Linken in die Rechte und schwang das brennende Holz wie eine Waffe. Die Hitze trieb die Spinnen zurück, aber aus der offen stehenden Tür drängten immer mehr und mehr nach, nicht mehr Dutzende jetzt, sondern Hunderte. Der Mosaikfußboden der Galerie verschwand unter einer schwarzen, kribbelnden, haarigen Masse, die wie eine zähe Woge näherschwappte.
    »Boldwinn!«, keuchte er. »Zur Treppe! Laufen Sie!«
    Er wusste nicht, ob Boldwinn auf seine Worte reagierte. Sein Angriff hatte den Vormarsch der Spinnen ins Stocken gebracht, aber von hinten drängten immer mehr und mehr der ekelhaften
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