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Hexentochter

Hexentochter

Titel: Hexentochter
Autoren: Nancy Holder , Debbie Viguié
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    Eine Welle schwappte über ihren Kopf hinweg, und sie schloss fest die Augen. Als sie sie wieder öffnete, blinzelte sie ins Tageslicht. Die Sonne war gelb, müde und schwächlich, doch sie schien.
    Dort, keine fünfzehn Meter vor ihr, lag der Strand von Seattle, an dem sie gestanden hatte, ehe sie ins Wasser gezogen worden war.
    Holly schnappte nach Luft und verschluckte Meerwasser. Sie begann verzweifelt zu husten. Sie musste all das noch einmal durchmachen, genau wie ein paar Augenblicke - Minuten? Stunden? - zuvor. Die riesige Welle fiel ihr wieder ein, und sie drehte sich um und hielt Ausschau danach. Da kam sie! Holly holte tief Luft, sprach die gleichen Worte und spürte die Kraft, mit der die Welle sie hochhob und an den Strand trug.
    Sie brauchte genauso lange, um sich den Sand aus den Augen zu weinen, doch als sie diesmal aufblickte, starrte Amanda auf sie herab.
    Nicole: Spanien, im Oktober
    Nach dem Erlebnis in Köln war Nicole aus Deutschland geflohen.
    Jetzt bewegte sie sich wie ein gejagtes Geschöpf durch Spanien. Die Schaufenster waren für Halloween dekoriert, das hier als amerikanisches Fest galt. Es war schon spät, die Läden hatten geschlossen, und niemand spazierte mehr durch die gepflasterten Straßen. Schweigen hing wie eine dicke Decke über dieser Stadt, deren Aussehen, Atmosphäre, ja selbst Geruch ihr sehr fremd vorkam. Nicole rümpfte die Nase. Sie hatte es für eine gute Idee gehalten, nach Madrid zu kommen, weil es hier Hunderte von Kapellen, eine große Kathedrale und Dutzende Kirchen gab.
    Doch auf einmal war sie nicht mehr sicher, ob sie sich hier aufhalten sollte.
    Es fühlt sich ganz falsch an.
    Ein Geräusch hinter ihr ließ sie herumfahren. Sie zwang sich, sich ein wenig zu entspannen, als ein schwankender Betrunkener ihr zuwinkte, ehe er abbog, vermutlich auf dem Heimweg zu einer Gardinenpredigt von seiner gereizten Frau.
    Sie verschränkte die Arme vor der Brust und ging weiter. Die Jugendherberge, in der sie abgestiegen war, lag nicht weit weg, und im Moment wollte sie sich nur noch in ihr kleines Bett verkriechen, sich sicher fühlen und einschlafen.
    Ich wünschte, ich wäre zu Hause in Seattle. Wie schon hundert Mal zuvor schoss ihr dieser Gedanke ungebeten durch den Kopf, und sie wedelte mit der Hand durch die Luft, als könnte sie dadurch die Gedanken und Gefühle verscheuchen, die auf sie einstürmten: Trauer, Erleichterung, Angst, Heimweh.
    Sie und ihre Mom hatten mit dem Zaubern angefangen, weil sie ein paar magische Tricks von Eli gelernt hatte. Das war lustig gewesen, ein geheimes Spiel, das sie beide zusammen geübt hatten. Strohpüppchen und sympathetische Magie.
    Der Einsatz ist beträchtlich höher geworden, dachte sie bitter.
    Nicole zitterte. Sie hatte im vergangenen Jahr einfach zu viel gesehen. Zu viel Tod, zu viel Grauen. Zu viel Magie. Die Macht, die sie bei jeder Verbindung mit Holly und Amanda gespürt hatte, war erschreckend gewesen. Sie wurde damit nicht fertig. Also laufe ich hier mitten durch Spanien und versuche zu vergessen, wer und was ich bin.
    Ein weiteres Geräusch, ein leiser Schritt vielleicht, drang an ihre Ohren. Diesmal sträubten sich ihr die Härchen im Nacken. Da war jemand hinter ihr, sie konnte es spüren. Sie ging schneller und kämpfte gegen den Drang an, sich umzublicken und nachzusehen, wer oder was da war.
    Lass es keinen Vogel sein. Bitte, lass es keinen Vogel sein, und vor allem keinen Bussard.
    Plötzlich hörte sie ein Knistern, wie von einem Stromschlag. Sie warf sich zur Seite, und im selben Moment schoss ein Blitz genau durch die Stelle, an der sie eben noch gestanden hatte. Sie kam hart auf der Seite auf und drehte sich rasch um, um nachzusehen, woher der Angriff gekommen war. Schmerz durchzuckte sie. Eine Gestalt in einem Umhang stand gut drei Meter von ihr entfernt und stieß ein irres Lachen aus.
    »Das ist meine Heimat, Hexe. Du hast hier nichts zu suchen«, fauchte eine Frauenstimme sie an.
    »Ich bin keine... keine Hexe«, stammelte Nicole.
    »Du lügst. Ich kann das fühlen. Und für dein Eindringen werde ich dich bestrafen.«
    Die Gestalt hob die Arme und begann mit einem Singsang in einer fremden Sprache.
    Nicole rappelte sich hoch, und jeder Schutzzauber, den sie je gekannt hatte, war schlagartig vergessen. Sie war hilflos. Sie wirbelte herum und wollte fliehen, öffnete den Mund, um zu schreien, und prallte taumelnd gegen eine weitere verhüllte Gestalt.
    Sie schrie, als sie zu der Stelle
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