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Hexenstein

Hexenstein

Titel: Hexenstein
Autoren: Jakob Maria Soedher
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Letzteres war die runde Brille verantwortlich.
    Frau Kohn machte einen sportlichen Eindruck in den Jeans, dem lockeren Sweatshirt und mit den kurzen blonden Haaren. Sie schien um einiges jünger zu sein als er. Sie standen nebeneinander. Er bleckte die Zähne, sie lächelte nicht. Neben den Fotos stand eine ausladende weiße Porzellanschale, die als Ablage diente. Funk wollte schon hineingreifen, hielt inne und zog die Plastikhandschuhe aus der Hosentasche. Es war umständlich sie über die feuchten Hände zu ziehen. »Und ohne Geldbeutel sind sie auch unterwegs.« Er nahm das Ledermäppchen und prüfte den Inhalt. EC-Karte, eine Kundenkarte für Künstlergroßhandel, ein paar Euro Kleingeld, dann noch Personalausweis und der Führerschein von Herrn Kohn. Er notierte die wichtigsten Daten und wunderte sich über das wenige Geld. Neben der Porzellanschale, wie hingeworfen, lag ein aufwendig besticktes Täschchen das Funks Interesse weckte, denn es sah alt und wertvoll aus. Es war aus schwarzer Seide gefertigt und kunstvoll gestickte Ornamente in leuchtenden Farben schmückten den Rand. In der Mitte war mit elfenbeinfarbenem Faden ein Symbol eingestickt. Ein Kreis mit drei geschwungenen Armen. Funk kam das Zeichen bekannt vor, konnte es im Moment aber nicht zuordnen. Er suchte die Seide durch die Handschuhe hindurch zu fühlen. Der Verschluss war kompliziert gearbeitet. Ohne es geöffnet zu haben, legte er es wieder zurück. Am Rand des Sideboards stand ein Päckchen. Es war ungeöffnet und auf dem Paketpapier, das es umschloss, prangten die Lettern des Zustelldienstes.
    »Was machen wir?«, fragte Funk.
    »Wir löschen das Licht, machen das Radio aus, am liebsten würde ich ja auch noch die Uhr stellen, aber das gehört sich nicht. Dann gehen wir erst mal wieder. Ich probiere einen der Schlüssel aus, die draußen hängen, und wir schließen das Haus ab. Wir befragen die Nachbarn, um die Sache rundzumachen. Vielleicht weiß von denen ja jemand was. Die Streife soll ab und an vorbeifahren und nachsehen. Mehr können wir im Moment eigentlich nicht tun. Abwarten. Wie immer.«
    Schielin sah sich noch einmal im Raum um, bevor er das Haus verließ. Er war froh, wieder draußen zu sein, trotz der Hitze.
    Die Befragung von Frau Kinkelin erbrachte nicht viel mehr, als das, was sie bisher auch schon wussten. Auch ihr Mann, ein einsilbiger Kerl, hatte keine Erklärung, wo die Kohns sein könnten. Wenigstens erfuhren sie, dass außer dem Ehepaar Kohn niemand sonst in dem Haus wohnte. Sie hatten eine Tochter, die aber in Kanada lebte und es gab keinen Streit unter den Nachbarn hier. Die Kinkelins besaßen sogar einen Schlüssel für das Haus, wie sich herausstellte.
    *
    Im Nachbarhaus auf der anderen Seite des Kohnschen Grundstücks wohnte eine Familie. Die Haubachers – wie einem großen getöpferten Schild mit bunten Blumen und den krakeligen Buchstaben vierer Namen zu entnehmen war. Zwei Kinder rannten ausgelassen um einen Gummipool und bespritzten sich abwechselnd mit Wasser. In der Einfahrt lag wild verstreut Plastikspielzeug in knalligen Farben. Es mussten mehrere Kisten sein. Die Eltern hielten sich hinter dem Haus, im Schatten einer Pergola auf. Zwei gefüllte Sektgläser standen auf dem blanken Plastiktisch.
    »Es gibt was zu feiern?«, leitete Schielin wohlwollend ein, nachdem er Funk und sich vorgestellt hatte.
    Die Frau des Hauses lächelte ohne Glanz. Ihr Mann machte einen etwas aufgeschwemmten Eindruck, hatte blonde Haare, die im Nacken bis zum Rand des Muskelshirts reichten. Auf beiden Armen waren Tätowierungen zu sehen: Schwerter, Buchstaben, Schlangen.
    Sie war schlank, ihre Augen hatten keine Strahlkraft und die ungepflegten braunen Haare hingen schlaff über die Schultern herunter, nahmen keine Bewegung ihres Kopfes auf. Das lockere Top legte ihren Hals frei, an welchem am Ubergang zwischen Kehlkopf und Schlüsselbein die schwarze Tätowierung eines Pentagramms zu erkennen war.
    Als Schielin nach den Kohns fragte, ob sie wüssten, wo die beiden sein könnten, zeigte sie sich überrascht und sah mit großer Verwunderung zu ihrem Mann. Schielin warf Funk einen kurzen Blick zu und erkannte an dessen regloser Miene, dass auch er bemerkt hatte, wie plump und gespielt ihr Verhalten war. Der Mann reagierte tumb und grummelte etwas. Seine Frau meinte nachdenklich, dass es ihr erst jetzt auffalle, da sie darauf angesprochen würde, Frau Kohn schon ein, zwei Tage nicht mehr gesehen zu haben. Ihr Mann nickte. Er sagte
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