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Hexennacht

Hexennacht

Titel: Hexennacht
Autoren: Robert Asprin
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bis zu ihm vorgedrungen war .? Nun konnte er es sich nicht mehr anders überlegen und sie zurückrufen.
    Ein zweiter Blitz. Plötzlich kam Wind auf, er fegte den schwarzen Abgrund des Flusses entlang und rüttelte die Bäume auf den Uferterrassen. Abgestorbene Zweige knackten unter Strats Sohlen auf dem verfallenen Weg - aber Ischade brauchte diese Geräusche nicht, sie wußte auch so, wo er steckte. Sie hatte einmal gesagt, sie spüre, wenn sie gebraucht wurde. Daran hatte er sich mit der Hoffnung aller Narren geklammert, so war er nun hier und vertraute sich einer Hexe an, an die ein vernünftiger Mensch sich überhaupt nicht gewandt hätte! Er handelte wider den gesunden Menschenverstand und alle Regeln - ihr Götter! Crit - Crit würde ihn verfluchen. Was war bloß los mit ihm?
    Er fürchtete, daß er es wußte!
    Er gelangte zu einem uralten Stein, von dort führte der Pfad steil hangauf. Schweratmend stieg er hoch.
    Nur gut, daß sie nicht seine Feindin war! Ein leichter Stoß hätte genügt, ihn rückwärts in den Fluß stürzen zu lassen. Er kämpfte um sein Gleichgewicht, und sie machte ihm Platz zwischen den herbstlich kahlen Bäumen, am Rand des Flusses, wo sich die ungewöhnlichen Steine befanden. Plötzlich gab es für ihn die Nacht nicht mehr, sondern nur ihr Gesicht, ihren Wille, ihre Worte, sonst nichts.
    »Alle möglichen Vögel«, murmelte Ischade, »vor dem Sturm.«
    Er verstand nicht und verstand doch. »Roxane ...«, sagte er. »Man munkelt, daß sie etwas im Schilde führt .«
    »Ja.« Sternenschein fiel auf ihr Gesicht, soweit die Kapuze es nicht verbarg. Sie wirkte ruhig, gefährlich ruhig. Durch die Elektrizität in der Luft stellten sich ihm die Haare auf. »Komm!« Sie nahm seine Hand und zog ihn den Pfad entlang hangauf. »Der Wind wird stärker .«
    »Nicht Euer Tun .«
    »Nein. Meines nicht.«
    »Vis .« Als er zu rutschen drohte, fing er sich an einem gut hüfthohen Stein. Da wurde ihm bewußt, wo er sich befand, und er zog die Hand rasch zurück. »Ihr Götter .«
    »Vorsicht bei Beschwörungen!« Sie griff nach seinem Arm, um ihn weiterzuziehen, doch er blieb unwillkürlich Angesicht zu Angesicht mit ihr im Sternenlicht stehen: Er sah keine Einzelheiten unter dem Schatten ihrer Kapuze, nur eine Andeutung von Mund und Kinn; aber er fühlte ihren Blick, spürte die kühle Berührung ihrer Finger, die zu seiner Hand glitten. »Seit Tagen schon braut es sich zusammen! Spürt Ihr es denn nicht?«
    »Was?«
    »Den Sturm! Der Sturm kommt . Der Hafen . Was ist, wenn ein gewaltiger Sturm die Ufermauern bricht, diese schwerfälligen beysibischen Schiffe gegeneinander schmettert, ihr Holz zersplittert und sie versenkt? Freistatt würde keinen Hafen mehr haben. Nichts als eine Sandbank, die sich auf den verrottenden Schiffsrümpfen bildet. Und wo wäre dann Freistatt? Todestrupps, Aufruhr - nichts wäre mehr von Bedeutung. Der Krieg wütet nicht mehr am Hexenwall - ist nicht mehr Meilen entfernt. Es gibt Möglichkeiten, die Macht für mehr zu benutzen als nur zum Türeschließen.«
    Er schritt dahin. Sie führte ihn am Arm; ihre Stimme hielt ihn im Bann, wob Zauber, so daß er sogar vergaß, sich vor den Zweigen zu schützen, die ihm ins Gesicht peitschten.
    »Ich habe Pläne hier in Freistatt«, erklärte Ischade. »Und es ist lange her, seit ich Pläne hatte. Ich mag es, wie es ist.«
    Tor , flüsterte Crits Stimme sehr, sehr schwach in seinem Kopf, kaum daß er sie über Ischades Stimme und das ansteigende Tosen des Windes überhaupt vernahm.
    »Ihr hättet mich nicht zu dingen gebraucht«, sagte sie. »Nicht für Roxane. Das tue ich umsonst!«
    »Ich kann Hilfe herbeirufen.« Er konnte wieder klar denken. »Eine Nachricht schicken, daß die Schiffe ins offene Meer fahren .«
    »Sie würde dich mit Haut und Haaren verschlingen, Stiefsohn. Es gibt einen, über den sie keine Macht hat. Beeil dich! Du bist spät dran. Wo warst du? Beim Haus?«
    »Beim Haus ... Wann ... nach mir geschickt? Gehört Vis Euch?«
    »Er hat Träume. Alpträume.«
    Er blinzelte, stockte. Sie zerrte ihn weiter. »Verdammt«, fluchte er. »Hätte das Pferd nehmen können . Es ist auf der anderen verdammten Seite der Brücke . Wir müssen an dem Posten vorbei, verdammt .«
    »Sie werden es genausowenig bemerken wie sonst.«
    Sie stapften weiter, immer weiter. Der Wind peitschte heftig die Bäume. Donner grollte. Spät dran, hatte sie gesagt; sie hatte auf ihn gewartet, und er war spät dran.
    »Weshalb?« keuchte er.
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