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Hexenmacht

Hexenmacht

Titel: Hexenmacht
Autoren: Alfred Bekker
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damit zum Schweigen.
    "Er hat ihn geschrieben. Wie in Trance saß er an seinem Schreibtisch und führte den Federhalter. Er schrieb in einer Handschrift, die ohne Zweifel nicht die seine war."
    John Wu schluckte. "Es war gespenstisch."
    Er schob uns den Brief wieder hin.
    Steve steckte ihn ein.
    "Das müssen Sie mir erklären", verlangte ich.
    "Ich habe meinen Vater darauf angesprochen. Er konnte sich nicht daran erinnern, was er getan hatte. Es ist nur einer von vielen seltsamen Vorfällen, wegen denen ich Sie sprechen wollte. Haben Sie etwas Zeit?"
    "Schießen Sie los!", meinte Steve.
    John Wu beugte sich etwas vor.
    Er sprach noch leiser. Und man musste sich sehr anstrengen, seine flüsternde Stimme überhaupt zu verstehen.
    "Mein Vater hatte von jeher ein sehr großes Interesse an allen Spielarten des Okkultismus. Besonders seit dem frühen Tod meiner Mutter wurde er sehr grüblerisch, dachte fiel über den Sinn des Lebens und die Natur des Todes nach und suchte verzweifelt nach Antworten. Irgendwann erwarb er ein unvollständiges, ziemlich zerfleddertes Exemplar eines Buches, das den Titel El Libro de la Locura trug und von einem Argentinier namens Fernando Baldini verfasst worden sein soll. Übersetzt bedeutet dieser Titel wohl soviel wie Buch des Wahnsinns. Wie passend diese Bezeichnung ist, sollte sich sehr bald herausstellen. Mein Vater wurde völlig in den Bann des Buches gezogen. Er lernte eigens für dessen Lektüre Spanisch und begann, magische Rituale zu praktizieren. Sie haben die Drachen bemerkt?"
    "Sie waren unübersehbar", sagte ich.
    John Wu nickte.
    "Sie sollen das Haus und die Unternehmungen meines Vaters beschützen. Er verfiel einer Art Wahn. Mit traditionellem chinesischen Geisterglauben hat das alles nichts mehr zu tun. Es ist eine Besessenheit geworden. Jede Meldung über okkulte Vorgänge in der Presse verfolgt er sehr intensiv. Und so las er auch von den Geschehnissen um Lady Jennifer Blanchard und ihren rätselhaften Tod. Kurz entschlossen erwarb er einen Teil des Nachlasses. Das meiste davon steht im Keller aber einige dieser beängstigend lebensechten Wachsfiguren bevölkern jetzt die langen Korridore seiner Villa."
    John Wu seufzte.
    Der Kellner kam, und wir bestellten unsere Drinks, die er auch gleich darauf brachte.
    John wartete ab, bis wir wieder allein waren.
    "Seit diese Wachsfiguren in der Villa sind, wurde es noch schlimmer. Mein Vater handelte oft wie unter fremdem Zwang. Ich erkannte ihn manchmal nicht wieder. Es begann mit fragwürdigen Geschäftstransaktionen, die nicht in seinem Interesse sein können und ging weiter bis dahin, dass er immer seltsamere Rituale durchführte. Zeitweilig war er mehr oder minder nicht er selbst und so begann ich, ihn zu überwachen. Ich habe Wanzen in seinen Räumen installiert, um vor eventuellen Überraschungen gewappnet zu sein.
    "Daher wussten Sie alles", entfuhr es mir.
    John nickte.
    "Ich glaube nicht, dass so etwas legal ist", brummte Steve und verzog das Gesicht.
    "Ich tat es aus Liebe zu meinem Vater. Und aus diesem Grund auch vertiefte ich mich mehr und mehr in die okkulte Literatur, die er las. Ich wollte ihn verstehen und irgendwann einen Weg finden, ihn wieder zurück in die Wirklichkeit zu holen."
    "Aber bislang ist Ihnen das nicht gelungen." Es war keine Frage, sondern eine Feststellung, die da über meine Lippen kam.
    "Ja", murmelte John Wu, nippte an seinem Drink und sah mich dann mit einem Gesichtsausdruck an, der deutlich Resignation zeigte.
    Nach einer kurzen Pause fuhr er dann fort:" ich weiß nicht, ob ich meinen Vater nicht schon längst verloren habe. Und jetzt tauchen Sie beide auf! Sie stehen in irgendeinem Zusammenhang mit dem Nachlass der Lady Jennifer Blanchard und dem Zustand meines Vaters, auch wenn ich nicht genau sagen kann, worin dieser Zusammenhang besteht...."
    Er brach ab.
    In seinen dunklen Augen las ich jetzt deutlich eine Mischung aus Furcht und Hoffnung. Ich schaute kurz Steve an. Ehrlich gesagt, ich war ratlos. In wieweit konnte man John Wu trauen? Ich beschloss, auf meine Intuition zu hören.
    "Wie kommen Sie darauf, dass wir Ihnen helfen können, Mr. Wu?"
    "Als mein Vater den Brief an Mr. Davis schrieb und ich Ihren Namen darauf las, Miss Vanhelsing, habe ich mich gleich über Sie informiert. Ich wollte wissen, um wen es sich handelt. Sie haben häufig über okkulte Dinge geschrieben, Miss Vanhelsing."
    "Das ist richtig."
    "Und Sie waren auch zugegen, als Lady Jennifer Blanchard starb. Diese Frau war
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