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0103 - Im Bannstrahl des Verfluchten

0103 - Im Bannstrahl des Verfluchten

Titel: 0103 - Im Bannstrahl des Verfluchten
Autoren: Franc Helgath
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Mit hochrotem Kopf saß Kim Lisöjn vor den futuristisch anmutenden Apparaten und Geräten. Grüne Punkte und Linien flimmerten über die Schirme von Oszillographen, Diagramme verkündeten Botschaften, die nur dieser Mann verstand. Er war ein Alchimist der Technik.
    Man konnte ihn auf fünfunddreißig schätzen, wenn man nicht wußte, daß er seinen vierzigsten Geburtstag schon vor knapp drei Jahren gefeiert hatte. Bei einem kräftigen Umtrunk, wie sich das für einen Finnen schwedischer Abstammung gehörte.
    Im Telefonbuch wurde er als »Privatforscher« geführt, doch das besagte wenig, denn die wenigsten Leute interessierten sich für den Gegenstand seiner Forschungen. Die meisten hätten ihn vermutlich für verrückt erklärt, wenn er ihnen erzählt hätte, was er Nacht für Nacht trieb.
    Oder ist es normal, wenn jemand den Äther nach den Stimmen Verstorbener ablauscht?
    Das Vermögen seiner verstorbenen Eltern, die ehrbare Kaufmannsleute gewesen waren, erlaubte ihm diese Marotte, und da Kim Lisöjn keine übertriebenen Ansprüche an das Leben stellte, kam er mit den Zinsen und den jährlich fällig werdenden Dividendenzahlungen prächtig aus, wobei der Großteil des Geldes in Gestalt abenteuerlicher elektronischer Geräte wieder in sein Laboratorium floß. Im Lauf der Zeit hatte er sich zu einem Fachmann entwickelt, der ohne Scheu vor den mitgelieferten Schaltplänen die Apparate nach eigenem Gutdünken umbaute.
    Und das Phantastische daran: Sie funktionierten jetzt ganz in seinem Sinne. Er hatte die Stimmen von Toten sorgfältig auf Tonbändern konserviert und archiviert. Doch auf den großen Schlag wartete er noch. Früher wollte er mit den Ergebnissen seiner Arbeit nicht in die Öffentlichkeit treten. Was er leider bisher noch nicht erreicht hatte, waren handfeste Beweise zur Untermauerung seiner Theorien.
    Aber er spürte es in allen Knochen: Er stand kurz davor. Der Durchbruch konnte diese Nacht kommen, oder die nächste. Vielleicht auch erst in einer Woche, doch kommen würde er.
    Sein Labor hätte Ähnlichkeit mit einer technischen Versuchsanstalt gehabt, wenn da nicht das Regal gewesen wäre, auf dem säuberlich aufgereiht menschliche Schädelknochen herunterbleckten. Acht Schädel waren es insgesamt, und sie stammten von der letzten Friedhofsverlegung im nahen Valamma, bei welcher Gelegenheit Kim Lisöjn sich die Schädel auf nicht ganz legitime Weise aneignete.
    Doch sie waren alt, und es hatte ein ganzer Stapel davon herumgelegen, übereinandergeschichtet wie die Kanonenkugeln neben einer mittelalterlichen Haubitze. Kein Hahn krähte mehr nach ihnen, und die Eigentumstransaktion war bisher auch niemandem aufgefallen.
    Als Kim Lisöjn auf die Idee verfallen war, seine Antennen mit diesen Schädeln zu verbinden, machte er in der Aufzeichnung seiner Gespräche mit Verstorbenen verblüffende Fortschritte. Inzwischen kannte er jede dieser Seelen, zu denen die Schädel gehört hatten, mit Namen, wußte ihre ganze Lebensgeschichte und war eben dabei, diese Angaben zu überprüfen, in alten Pfarrbüchern und Chroniken zu blättern, um eine Bestätigung ihrer Angaben zu finden. Ein mühseliges Stück Arbeit, das weniger nach seinem Geschmack war. Aber es mußte wohl sein.
    Und diese Nacht wollte er den letzten dieser Schädel »überprüfen«.
    Der neunte stammte nicht aus dem Friedhof von Vammala. Er war bei einem Ausflug nach Raitela drüben an der Ostseeküste beinahe darüber gestolpert. Dort bauten sie eine neue Straße, und der Knochen mußte beim Erdaushub unbemerkt zutage gefördert worden sein.
    Bisher hatte eine geheime Scheu Kim Lisöjn davon abgehalten, auch diesen Skeletteil den Tests zu unterwerfen. Er war sichtlich älter als die anderen. Wenn man nicht sehr vorsichtig mit ihm umging, zerfiel er wie in Jahrhunderten gealtertes morsches Holz. Aber jetzt wollte er seine Testreihe abschließen. Er war gespannt darauf, was aus den Lautsprechern kommen würde.
    Die Apparate summten und brummten, Röhren liefen warm, und Anzeigen leuchteten auf. Auf einem der Oszillographen hüpfte hektisch ein Punkt, um seinen Weg vom linken Mattscheibenrand her neu aufzunehmen.
    Kim Lisöjn überprüfte nochmals seine Bandgeräte. Die Aufnahmetaste war gedrückt. Sobald er die Pausenarretierung löste, würde sich das Band auf den Tellern zu drehen beginnen.
    Schließlich schaltete er die Antenne, die wie silbriges Gespinst den Schädel umwucherte, in den Stromkreis und drehte den Lautstärkeregler auf die
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