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Hexenkatze - Roman

Hexenkatze - Roman

Titel: Hexenkatze - Roman
Autoren: Andrea Schacht
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akzeptierte den Einwand.So alt war Harburg auch wieder nicht. Es nivelliert sich alles ein wenig, wenn man selbst Mitte dreißig ist.
    »Der Mann hat auf den ersten Blick eine Abneigung zu uns gefasst. Wir können ihm schlicht und ergreifend nichts recht machen. Das fing schon an, als wir renoviert haben.«
    Ich schilderte ihr die Vorkommnisse, und sie nickte mitfühlend.
    »Aber du lässt dir nichts gefallen, was?«
    »O doch, sehr viel. Ich bin ein Ausbund an Höflichkeit.« War ich wirklich. Von eisiger Höflichkeit. Obwohl, die Sache vorhin …
    »Na, Mädchen? Müsst ihr heute gar nicht Mittagessen kochen?«
    Rüdiger! Wenn es einen Schmierlappen gibt, den ich verabscheue, dann ihn.
    »Du hast ja wohl auch schon Staub gewischt und die Betten bezogen.«
    »Ganz frisch bezogen, Süße. Könntest ja mal ausprobieren kommen.«
    »Danke, vielleicht in der nächsten Inkarnation, wenn ich wieder Bettwanze bin.«
    Agnes gluckste, als sich Rüdiger abwandte.
    »Du hast ein Schandmaul, Deborah. Bist du ganz sicher, dass du immer freundlich zu deinem Nachbarn bist?«
    »Ganz sicher. Er steht immerhin noch ein ganz kleines Stück über Rüdiger.«
    »Ich mag den Jungen auch nicht!«
    Rüdiger ist einer der Trainer aus dem Gerätebereich, und eine ganze Reihe der Mädels im Studio findet ihn hinreißend. Er frisiert seine schwarzen Haare zu gelglibberigen Locken, trägt eine Menge Metall um Hals und Handgelenken und hat ein Bilderbuch von Tätowierungen auf Armen, Brust und Rücken. Und wahrscheinlich noch an anderen dekorativen Stellen. Außerdem ist er ein Anhänger der Piercing-Mode, und zeigt uns allzu gerne seine durchstochenen Brustwarzen, in denen Ringe mit Kettchen baumeln. Damit unterscheidet er sich zwar vom Aussehen nicht allzu sehr von anderen, die in diesem und ähnlichen Studios ihre Muskeln stählen, aber er hat so ein – na – verachtendes Gebaren an sich, das mich abstößt.
    Als er in der Umkleide verschwunden war, fiel mein Blick auf die Uhr über der Theke, und ich stand auf.
    »Agnes, ich muss los. Danke, dass du mir zugehört hast. Vielleicht gewöhne ich mich ja noch an meinen Nachbarn. Aber diese Xenia ist wirklich das Letzte.«
    »Wer ist das?«
    »Die Frau, die bei ihm wohnt. Ich weiß nicht, ob sie seine Tochter oder Freundin ist, auf jeden Fall ist sie bestimmt zwanzig Jahre jünger als er und eine absolut schräge Ziege.«
    »Na, mit solchen hast du ja hier Erfahrung gesammelt.«
    »Mit der tun sich allerdings noch ganz neue Horizonte auf.«
    Ich schnallte mir wieder die Skates an die Füße, den Rucksack auf den Rücken und eilte nach Hause.
    Harburgs Auto war weg. Der Auspuff auch. Eine Spur von schlechtem Gewissen bemerkte ich doch bei mir.
    Es war inzwischen halb eins, Micki hatte heute lange Schule. Also machte ich mir nach dem Duschen zwei Vollkornbrote mit Käse und Tomaten. Dann zog ich mich an meinen Schreibtisch zurück und schaltete den PC ein. Eine halbe Stunde arbeitete ich intensiv an einem komplizierten Protokoll, das mit technischen Ausdrücken und Abkürzungen nur so gespickt war, dann begann der Lärm mich zu stören.
    Es war Musik, ja. Aber eher unmelodiös und von ziemlich aggressivem Rhythmus. Zu allem Überfluss kam auch noch ein reichlich seltsamer Gesang dazu, offensichtlich live aus Xenias Kehle. Ich versuchte es zu ignorieren und mich weiter auf meinen Text zu konzentrieren, aber es fiel mir schwer.
    Was diese Xenia so trieb, war mir noch unklarer als Harburgs Beschäftigung. Die Frau schien keiner geregelten Tätigkeit nachzugehen, oder wenn, dann einer, die sich in den Abendstunden abspielte. Ein paar Mal hatte ich sie schon in herrlich aufgebrezelter Form aus dem Haus gehen sehen. Bei diesem unmenschlichen Geheul, das da von nebenan herüberklang, wollte ich mal zu ihren Gunsten annehmen, dass sie in einer drittklassigen Rockband mitsang.
    »Hallo, Mam, bin wieder da!«
    »Hallo, Micki. Hast du Hunger?«
    »Bärigen. Aber brauchst nicht runterkommen. Ich mache mir ein Omelett!«
    Micki kann ganz gut kochen, also ließ ich sie in der Küche herumpantschen und machte noch ein paar Seiten fertig. Die Musik von drüben hatte inzwischen aufgehört.
    Dann stand meine Tochter plötzlich an meinem Schreibtisch und grinste mich an.
    »Na, Mausebärchen, satt und zufrieden?«
    »Hab ’ne Eins in der Mathearbeit.«
    »Sauber!«
    »Mh.«
    »Was ist?«
    Das Grinsen wurde breiter, und Mickis Augen funkelten. Das tun sie immer, wenn sie etwas ausheckt.
    »In Deutsch hab ich auch
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