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Hexenhammer: Historischer Roman (German Edition)

Hexenhammer: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Hexenhammer: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Elmar Bereuter
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auf sich ein. »Was will er denn von mir? Sicher, ich bin habgierig und vielleicht auch ein Neidhammel, das mag ja alles sein. Aber das sind andere auch. Bestimmt habe ich auch ein großes Maul, aber auch da bin ich nicht der Einzige. Warum haben sie gerade mich ausgesucht? Hassen mich die Leute so, dass sie mir den Tod wünschen? Was habe ich falsch gemacht?«
    Der obere Rand der eisernen Fußschelle schnitt ihm ins Fleisch, aber er nahm den Schmerz kaum wahr.
    »Wieso hat mich niemand gewarnt? Habe ich denn keine Freunde?« Die Antwort gab er sich gleich: »Nein, Stadelin, du hast keine. Du hättest schon selber die Augen und Ohren offen halten und ein wenig weiter denken müssen.« Aber trotz dieser Einsicht lärmte ein Gedanke wie das gleichmäßige Klappern eines Mühlrades in seinem Kopf. »Wieso trifft es gerade mich? Wieso? Wieso? Wieso?«
    Nur mühsam beruhigte er sich und begann, die Anklagepunkte einzeln zu überdenken. Das mit den Kindern ins Wasser werfen war doch lächerlich. Da müsste es ja Eltern gegeben haben, die man auch namentlich hätte benennen können. Wieso aber versteifte sich der Vogt so auf den Wetterzauber?
    »Dass du dich mit den Erträgen deiner Felder verteidigen wolltest, war ein schwerer Fehler! In Zukunft sagst du kein Wort mehr als unbedingt notwendig!«
    Da kam ihm blitzartig die Erkenntnis:
    »Das ist es, ja, das ist es! Das und nichts anderes. Der Neid! Wieso bin ich da nicht früher drauf gekommen! Sie behaupten ja, ich hätte Heu, Korn und Mist von ihren Feldern auf meine gezaubert. Wieso behaupten sie das? Doch nur deshalb, weil ich bessere Erträge als sie heraus hole. Und weil sie keine Erklärung dafür haben, soll ich ein Zauberer oder gar ein mit dem Teufel verbündeter Hexer sein.«
    Jahrelang hatte er nicht nur Mist und Jauche ausgebracht, sondern auch im Winter andere Abfälle wie Kuhhörner und die frischen Eingeweide geschlachteter Tiere verteilt, die dann bei der Schneeschmelze von den Füchsen und anderen Tieren verzogen wurden. Das war das ganze Geheimnis. Er überlegte fieberhaft, ob er das im nächsten Verhör sagen sollte, verwarf es aber dann wieder. Mit Sicherheit würde der Greyerz versuchen, ihm daraus einen Strick zu drehen und irgendeinen neuen Zauber mit Eingeweiden und Hörnern erfinden.
    Durch das Loch drang das Rascheln der Blätter im Wind, der gleichmäßig durch das Tal strich. Langsam verfärbte sich das dunkle Viereck in ein helles Grau. Mit beiden Händen schob er die Einstreue zu einem Haufen zusammen und ließ sich darauf fallen.
    Du musst schlafen!, hämmerte es in ihm. Aber sobald er die Augen schloss, tauchte immer wieder das Bild auf, wie sie ihn wie ein Stück Vieh durch das Dorf zerrten und links und rechts die Gaffer aus den Fenstern oder um die Hausecken spähten.
    Ein lautes Geräusch ließ ihn hochfahren. Für einen Augenblick wusste er nicht, wo er sich befand. Der Schlüssel drehte sich schwer im Schloss, durch den Türspalt fiel ein schmaler Streifen Licht. Lange konnte er noch nicht da gelegen haben, das spürte er in allen Knochen.
    Eine Hand schob einen Krug und zwei Scheiben graues Brot in die Zelle.
    Hastig wollte er sich auf das Wasser stürzen, als ein Männerstimme, in der deutlich die Angst mitschwang, rief: »Bleib, wo du bist!«
    Krachend fiel die Türe zu und die Schritte entfernten sich eilig.
    Noch im Stehen setzte er den Krug an den Mund und hörte erst mit dem Trinken auf, als sich sein Bauch zu spannen begann. Eigentlich hatte er noch immer keinen Hunger und jeder Bissen kostete ihn Überwindung. Er tauchte die Scheiben in das Wasser und würgte dann den Brei hinab. Ein kleiner Vogel setzte sich in das Mauerloch, sah einen Augenblick zu ihm hinab und flatterte dann wieder davon.
    Schritte näherten sich, wieder wurde die Türe aufgesperrt. Geblendet versuchte Stadelin die beiden Männer zu erkennen, die in die Zelle traten.
    »Guten Morgen, Meister Stadelin«, begrüßte ihn einer der beiden höhnisch, den er an der Stimme als den dickeren Büttel von gestern erkannte.
    »Na, ihr Hosenscheißer«, gab der Stadelin zurück.
    »Na warte, das wird dir noch Leid tun!«, zischte der Dünnere. Offenbar hatten sie alle Angst vor ihm verloren.
    »Zieh nur fester zu«, sagte der Dickere, »nicht, dass er uns davon fliegt!«
    Oben im Verhörraum saßen die beiden Zeugen bereits hinter dem Tisch. Vor ihnen standen eine Schüssel mit gebratenen Hühnerschenkeln, eine Karaffe mit Wein sowie zwei Becher.
    Sie taten so, als ob
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