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Hexenhammer: Historischer Roman (German Edition)

Hexenhammer: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Hexenhammer: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Elmar Bereuter
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erblickt hätte? Genau – in eine Maus hätte er sich verwandelt und wäre mit Sicherheit durch eine Ritze ins Freie entkommen. Davon war auch Peter von Greyerz felsenfest überzeugt, obwohl er die Geschichte nur vom Hörensagen kannte.
    Ruhelos ging er immer noch in der Stube auf und ab, draußen war es stockfinster, der Kienspan blakte und nur gelegentlich knackte ein Balken in die Stille hinein.
    Der Vorfall von heute Nachmittag in Boltigen wollte ihm nicht aus dem Kopf. An sich wäre es nichts Besonderes gewesen, wäre da nicht der Stadelin in der Nähe gewesen. Der Stadelin war ein Kleinbauer und betrieb noch Ackerbau und Viehzucht mit ein paar Geißen und Schafen auf herkömmliche Weise. Er war neidisch auf alle, die mehr besaßen als er und vom Ehrgeiz besessen, allen zu zeigen, dass seine Art der Bewirtschaftung durchaus mit der Großviehhaltung mithalten konnte. Es wurde gemunkelt, er sei ein Zauberer, weil seine Äcker immer mehr Ertrag hatten als die der Nachbarn und dass es für die Reichen besser sei, nicht aufs Pferd zu steigen, wenn der Stadelin in der Nähe war.
    Und heute hatte er es mit eigenen Augen gesehen: Ein Viehhändler aus Zweisimmen hatte seinen linken Stiefel bereits im Steigbügel, als das Pferd zu scheuen begann, mit den Vorderhufen in die Höhe stieg und den armen Mann unter panischem Wiehern über den Dorfplatz schleppte. Nur durch das beherzte Eingreifen eines Umstehenden konnte Schlimmeres verhütet werden.
    Alle sahen, ob dem Mann etwas geschehen sei, nur der Stadelin war stehen geblieben und hatte gemeint: »Wenn er nicht reiten kann, soll er halt zu Fuß gehen wie wir auch!«
    Greyerz hatte die Blicke bemerkt, die den Stadelin trafen, der aber hatte sich nur verächtlich abgewandt und den Platz verlassen.
    Wenn das nicht ein Fingerzeig von oben war, was denn sonst? Immer noch lief er hin und her, der Vorfall ließ ihn nicht zur Ruhe kommen. Was hatte er denn seit seiner Ankunft hier bewirkt?
    »Gar nichts«, murmelte er verdrossen.
    Zwar war er auch für das Militärische im Obersimmental zuständig, aber seit dem Sempacher Krieg 1386, in dem die Stadt Fribourg die Habsburger unterstützt und den Kürzeren gezogen hatte, herrschte Ruhe im Land. Auch in politischer Hinsicht konnte er hier nur wie der Wein auf dem Tisch nur langsam versauern. Zwar gehörte das Tal seit 1391 nun fest zur Berner Herrschaft, aber die Bauern hatten für sich große Freiheiten abgetrotzt.
    In Bern wurden von ihm Erfolge erwartet. Nur wie – unter diesen Umständen?
    Eine Möglichkeit sah er:
    Diesem Zauberer würde er das Handwerk legen und ein Exempel statuieren, mit dem er zeigen würde, wer der Herr hier im Tal war! Er musste nur beweisen, dass die gegen den Stadelin vorgetragenen Beschuldigungen der Wahrheit entsprachen. Aber das durfte nicht allzu schwer sein.
    Schließlich war schon eine Reihe von Leuten bei ihm auf der Burg erschienen und hatten behauptet, dass der Stadelin ein Drittel von allem Heu, Mist und Getreide auf seine Felder gezaubert habe. Eine Nachbarin gab an, er habe einen Hagelschauer auf ihren Acker umgeleitet – und dass er ohne eine Bewegung Pferde scheu machen konnte, hatte er ja selbst gesehen.
    Greyerz löschte sorgfältig den Kienspan und tastete sich in die Schlafkammer, wo er sich noch eine Zeit lang schlaflos in seiner Bettstatt herum wälzte.
    Am nächsten Morgen ließ er sein Pferd satteln und ritt zur Strettlerin, einer Wittfrau in Boltigen.
    »Mit eigenen Augen habe ich beobachtet, wie der Hagelschauer genau vor dem Acker des Stadelin angehalten hat und einen Augenblick in der Luft stehen geblieben ist. Dann hat er sich gedreht und ist über mein Feld gezogen. Gleich darauf ist der Stadelin an mir vorbei gelaufen und hat schadenfroh gelacht.«
    »Wem hat er denn sonst noch geschadet?«, wollte der Vogt wissen.
    Sie nannte ihm eine Bauernfamilie, in der die letzten sieben Kinder nacheinander tot zur Welt gekommen seien und die er schon im Mutterleib umgebracht habe. Einem anderen Nachbarn habe er einen Sturm aufs Haus geleitet, der das Dach vollständig abgedeckt habe.
    Auch hätte sie gehört, dass er oben in den Bergen kleine Kinder in die eiskalten Gletscherbäche werfen würde.
    Ihr Nachbar bestätigte den Sachverhalt mit dem Sturm und meinte, dass es nicht mit rechten Dingen zugegangen sein könne, weil die Hütte vom Stadelin doch schon recht baufällig sei, aber der sei nichts passiert.
    In den nächsten Tagen ging es herum wie ein Lauffeuer, dass der Vogt eine
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