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Hexenhammer: Historischer Roman (German Edition)

Hexenhammer: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Hexenhammer: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Elmar Bereuter
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stamme, der nun Angst habe, eine sicher geglaubte Seele zu verlieren.
    »Willst du denn nicht endlich gestehen?«
    Stadelin schüttelte leicht den Kopf.
    »Bindet ihn los und bringt ihn hinab. Wir machen morgen weiter!« Am Nachmittag ließ Peter von Greyerz sein Pferd satteln und ritt hinein nach Zweisimmen.
    Er konnte es nicht begreifen, dass die Geistlichkeit seinen Bemühungen, den Stadelin als Hexer zu überführen, nur Ablehnung entgegenbrachte. Sicher, der Stadelin war bisher ein Einzelfall. Bisher, ja bisher!
    Aber hörten die geistlichen Herren nicht, welche schauderhaften Geschichten schon seit einigen Jahren von draußen ins Tal schwappten? Was war mit den Katharern vor zweihundert Jahren, die allen Ernstes der Ansicht waren, dass die Schöpfung ein Werk des Teufels sei und nur die menschliche Seele göttlichen Ursprungs? Die den Satan in Gestalt einer Katze verehrten und dieser in ihren Versammlungen den Hintern küssten! Die Katharer waren nun zwar dank der Heiligen Inquisition ausgerottet, aber was taten die Waldenser? Sie predigten tagsüber den reinen Bibelglauben und lehnten Priestertum und Reichtum ab. Nachts aber feierten sie wilde Gelage mit wüsten sexuellen Ausschweifungen, wobei die oberste Waldenserin einen Trank herumreichte, der aus übelsten Zutaten zusammengemischt war. Wer einmal davon trank, verfiel unwiderruflich der Waldenserei. Es wurde gemunkelt, dass die bei ihren Orgien gezeugten Kinder sofort nach der Geburt getötet und zu Salben verarbeitet würden, mit deren Hilfe man fliegen könne.
    Seit der Kirchenspaltung von 1378 zogen immer mehr Prediger herum, die den Leuten einredeten, einer Irrlehre anzuhängen. Aber auch wer sich unverbrüchlich an den katholischen Glauben hielt, hatte es schwer. Welchem Papst sollte man nun folgen? Dem Papst Urban in Rom oder dem Papst Clemens in Avignon?
    Falls er sich an den falschen hielt – hatten dann die Heiligen Sakramente überhaupt noch Gültigkeit? Und fiel dann im Falle des Ablebens auch die Seele der Verdammnis anheim?
    Greyerz war der festen Überzeugung, dass es nur einer bewerkstelligen könnte, eine solche Verwirrung zu stiften und auch hochstudierte Köpfe zu verblenden: Satan.
    Dies alles legte er dem Zweisimmener Pfarrer dar und forderte ihn auf, seine Meinung zu überdenken und beim Bischof einen Exorzisten anzufordern. Schließlich ginge es nicht mehr nur um die kirchliche Ordnung, sondern auch um die weltliche und es könnte die noch unentdeckten Zauberer und Hexer im Tal davon abhalten, ihr unseliges Tun weiter fortzusetzen. Er vergaß nicht, auch auf die durch Schadenszauber entgangenen Steuern der Stadt Bern und auch der Abgaben für die Kirche hinzuweisen.
    Der Pfarrer sah ihn finster an. »Exorzismus? Dafür gibt es klare Vorschriften. Der Stadelin ist ein kleines Bäuerlein, das weder lesen noch schreiben kann. Also: Spricht er in Sprachen, die er unmöglich können kann oder versteht sie? Verfügt er über körperliche Kräfte, die im Verhältnis zu seiner Körpergröße, Statur und Alter nicht nur außergewöhnlich, sondern nach aller menschlicher Erfahrung unmöglich sind?«
    »Nein!«, gab er gleich selbst die Antwort, »der Stadelin wollte sich sicher mit seinen Zauberkünsten wichtig machen. Aber wir haben Euch schon dargelegt, dass es sich um Aberglauben handelt. Und im Übrigen wäre er zu einfältig dazu, auf solche Gedanken zu kommen, ich kenne ihn nun schon lange genug.«
    Es fing schon an zu dämmern und Greyerz war noch immer verärgert, als er auf der Blankenburg dem Knecht die Zügel zuwarf. Die Unterstützung durch die Geistlichkeit hätte dem Urteil sicher mehr Gewicht gegeben und die sittliche Rechtmäßigkeit betont. Aber er hatte den Prozess alleine angefangen und würde ihn nun auch alleine zu Ende bringen. Grimmig stapfte er über die Treppe und warf die Türe hinter sich ins Schloss.
    In dieser Nacht fanden in der Blankenburg zwei Männer keinen Schlaf. Unten im Verlies wand sich der Stadelin, in dessen Daumen immer noch der Schmerz pochte, und oben in der Burg überlegte Greyerz fieberhaft, wie er dem Zauberer ein Geständnis abringen konnte.
    Ein grauer, fahler Morgen zog herauf, soweit das Stadelin durch die Maueröffnung abschätzen konnte. Das Pochen in seinen Fingern war nun einem ziehenden Schmerz gewichen, dem er nun aber kaum mehr Beachtung schenkte. Angstvoll lauschte er hin zur Türe und fuhr erschrocken zusammen, als drüben im Stall ein Pferd mit den Hufen gegen die Holzbohlen der
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