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Hexengift

Titel: Hexengift
Autoren: T.A. Pratt
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gegen einen alten,
braunen Mantel eingetauscht und ihre magische Robe samt Amtsdolch in ihren Safe gesperrt, der durch eine Reihe von gemeinen, menschenfeindlichen Zaubersprüchen geschützt war. Marla hatte ein Faible für gewalttätige Zauber aller Art und sammelte neue Zerstörungsformeln, wo immer sie konnte. Neugierig ließ sie sich auf den Sitzplatz neben dem Fremden fallen; nach weniger als einer Millisekunde Pause blickte sie den Mann direkt an und sagte: »Du stinkst.«
    Er hob den Kopf und lächelte, wobei seine von Kaffee verfärbten Zähne zum Vorschein kamen. Sein Atem roch nach Whiskey. In jüngeren Jahren war er vermutlich einmal gutaussehend gewesen, doch jetzt zogen sich tiefe Furchen durch sein Gesicht, und er sah erschöpft aus. Marla hatte mit einem routinemäßigen »Fick dich« als Antwort gerechnet, stattdessen sagte der Mann jedoch: »Ich kann mich immerhin duschen und mir den Gestank vom Leib waschen, aber du wirst immer’ne Zicke bleiben.«
    Marla rümpfte die Nase. »Dein Geruch ist mir in diesem Bus noch nie aufgefallen. Bist du neu in der Stadt?«
    »Bin seit ein paar Tagen hier. Und wer bist du, die unverschämteste Streetworkerin der ganzen Stadt vielleicht?«
    Marla zuckte mit den Achseln. »Mir ist es egal, wenn du erfrierst. Es kommen nicht viele ausgerechnet im Winter nach Felport. Es gibt geeignetere Plätze, um den Rest des Jahres auszusitzen.«
    »Aber auch noch kältere. Es gibt Orte, neben denen kommt einem Felport vor wie ein Tropenparadies.«
    »Wie? Hast du bisher also Sibirien vollgestunken?«
    »Ich war schon überall, hab schon alles gemacht, hab’s nicht nötig, mich ausgerechnet vor dir zu rechtfertigen.«

    »Nun, da hast du vielleicht sogar recht«, erwiderte Marla versöhnlich. Sie mochte solche kleinen Reibereien. Wenn etwas Feindseligkeit zum Vorschein kam, bestärkte das nur ihren Glauben an die menschliche Natur. »Hast du einen Ort, wo du bleiben kannst?«
    »Ich komm schon zurecht.«
    »Da bin ich mir sogar ganz sicher.«
    »Warum, bietest du mir etwa dein Bett an?«
    »Auf der ganzen Welt gibt es dafür nicht genug Seife, Stinkerchen. Aber du solltest dir die Unterführung an der Marlo Street, unten bei den Docks, mal ansehen. Sind gute Leute dort, die beklauen dich nicht, und zusammen sind sie viele genug, um sich die Crackheads und andere Arschlöcher vom Leib zu halten.«
    »Den Rat nehme ich gerne an.«
    Danach saßen sie eine ganze Weile schweigend nebeneinander. Marla legte großen Wert darauf, engen Kontakt zu den Langzeitbewohnern von Felports Straßen und Gassen zu halten. Sie sahen Dinge, die kein anderer mitbekam, und viele von ihnen plauderten ihre Geheimnisse im Austausch gegen Bargeld bereitwillig aus; dadurch war Marla stets besser informiert als die anderen Magier in ihren Elfenbeintürmen, Bibliotheken und Laboratorien. Nach einer knappen Dreiviertelstunde zog Marla an der Schnur, um den Fahrer wissen zu lassen, dass sie aussteigen wollte. Bis zu Hamils Wohnung waren es zwar noch ein paar Häuserblocks, aber ihr war nach einem kleinen Spaziergang.
    In diesem Teil der Stadt war es schöner als in der Gegend, in der sich der Club und ihr Büro befanden. Es gab Wohnhäuser mit Ausblick auf den Fludd Park, jede Menge Fahrradwege
und viele kleine Geschäfte, Cafés und Restaurants. Viele der Professoren und Angestellten vom Adler College lebten hier, die Studentenunterkünfte befanden sich jedoch auf der anderen Seite des Campus.
    Schneetreiben setzte ein, während Marla die gestreuten Gehwege entlangschlenderte. Es war Februar, und der Winter war noch nicht ganz fertig mit Felport. Marla bog um eine Ecke drei Straßen von Hamils Wohnung entfernt, als sie in der Nähe des Eingangs eines der Wohnhäuser eine Frau im Schnee liegen sah. Das Gesicht der Frau war vollkommen von ihrem karamellfarbenen Haar bedeckt. Mit ihrer Jeans und einer blassgelben Bluse war sie nicht gerade dem Wetter entsprechend gekleidet; ein schwarzer Wollschal um ihren Hals war das einzige Zugeständnis an die Elemente. Sie hatte rosige Wangen, und an ihren schmutzigen, weißen Tennisschuhen fehlten die Schnürsenkel. Die Arme hatte sie seitlich über den Kopf nach oben ausgestreckt, auch ihre Beine waren gespreizt, als wäre sie ohnmächtig geworden, während sie versuchte, einen Schneeengel zu machen. Aber um sie herum war kein Schnee zu sehen, nur abgestorbenes Gras, als sei der ganze Schnee in diesem Bereich einfach weggeschmolzen.
    Marla ging in die Hocke und legte eine
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