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Hexengift

Titel: Hexengift
Autoren: T.A. Pratt
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handelte es sich um einen Zwanzigjahresvertrag.«
    Marla pfiff leise durch die Zähne. Zeitattentäter verfolgten ihre Opfer so lange, wie der Kunde es wünschte, wobei das Opfer selbst natürlich nicht wusste, wie viel Zeit ihm noch blieb. Ein Sechsmonatsvertrag war noch einigermaßen bezahlbar. Er kostete zwar mehr als ein normaler Auftragsmord, aber mit einer Hypothek auf ein einigermaßen annehmbares Haus war es machbar. Je länger allerdings der Vertrag, desto kostspieliger wurde die Sache. Marla konnte sich nicht vorstellen, wie viel Geld notwendig wäre, um einen Zeitattentäter für zwanzig Jahre anzuheuern. Wahrscheinlich konnte nicht einmal sie sich das leisten.
    »Anfangs dachten wir noch«, fuhr Kardec fort, »er würde seinem Auftrag nachgehen. Er wurde bei seinem Opfer vorstellig,
und als es versuchte zu fliehen, verfolgte er die Zielperson angemessen. Doch irgendwann wurde es Zealand … langweilig. Er begann, insgeheim andere Aufträge anzunehmen. Einfache Morde und Attentate. Derlei Schwarzarbeit tolerieren wir nicht, und als seine Machenschaften ans Licht kamen, entsandten wir ein Team, um ihn festzunehmen.« Kardec runzelte die Stirn. »Alle Mitglieder wurden getötet. Zu diesem Zeitpunkt, der mittlerweile ein paar Jahrzehnte zurückliegt, sagte Zealand sich vollkommen von seinen Pflichten los und gab sein ursprüngliches Opfer auf.« Er schüttelte den Kopf. »Hätten wir ihn mit etwas Leichterem anfangen lassen, einem Zweijahresvertrag vielleicht … aber wer weiß das schon. Zealand gefällt das Töten, und er verdient ein beachtliches Einkommen damit. Wir verfolgen ihn seit Jahren, aber er ist schwer zu erwischen und natürlich bestens vertraut mit unseren Techniken. Dann hatten wir jedoch etwas Glück. Er wurde hier in Felport von einem unserer Mitarbeiter gesehen, einem anderen Zeitattentäter, der mit ihm studiert hat. Wir wissen nicht, was er hier macht, wer sein nächstes Opfer ist und wer ihn angeheuert hat, aber wir werden es herausfinden.«
    »Soll ich Sie kontaktieren, wenn ich irgendetwas höre?«
    Kardec zog eine Visitenkarte heraus und gab sie Marla. »Meine Handynummer. Ja, bitte rufen Sie mich an. Aber hängen Sie es nicht an die große Glocke, schließlich wollen wir Zealand nicht aufscheuchen. Ich hatte eher Bedenken Ihretwegen … dass Sie … überreagieren könnten, sobald Sie die Anwesenheit mehrerer gefährlicher Personen in Ihrer Stadt bemerken.« Er lächelte ein dünnes Lächeln. »Es ist zwar die Politik unserer Organisation, nichts höher als
unsere Verträge zu achten, aber wir wollen auch keinen unnötigen Ärger verursachen.«
    »Verstanden«, sagte Marla, »danke für die Vorwarnung. Aber beim nächsten Mal, wenn Sie versuchen sollten, mich zu berühren, sei es mit einem Messer oder irgendetwas anderem, werden Sie anstelle Ihrer Hand einen sprudelnden Stumpf vorfinden, und das meine ich wörtlich.«
    Kardec schlüpfte aus dem Bentley und verschwand behände zwischen den schrottreifen Waggons auf den Gleisen.
    »Was für ein beschissener Vormittag«, sagte Rondeau und ließ den Motor an. »Ich finde es nicht fair, dass in meiner Zukunft nur mehrere verstopfte Toiletten warten, während in deiner eine Verabredung mit einem gutaussehenden jungen Mann winkt.«
    Marla schnaubte verächtlich. »Ich treffe mich nicht mit Joshua, weil er hübsch anzuschauen ist, Rondeau.«
    »Tatsächlich? Ich dachte, sein Aussehen wäre das Einzige, was er zu bieten hat.«
    »Guter Konter, das muss ich dir lassen.«

3
    Marla hatte eine Abneigung gegen Taxifahrer - sie alle erstatteten irgendjemandem Bericht, auch wenn sie selbst gar nichts davon wussten -, deshalb wartete sie lieber in der Nähe von Rondeaus Club auf den nächsten Bus. Der Laden gehörte Rondeau, er hatte ihn von seiner vorigen Besitzerin geerbt, einer unglückseligen Pharmakomantin namens Juliana, aber Marla hatte ein Büro in einem Gästezimmer in Rondeaus Wohnung im Dachgeschoss und erledigte viele ihrer Geschäfte von dort.
    Der Bus kam fast zwanzig Minuten zu spät. Es war mitten am Nachmittag an einem ganz normalen Werktag, und bis auf ein paar Obdachlose, die versuchten, sich warm zu halten, war der Bus so gut wie leer. Marla kannte den Großteil ihrer Mitfahrer. Einer jedoch kam ihr unbekannt vor - er war mittleren Alters, hatte glasige Augen und saß eng in seinen abgetragenen Army-Mantel gewickelt ganz hinten im Bus. Marlas Kleidung sah auch nicht sehr viel anders aus; in ihrem Büro hatte sie ihren Umhang
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