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Hexenfluch: Roman (German Edition)

Hexenfluch: Roman (German Edition)

Titel: Hexenfluch: Roman (German Edition)
Autoren: Lynn Raven
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machte unwillkürlich einen Schritt zurück. Um ein Haar hätte ihn der jähe Schmerz auf die Knie gezwungen. Die Krallen zogen sich so plötzlich zurück, wie sie zugeschlagen hatten. Doch erst nach einer weiteren Sekunde, in der der Schmerz erloschen war, wagte er es, sich ein Stück zu entspannen.
    »Dein Stolz ist immer wieder höchst unterhaltsam, Kristen.« Sie musterte ihn einen Moment lang amüsiert, dann erhob sie sich und schritt an ihm vorbei zu ihrem Schreibtisch. »Du wirst heute Nacht zu Marish gehen. Wenn ich sie morgen nach deinem Betragen frage, will ich hören, dass du ein braves Spielzeug warst. Ansonsten weißt du, was geschieht.« Über die Schulter warf sie ihm einen kühlen Blick zu. »Wir haben uns verstanden?« Der Bannfluch bewegte sich rastlos auf seiner Haut.
    Ganz langsam neigte Kristen den Kopf. »Wie meine Herrin befiehlt!« Er hatte drei Stunden Zeit, sich etwas einfallen zu lassen, damit er um acht Uhr bei der Ärztin sein konnte.
    Lyresha stellte den Kelch auf ihren Elfenbeinschreibtisch und ließ sich dahinter in ihrem Sessel nieder. »Was hast du mir von meinen anderen Geschäften zu berichten?«
    »Die Aktien von Havreux Enterprises sind gestern um fast fünf Punkte gestiegen.«
    Sie schnaubte abfällig.
    Kristen gab vor, es nicht gehört zu haben, und sprach weiter. »Ich habe vielleicht jemanden gefunden, der dir das Artefakt beschaffen kann, hinter dem du seit einem halben Jahr her bist. Nach dem, was ich gehört habe, ist er gut, aber er verkauft grundsätzlich nur an den Meistbietenden und …«
    »Bis zum nächsten Vollmond habe ich die Grabplatte, Kristen. Ich dulde keine weiteren Ausflüchte. – Sag mir lieber, welche Erfolge du mit diesen Hexern vorzuweisen hast, die mir in letzter Zeit solche Schwierigkeiten machen.«
    Er folgte ihr durch den Raum, blieb aber hinter dem Stuhl vor ihrem Schreibtisch stehen und stützte die Unterarme auf die hohe Lehne.
    »Keine.«
    »Wie war das?«
    »Jeder Einzelne von ihnen ist mächtig, Lyresha, und wenn sie zusammenarbeiten, kann ich noch weniger gegen sie ausrichten. – Es sei denn, du lässt mir mehr von meiner Macht, um …«
    Eine scharfe Geste schnitt ihm das Wort ab. Sie beugte sich vor. Ihr Gewand klaffte auseinander und offenbarte weit mehr, als er sehen wollte. »Für wie dumm hältst du mich, Kristen? Ich habe in all der Zeit nicht vergessen, wozu du fähig bist. Ich werde den Bannfluch nicht schwächen, indem ich ihn verändere, und riskieren, dass es dir vielleicht doch gelingen könnte, dich zu befreien.«
    Kristen versuchte gar nicht, die Schärfe aus seiner Stimme herauszuhalten. »Dann wäre es vielleicht sinnvoller, wenn du Aaron damit beauftr-«
    Ihre Hand wischte ärgerlich durch die Luft. »Du wirst mir diese Hexer vom Hals schaffen. Wie, ist mir egal. Lass dir etwas einfallen. – Und jetzt geh! Marish erwartet dich!«
    Für eine Sekunde maßen sie einander über den Schreibtisch hinweg mit Blicken, dann machte Kristen wortlos kehrt und ging zur Tür. Er hatte sie noch nicht erreicht, als sie aufgestoßen wurde und zwei massige Wandler im Rahmen erschienen. Abrupt blieb er stehen und drehte sich um. Lyresha lächelte ihn an.
    »Bringt Meister Kristen zu Marish«, befahl sie ihnen in spöttischem Ton.
    Kristen biss die Zähne zusammen und schritt zwischen den beiden hindurch. 800 Jahre waren genug!
    Mehr als genug!

  7
     
    Sie war underdressed. Anders ließ es sich nicht ausdrücken.
    Sosehr sie sich auch bemühte, den Blick stur auf den Rücken des MaÎtre d’ gerichtet zu halten: die eleganten Kleider und der teure Schmuck an den Tischen um sie herum entgingen ihr trotzdem nicht. Und dazu sie, mit ihrem hellgrauen Hosenanzug und der Bluse … Natürlich gab es in ihrem Kleiderschrank das ein oder andere Cocktail- und Abendkleid. Aber keines davon hätte die Narben an ihrer Schulter oder ihrem Arm verdecken können, wo Dr. Jacobs, Cindy und Marc ihre zertrümmerten Knochen mühsam wieder zusammengesetzt hatten. Zumindest hatte sie die kleinen Perlenohrringe angelegt, die sie sich selbst zur bestandenen Doktorarbeit geschenkt hatte.
    »Alles in Ordnung?«, fragte Christian Havreux halblaut über ihre Schulter. Er passte in seinem maßgeschneiderten, dunkelgrauen Anzug natürlich perfekt zu den übrigen Gästen des Chez Frédéric.
    Ella nickte. Die Bewegung wirkte selbst auf sie gezwungen. Und abgehackt. »Ja. Natürlich.« Sie sah kurz zu ihm zurück, versuchte ein Lächeln.
    Eine feine Linie grub
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