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Hexenblut

Hexenblut

Titel: Hexenblut
Autoren: Neil White
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hielt die Tasse mit beiden Händen fest, während sie mich ansah. Mit einem Mal wirkte sie viel jünger und verwundbarer. »Wenn Sie die Zeitungen gelesen haben, dann kennen Sie die Story«, meinte sie. »Sie müssen also hinter irgendetwas anderem her sein.«
    »Sarahs Eltern wollen nur, dass ich ihre Tochter finde«, erklärte ich mit einem Schulterzucken. »Sie sind davon überzeugt, dass sie mit dem Tod ihres Freundes nichts zu tun hat, doch das kann nur bewiesen werden, wenn Sarah wieder nach Hause kommt.«
    Katie nickte, während sie mir zuhörte.
    »Ich weiß, wie Luke gestorben ist«, fuhr ich fort, »und ich kann mir gut vorstellen, was die Polizei davon hält, aber ich muss mehr herausfinden.«
    Bedächtig stellte sie ihre Tasse auf den Boden und beugte sich vor. In ihren Augen war der Widerschein eines Gefühls zu sehen … Traurigkeit? Einsamkeit?
    »Wo haben Sie bislang nach ihr gesucht?«
    »Ich habe hier mit Ihnen angefangen.«
    »Und wo wollen Sie sich noch umsehen?«, fragte sie.
    Als sie das sagte, musterte ich sie sehr wachsam. Sie schien daran interessiert zu sein, wo ich mich aufhielt, und ich überlegte, welchen Grund es dafür geben sollte.
    »Dort, wohin die Fakten und Erkenntnisse mich führen«, antwortete ich ausweichend.
    »Wie geht es Sarahs Eltern?«, wollte Katie wissen.
    »Wie gut kennen Sie sie?«
    »So gut wie gar nicht. Ich bin nur die Untermieterin.«
    Ich dachte zurück an das Zusammentreffen in Sams Büro. »Sie pendeln irgendwo zwischen Verzweiflung und Trauer«, sagte ich.
    Katie fuhr sich mit den Fingern durchs Haar und fragte dann: »Was wollen Sie wissen?«
    »Erzählen Sie mir einfach von Sarah«, bat ich sie.
    Sekundenlang sah Katie mich an, und ich merkte, wie ich unfreiwillig auf meinem Platz hin und her rutschte. Ich wich ihrem Blick aus und widmete mich dem Zimmer, das makellos sauber war. Keine Spinnweben an der Deckenlampe, die Tischplatte war so auf Hochglanz poliert, dass sich das Licht in jeder Schramme und jedem Kratzer zu brechen schien. Katie lebte noch hier, vielleicht hatte sie alles gründlich geputzt, um die Erinnerungen an das schreckliche Geschehen wegzuwischen.
    »Sie war witzig«, begann sie so leise, dass ich mich vorbeugen musste, um sie zu verstehen. »Sie war nicht so wie die meisten Lehrer. Sie war viel witziger. Ihre Eltern wohnen ganz in der Nähe, aber sie wollte ihre eigenen vier Wände haben. Allerdings hatte sie das Haus gekauft, als der Immobilienmarkt gerade boomte, deshalb brauchte sie eine Untermieterin, um die Darlehensraten bezahlen zu können. Also zog ich hier ein.« Sie lächelte wehmütig. »Wir verstanden uns gut, wir gingen zusammen aus, trafen uns mit Männern. Das Übliche halt. Dann lernte sie Luke kennen, na ja, und wie es geendet ist, wissen Sie ja bereits.«
    »Wer war Luke?«
    »Er arbeitete als Trainer im Pendle Gym. Ich schätze, Sarah war anders als die Frauen, die er normalerweise kennenlernte. Er hätte im Fitnessstudio jede haben können. Wissen Sie, er hatte den richtigen Körper, dazu das Lächeln. Aber Sarah sprang auf so was nicht an. Nach außen hin gab sie sich zurückhaltend und zierte sich ein bisschen. Ich glaube, das hat ihm an ihr gefallen.«
    »Und in ihrem Inneren?«
    Katie lachte und errötete ein wenig. »Ich habe sie nachts gehört, da war sie nicht so reserviert.«
    »Also hat Sarah ihn gemocht«, folgerte ich.
    »Oh, es war mehr als nur das«, erwiderte sie grinsend. »Er sah gut aus, war mindestens eins achtzig groß, muskulös.« Mit einem Finger fuhr sie über den Tassenrand. »Sie war im Begriff, sich in ihn zu verlieben.«
    »Und er?«
    Sie lehnte sich zurück und überlegte kurz, wobei sie wieder ernster wurde. »Das kann ich nicht sagen. Sie wissen ja, wie solche Männer sind.«
    »Wollen Sie damit sagen, dass er sich mit anderen Frauen getroffen hat?«
    »Tun Männer wie Luke das denn nicht immer?«
    War das genug für sie gewesen, um zum Messer zu greifen und ihn zu erstechen?, fragte ich mich, während Katie mir zusah, als ich ihre Äußerung notierte.
    »Und was glauben Sie, was passiert ist?«
    Katie betrachtete mich sehr eindringlich. »Warum halten Sie meine Meinung für so wichtig?«
    »Weil Sie die beiden gekannt haben. Die Polizei hat sie nicht gekannt und hat sich trotzdem eine Meinung über sie gebildet.«
    »Tatsächlich?«
    Ich merkte, dass sie mit mir spielte, damit ich mich unbehaglich fühlte. »Ich vermute, dass die Polizei sie für die Mörderin hält.«
    Sie zuckte mit den
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