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Hexenblut

Hexenblut

Titel: Hexenblut
Autoren: Neil White
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Haar trug sie kurz geschnitten, sodass ihr hübsches Gesicht betont wurde, so blass wie Porzellan, mit hohen Wangenknochen und leuchtenden nussbraunen Augen.
    »Ja?«, fragte sie knapp.
    In Windeseile ging ich das durch, was ich über Sarah in Erinnerung hatte. Ihre Untermieterin, eine Studentin, hatte den Ermordeten gefunden. Es dauerte einige Sekunden, ehe mir ihr Name einfiel, aber es geschah gerade noch rechtzeitig, bevor sie die Tür zuschlug.
    »Katie Gray?«, fragte ich.
    Zuerst kam keine Antwort, dann reagierte sie mit einer verhaltenen Gegenfrage: »Wer will das wissen?«
    »Mein Name ist Jack Garrett«, erwiderte ich lächelnd in dem Bemühen, ihr Vertrauen zu gewinnen. »Ich bin Reporter.«
    »Hatte ich mir schon gedacht.«
    »Ich interessiere mich für Sarah Goode«, fuhr ich fort.
    »Hatte ich mir auch schon gedacht«, knurrte sie, aber ich konnte sie gerade noch davon abhalten, die Tür zu schließen.
    »Sarahs Eltern haben mit mir Kontakt aufgenommen. Sie wollen, dass ich über ihre Tochter schreibe.«
    Die junge Frau hielt inne.
    »Ich habe gehört, dass sie hier gewohnt hat«, redete ich weiter, um sie in ein Gespräch zu verwickeln.
    »Sie wohnt immer noch hier.« Ihr Ton war nicht mehr ganz so feindselig wie gerade eben noch.
    »Ihre Eltern wollen nur, dass sie gefunden wird, weil sie ihr helfen möchten. Und weil sie wissen möchten, ob es ihr gut geht.« Ich sprach mit leiser, ruhiger Stimme und ließ meine Hand weiter auf dem Türgriff liegen.
    »Können Sie sich ausweisen?«, fragte sie.
    Ich griff in meine Tasche und fand eine Visitenkarte, die ich ihr überreichte. Wie sollte sie mich jetzt noch wegschicken?
    Sie sah kurz mich an und dann wieder auf die Karte. »Okay, Mr Garrett, dann kommen Sie besser rein«, sagte sie und machte kehrt.
    Ich folgte ihr in einen schmalen, muffigen Flur, der durch das Oberlicht über der Tür ein wenig Licht bekam. Katie führte mich in ein Zimmer im hinteren Teil des Hauses, das mit seinen alten Sofas und den Familienfotos an den Wänden zum Entspannen einlud. Auf dem Weg dorthin warf ich einen Blick in das erste Zimmer, das deutlich besser eingerichtet war und über einen alten schwarzen Kamin verfügte. Durch die Bastjalousien war alles in mattes Licht getaucht.
    »Möchten Sie was trinken? Kaffee? Tee?«, wollte Katie wissen.
    Ich entschied mich für einen Kaffee, der ein guter Vorwand war, um wenigstens eine Viertelstunde bleiben zu können. Katie verschwand in die Küche, einen langen, schlauchartigen Raum mit Aussicht auf einen betonierten Hinterhof.
    »Wie lange wohnen Sie denn schon hier?«, fragte ich, während mir eines der gerahmten Fotos an der Wand ins Auge fiel. Es sah aus wie ein Stammbaum, dessen Äste sich ausbreiteten, doch was meine Aufmerksamkeit auf sich zog, das war ein Symbol ganz oben, das an ein Gesicht mit leeren Augen und weit aufgerissenem Mund erinnerte.
    »Ich dachte, Sie wollten über Sarah reden?«, rief Katie mir von nebenan zu.
    »Das will ich auch, aber Sie gehören ebenfalls zur Story«, entgegnete ich, als Katie vor mir stand.
    »Nein, das tue ich nicht«, widersprach sie mir und reichte mir eine Tasse.
    Ich nahm Platz und merkte, wie ich langsam in die durchgesessene alte Couch einsank. »Sie haben Luke gefunden, und damit gehören Sie auch zur Story.«
    Sie setzte sich in einen Sessel, dachte einen Moment lang nach und zog die Beine auf die Sitzfläche, dann trank sie einen Schluck und sah mich über den Rand der Tasse hinweg an. »Und was wollen Sie wissen?«
    »Die ganze Geschichte«, erwiderte ich.
    Sie ließ sich Zeit, von ihrem Kaffee zu trinken, dann sagte sie: »Wenn Sie die Zeitungen gelesen haben, werden Sie den größten Teil längst wissen. Sarah ist Lehrerin, und ohne einen Untermieter hätte sie das Haus nicht bezahlen können. Sie hatte am Schwarzen Brett einen Zettel aufgehängt, daraufhin habe ich mich bei ihr gemeldet.«
    Ich nickte, lächelte und mimte den interessierten Journalisten, und mit verständnisvollen Blicken täuschte ich Mitgefühl vor. Mir fiel auf, dass ihre Körpersprache nicht mehr ganz so abweisend war, außerdem klang ihre Stimme etwas leiser. »Dann darf ich also davon ausgehen, dass Sie tatsächlich Katie Gray sind«, sagte ich.
    Nach einem Moment ließ sie zum ersten Mal ein echtes Lächeln erkennen, und in ihren Augen war ein Funkeln zu sehen.
    »Sie haben die Zeitungen gelesen«, stellte sie fest.
    »Das ist mein Job«, antwortete ich. »Was studieren Sie?«
    »Geschichte.« Sie
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