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Herzstoss

Herzstoss

Titel: Herzstoss
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Sie?«
    »Abgemacht«, willigte Marcy rasch ein.
    »Sie zuerst«, wies Audrey sie an. »Werfen Sie die Waffe rüber.« Mit der freien Hand wies sie auf ein Stück Wiese vor ihren Füßen. »Keine Mätzchen, sonst hat das Baby einen hässlichen Unfall, das schwöre ich Ihnen.«
    »Nein, keine Mätzchen.« Vorsichtig warf Marcy die Pistole in die angegebene Richtung und sah sie in dem hohen feuchten Gras vor Audreys Füßen verschwinden. »Jetzt geben Sie mir das Baby.«
    Audrey starrte Marcy mehrere Sekunden lang an, als würde sie überlegen, was sie als Nächstes tun sollte. Dann machte sie vorsichtig einen Schritt auf Marcy zu und hielt ihr das Baby hin.
    Genau wie in meinem Traum, dachte Marcy mit angehaltenem Atem. Hier ist das Mädchen, das du dir immer gewünscht hast , hatte Devon gesagt, bevor sie das Baby in ihre Arme hatte fallen lassen.
    Mein Baby ist tot, dachte Marcy. Ich konnte sie nicht retten.
    »Sie gehört Ihnen«, sagte Audrey und ließ das schreiende Baby in Marcys ausgestreckte Arme fallen.
    »Marcy!«, rief eine Stimme, und im nächsten Moment tauchte Vic Sorvino aus dem Nebel auf und lief auf sie zu.
    Als sie seine Stimme hörte, machte Audrey einen Satz nach vorn und griff nach der Waffe im Gras. Dabei stolperte sie über ihre eigenen Füße und verlor ihren ohnehin wackeligen Halt. Hilflos sah Marcy zu, wie das Mädchen rückwärtstaumelte, wild mit den Armen ruderte und mit einem im tosenden Wind verhallenden Schrei in die eiskalten Wellen der Roaringwater Bay stürzte.

KAPITEL EINUNDDREISSIG
    »Wann ist dir klar geworden, dass sie nicht deine Tochter war?«, fragte Vic, der Marcys immer noch zitternde Hände fest in seinen hielt.
    Sie saßen nebeneinander vor dem unaufgeräumten Schreibtisch in Christopher Murphys Büro. Murphy hatte sich entschuldigt, um sich im Nebenzimmer mit Donnelly und Sweeny zu beraten.
    »Nicht sofort«, antwortete Marcy. »In dem Bauernhaus war es dunkel, sodass ich mir zunächst nicht sicher war. Ihr Haar war genau wie Devons, und sie waren etwa gleich groß und von ähnlicher Statur. Auch die Form ihres Gesichts war ähnlich, doch die Stimme war anders, auch wenn sie geflüstert hat. Aber sie hat mich die ganze Zeit Mommy genannt, deshalb habe ich mir eingeredet, dass ihre Stimme vielleicht einfach älter geworden war. Die üblichen Erklärungen. Darin bin ich zuletzt ja ziemlich gut gewesen.« Sie seufzte. »Erklärungen« war eine höfliche Beschönigung. »Es war wie gesagt ziemlich dunkel, und sie hielt den Kopf zunächst gesenkt, sodass ihr Gesicht zum größten Teil von ihren Haaren verdeckt war. Und dann hat Jax gesagt, dass sie uns einfach erschießen und verschwinden sollten, und Audrey ging zu Shannon und sagte eiskalt: ›Wir werden dich nicht erschießen. Meine Mutter wird es tun.‹ Und in diesem Moment hat ein Funken aus dem Kamin ihr ganzes Gesicht beleuchtet. Sie hat gelächelt, und ich hörte Peter sagen: ›Das Mädchen braucht eine Klammer.‹« Marcy schüttelte den Kopf. »Und da ist mir glatt die Luft weggeblieben. Ich meine, du erinnerst dich an das Foto von Devon mit den Porzellankronen! Sie hatte perfekte Zähne, und die Zähne dieses Mädchens waren ganz schief. Das waren nicht Devons Zähne!« Marcy atmete vernehmlich aus. »In Wahrheit habe ich es die ganze Zeit gewusst.« Sie zog den abgegriffenen Umschlag mit den Fotos aus der Handtasche in ihrem Schoß und gab Vic Devons Brief. »Du kannst ihn lesen«, sagte sie, und Vic entfaltete ihn behutsam. »Ich wusste die ganze Zeit, dass es ein Abschiedsbrief ist. Ich wollte es bloß nicht wahrhaben. Ich habe mir eingeredet, dass sie es sich im letzten Moment anders überlegt haben könnte. Oder vielleicht auch nur wollte, dass wir sie für tot halten.«
    Vic las den Brief und steckte ihn leise zurück in Marcys Handtasche. »Sie hat dich offensichtlich sehr geliebt.«
    Marcy nickte. »Ich habe sie auch geliebt. Aber es hat nicht gereicht, um sie zu retten.«
    »Ich habe meine Frau auch geliebt«, sagte Vic. »Und es hat nicht gereicht, sie zu retten.«
    »Deine Frau hatte Krebs. Das ist nicht das Gleiche.«
    »Nicht? Sie hatten beide eine Krankheit, auf die sie keinen Einfluss hatten. Du hast keinen Grund, dich schuldig zu fühlen, Marcy.«
    »Nicht? Ich hab ihr erklärt, dass ich es satthatte, Mutter zu sein. Was für eine Mutter macht so etwas?«
    »Eine ganz normale.«
    Marcy dachte wieder daran, wie sie mit Devon geschimpft hatte, weil die sich beim Klavierüben nicht konzentriert
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