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Herzklopfen für Anfänger

Herzklopfen für Anfänger

Titel: Herzklopfen für Anfänger
Autoren: Lynne Barrett-Lee
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Glas an die Lippen. Dann lässt er es wieder sinken. Stumm blicke ich ihn an. Seine Miene wird hart.
    »Ich habe mit Morgan gesprochen«, sagt er plötzlich.
    Merlin dreht sich unter dem Tisch im Kreis, bevor er sich hinlegt. »Und?«
    Er verzieht das Gesicht.
    »Und da bin ich natürlich sofort nach Hause gefahren. Und jetzt möchte ich gern von dir hören, was zum Teufel los ist.«
    Sofort schießt mir durch den Kopf, dass ich ihm nichts erzählen darf. Was auch immer Morgan ihm erzählt hat, ich sollte alles leugnen. Alles herunterspielen. Harmonie verbreiten. Vorhänge machen. Was hatte sie ihm erzählt?
    »Was los ist?«, wiederhole ich. »Jonathan, ich …«
    »Lass uns keine Spielchen spielen, Sally«, sagt er, als sei ich ein Kind. »Was geht vor zwischen dir und diesem – diesem – diesem Mann, mit dem du dich triffst?«
    Das hatte sie ihm also erzählt. Es hat also wenig Zweck, es abzustreiten. Aber die Wahrheit kann ich ihm natürlich nicht erzählen.
    »Ich treffe mich nicht mehr mit ihm«, sage ich.
    »Was soll das heißen?«
    »Was ich gesagt habe. Ich treffe mich nicht mehr mit ihm.«
    »Dann leugnest du also nicht, dass du dich mit ihm getroffen hast?«
    »Nein.«
    Er blinzelt. Dann räuspert er sich und ergreift das Glas. Er kippt den Whisky hinunter und stellt das Glas wieder auf den Tisch. Angst steigt in mir auf. Nicht weil ich befürchte, dass er mich schlägt oder so, sondern weil ich bereits spüre, wie sich die Sicherheit meiner mühsam etablierten Routine aufzulösen beginnt. Jeden Moment kann ich ins Leere stürzen.
    »Wie lange?«, fragt er.
    »Nicht lange.«
    »Wie lange?«
    »Ein paar Wochen.«
    Er wirkt erleichtert. Was Gefühle angeht, hat er keine Ahnung. Er weiß nicht, dass es so schnell gehen kann.
    »Und?«
    »Und ich treffe mich nicht mehr mit ihm. Das musst du doch wissen. Morgan hat es dir bestimmt erzählt.«
    »Sie hat mir erzählt, dass du das gesagt hast, aber sie hat dir nicht geglaubt.« Seine Augen sind leicht blutunterlaufen. Wie betrunken ist er? Wie lange ist er schon hier? »Willst du mir erklären, sie hätte dir glauben müssen? Ich müsste dir glauben?«
    Plötzlich fühle ich mich so, als sei ich bereits gestürzt. Ich liege am Fuß eines großen, zerklüfteten Felsens und der Gipfel ist in Wolken gehüllt.
    »Es ist irrelevant, ob du mir glaubst oder nicht, Jonathan. Es ist die Wahrheit.«
    »Okay«, sagt er. »Und warum nicht? Warum triffst du dich nicht mehr mit ihm?«
    Wie oft muss ich diese Frage denn noch beantworten?
    »Weil ich mit dir verheiratet bin.«
    »Das ist kein Grund.«
    »Es ist der einzige Grund, den ich dir sagen kann, Jonathan, deshalb wirst du dich damit zufriedengeben müssen.«
    Ab und zu dringt leiser Verkehrslärm in die Küche, aber in diesem Moment ist die Stille so dick, dass man sie schneiden könnte. Jonathan setzt sich auf einen Stuhl und vergräbt das Gesicht in den Händen. Ich weiß nicht so recht, was ich tun soll, also warte ich und stütze mich auf die Rückenlehne eines Stuhls. Er hebt den Kopf und reibt sich mit den Fingern über die Schläfen.
    »Hast du mit ihm geschlafen?«
    »Ja.«
    »Liebst du ihn?«
    Ich schweige und schlucke den bitteren Geschmack der Unwahrheit herunter, bevor ich sie ausspreche. »Nein.«
    Wieder herrscht Stille. Merlin steht neben mir, seine Flanke fest an meinen Oberschenkel gepresst.
    Jonathan blickt auf den Tisch und sagt: »Liebst du mich?«
    »Jonathan, ich … es ist …« Ich spreize die Hände. »Ich weiß es nicht.«
    »Herrgott«, sagt er so leise, dass ich ihn kaum hören kann. »Herrgott, ich fasse es nicht.« Mit glitzernden Augen blickt er mich an. »Wie oft?«
    »Was?«
    »Wie oft hast du mit ihm geschlafen?«
    »Himmel, Jonathan, das ist nicht wichtig!«
    Aber er ignoriert mich. »Wo hast du mit ihm geschlafen? Wann? Wann war das alles?« Seine Stimme bebt. »Wer ist es, Sally? Wer ist es? Was hat er sich dabei gedacht? Du lieber Himmel, du bist doch meine Frau! Sally, du bist …«
    Er ist aufgesprungen und kommt durch die Küche auf mich zu. Ich spüre, wie sich die Muskeln des Hundes anspannen, der sich immer noch dicht an mein Bein presst. »Herrgott.« Er schlägt gegen Merlins Kopf. »Weg da! Verdammter Hund!«
    »Hör auf, den Hund zu schlagen!«
    »Ich habe ihn nicht geschlagen!«
    »Doch, das hast du getan!«
    Er hört mir gar nicht zu.
    »Wer ist es?«, zischt er mich an. Merlin zieht sich wimmernd unter den Tisch zurück. »Wo wohnt er? Wie konntest du das tun? Wie
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