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Herzklopfen für Anfänger

Herzklopfen für Anfänger

Titel: Herzklopfen für Anfänger
Autoren: Lynne Barrett-Lee
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tatsächlich weitgehend ab. Es gab noch ein paar hartnäckige Flecken, den größten davon auf dem Sofa, das meine Mutter sowieso nicht ausstehen konnte.
    Sie würde sich demnächst ein neues kaufen, meinte sie. Nein, das würde sie nicht, antwortete ich. Da ich befördert worden war, würde ich ihr ein neues kaufen.
    Als es dämmerte, beschlossen wir, am Strand entlangzulaufen und uns auf dem Heimweg Fisch und Chips zu kaufen. Wir gingen die Promenade entlang und pulten rosa Farbreste von unseren Fingernägeln.
    »Meine Güte, bin ich erschöpft«, sagte ich, als wir am Strand ankamen.
    »Hm«, meinte meine Mutter, »du siehst auch so aus.« Wir gingen hinunter ans Wasser, damit Merlin ein bisschen Auslauf hatte. »Wie läuft es denn mit Morgan?«, fragte sie. »Kommt sie klar?«
    Dankbar für die Frage nickte ich. »Ja, sogar bemerkenswert gut. Beinahe ist es so, als sei sie glücklicher als vorher. Codys Verhaftung war vielleicht sogar ein Segen. Er will ab nächstes Jahr Landschafts- und Gartenbau studieren.«
    »Landschafts- und Gartenbau? Warum denn das, um Himmels willen?«
    »Anscheinend hat er das immer schon gewollt. Er hofft darauf, einen Platz an der Keele University zu bekommen.«
    »Keele? In Staffordshire?«
    Ich nickte. Merlin kam mit einem Stück Treibholz angelaufen und legte es mir vor die Füße. Ich schleuderte es für ihn über den Strand. »Und wenn das klappt, ziehen sie um. Morgan glaubt, sie findet ohne Probleme dort oben einen Job.«
    »Das ist aber weit weg.«
    »Ich weiß.«
    Sie seufzte. »Früher war das anders. Familien blieben beieinander.«
    »So weit ist es nun auch wieder nicht. Fünf, sechs Stunden höchstens. Aber du hast natürlich recht. Man kann nicht eben mal so vorbeifahren. Trotzdem, wenn sie glücklich ist …«
    Meine Mutter blieb stehen und hob einen Kieselstein auf.
    »Aber du bist nicht glücklich«, sagte sie.
    »Mum, mit mir ist alles in Ordnung.«
    »Quatsch.« Sie blickte mich an. »Gar nichts ist in Ordnung. Ich wünschte, du würdest mir erzählen, was mit dir los ist, Sally. Ich mache mir Sorgen.«
    Sie warf den Kiesel in die Brandung. Schweigend gingen wir weiter, wobei wir uns ab und zu bückten, um den Stock für den Hund zu werfen. Ich überlegte, ob ich es ihr erzählen sollte. Aber wozu sollte das gut sein? Was gab es da zu sagen? Sie würde sich nur noch mehr Sorgen um mich machen.
    »Hier haben wir dich immer im Kinderwagen spazieren gefahren, dein Dad und ich«, sagte sie plötzlich. »Natürlich nicht hier am Strand. Oben auf der Promenade. Wir sind immer viel spazieren gegangen. Manchmal den ganzen Weg nach Holywell und wieder zurück. Damals haben wir in dieser kleinen Pension auf der Cambridge Road übernachtet. Kannst du dich noch erinnern?«
    »Vage«, sagte ich. »Ich kann mich nur an das Miniatur-Wunderland erinnern.«
    Merlin kam wieder mit dem Stock angerannt, und meine Mutter nahm ihn ihm aus der Schnauze, um ihn erneut zu werfen. »Ich hätte gern wieder einen Hund«, sagte sie. »Um mit ihm spazieren zu gehen.«
    »Du könntest dir ja einen kleinen anschaffen.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein, dann ist man zu sehr angebunden. Außerdem kommt Merlin ja zu Besuch, stimmt’s?«
    Ich nickte. Schon wieder traten mir die Tränen in die Augen.
    »Fühlst du dich einsam?«, fragte ich sie.
    »Einsam?« Sie blickte mich an. »Wie kommst du darauf?«
    Ich wischte mir über die Augen, dankbar für meine Sonnenbrille. »Dad ist schon so lange tot. Bist du nicht einsam?«
    »Natürlich bin ich einsam«, sagte sie. »Aber man lernt, damit umzugehen. Ich bin nicht unglücklich, wenn du das meinst. Dazu habe ich viel zu viel zu tun!« Sie schmunzelte.
    »Aber hast du nie gedacht … nie gehofft …«
    »Was, dass ich einen anderen Mann kennenlerne?« Sie schüttelte den Kopf und hob noch einen Kieselstein auf. »Darum ist es mir nie gegangen. Als dein Dad starb, wusste ich, dass es das für mich war. Ich liebte ihn viel zu sehr. Und als er ging, nun, da ist ein Teil von mir mit ihm gegangen. Ich hätte nie wieder jemanden so lieben können, wie ich deinen Dad geliebt habe. Und ich wollte es auch gar nicht versuchen.«
    Sie schleuderte den Kiesel ins Wasser.
    »Nein«, sagte sie. »Es wäre nicht fair gewesen.«
    Jonathan, der auf einem Tennisturnier in Horley gewesen war, rief am Abend an und teilte mir mit, dass er beschlossen habe, gleich nach London zu fahren, statt sich morgen früh durch den Verkehr zu quälen. Ich brauchte mich also mit der
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