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Herzgefaengnis

Herzgefaengnis

Titel: Herzgefaengnis
Autoren: Greta Schneider
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oder knallrot anzulaufen?
    Wenigstens ließ er keinen Zweifel an seinen Absichten. Und hatte ich es nicht provoziert mit meinen Formulierungen? Ich steckte mein iPad in die Tasche und schloss beides in Franzens Schreibtisch ein.
    „Wat´ is´ dir denn, Sabinchen? Haste Ärjer?“
    Franzens Stimme war väterlich wie immer, als er mich am Tresen stehen und Löcher in die Luft starren sah.
    „Ach Franz. Nein. So kann man es wirklich nicht nennen.“ Ich musste kichern. „Ich muss nur über etwas nachdenken.“
    Dazu kam ich aber im Laufe des Abends nicht wirklich. Ausgefallene Getränkewünsche, Besoffene, die hinauskomplimentiert werden mussten, und am Ende auch noch ein falsch angestochenes Bierfass. Es spritzte wie verrückt und durchnässte mich. Ich fluchte, als das kalte Bier mich traf. Wahrscheinlich musste ich das Rad heute Nacht nach Hause schieben. Wenn man mich mit dieser Bierfahne fahrend erwischte, war ich wahrscheinlich gleich meinen Führerschein los .
    „Hier, n´ T-Shirt kann ick dir noch anbieten, und ne Schürze is´ ooch noch da. Aba die Hose, die musste wohl anbehalten“, sagte Franz nach diesem Malheur. Seufzend trocknete ich mich, so gut es ging, und zog mich um. Zum Glück war bald Feierabend. Meine Hose klebte feucht an den Oberschenkeln. Unter der frischen Schürze sah man zum Glück nichts. Ich versuchte, es zu ignorieren.
    „Hallo, schöne Frau. Habt Ihr ein schäumendes Kaltgetränk für einen durstigen Rittersmann?“ Bernie! Das war seine Stimme! Endlich. Er grinste verschmitzt und wackelte mit den Augenbrauen.
    „Guten Abend, edler Ritter, ganz wie Ihr wünscht. Ihr solltet jedoch das passende Sümmchen Geldes bei Euch tragen!“
    „Holde Maid, für zwei Bier reicht´s noch“, versicherte er unbekümmert.
    „Mensch Bernie, ich dachte schon, dir sei was zugestoßen“, rief ich. „Sie haben nach dir gefragt!“
    „Ich weiß. Ihr wart mein Alibi. Es gab eine Messerstecherei, einer halb tot. Die dachten, dass ich da mit drinhänge. Vielen Dank, liebe Sabina, vielen Dank, lieber Franz!“
    Er setzte das Glas an und leerte es bis zur Hälfte.
    „Wofür ‚danke‘? Für det Bier oder det Alibi?“ fragte Franz. Bernie stellte das Glas ab.
    „Für beides, Franz, für beides.“
    Er seufzte und ließ sich eine Weile bitten, bis er erzählte. Eine Verwechslung. Seine Bekanntschaft mit diversen Mitgliedern einer Rocker-Gruppierung und seine Ähnlichkeit mit einem der Anführer hatten ihn in Schwierigkeiten gebracht. Jemand hatte geglaubt, ihn am Tatort gesehen zu haben. Genau, als er bei Franz im Randale saß.
    „Soll ich mir etwa jetzt die Haare färben?“ klagte er.
    „Nee, det überlass´ ma´ die Weiba. Bleib´ einfach die Jefahr fern. Brauchste bloß öfter herkomm´.“
    „Dann senk´ mal die Bierpreise. Sonst kann ich mir das nicht leisten.“
    „Na jut. Einen jeb´ ick aus. Aba nur einen. Danach zahlste wieda.“
    Franz sprang über seinen Schatten und stellte ihm ein zweites Bier hin. Bernie wusste solche Gesten zu schätzen. Er leistete uns bis zum Feierabend Gesellschaft. Erst, als Franz die Musik abstellte und wir überall die Stühle hochwuchteten, ließ er sich zum Gehen bewegen.
    „Tschüß Franz. Uff, das war ja heute ein Abend!“
    Ich hatte mir die Schürze abgebunden und wischte damit auf meiner Jeans herum, in der Hoffnung, sie würde schneller trocken.
    „Det kannste laut sagen. Komm´ jut nach Hause.“
    „Aber klar. Ich geb´ mir Mühe.“
     
     
    Als ich vor die Tür trat, atmete ich Frühlingsluft ein. An den Oberschenkeln kroch zwar noch die Kälte durch meine Jeans, dort wo sich die zum Glück kaum noch sichtbaren feuchten Bierflecken befanden. Aber die Frühlingsluft ließ mich ahnen, dass es bald warm wird. Irgendwo versteckte sie ein Quentchen Wärme. Und die konnte man riechen. Auch mit Daunenjacke. Sogar um zwei Uhr dreißig in der Frühe.
    Trotzdem zog ich Handschuhe an, nachdem ich mein Fahrrad aufgeschlossen hatte. Als ich gerade aufsteigen wollte, räusperte es sich neben mir vernehmlich. Eine Stimme, die ich gerne hörte. Obwohl - der Gedanke an seine letzte E-Mail und an meine fleckigen Jeans …
    „Oh, hallo, Herr König .“ Zum Glück konnte er meine Gesichtsfarbe in der Dunkelheit nicht genau erkennen. Auch meine Jeans würde er sicher nicht so genau in Augenschein nehmen. Aber vielleicht konnte er meinen Herzschlag hören.
    Er trat auf mich zu, mit diesem breiten Lächeln. Verlegenheit kannte er offenbar nicht. Oder sah keinen
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