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Herzgefaengnis

Herzgefaengnis

Titel: Herzgefaengnis
Autoren: Greta Schneider
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zwischen den Zeilen gelesen, denn dann hätten Sie mitgekriegt, dass dies nur eine ungefähre und keinesfalls abschließende Nennung meiner ähh – Wünsche war.“
    „Ich werde mir jetzt nicht die Blöße geben, Sie darum zu bitten, sich etwas genauer auszudrücken.“
    „Oh, schade. Wissen Sie, gerade das war auch ein Teil meiner Wunschvorstellung: dass Sie sich eine Blöße geben. Ganz im wörtlichen Sinne.“
    Ich blieb stehen und schnappte nach Luft, während er feixte. Fast hätte er sich noch auf die Schenkel geklopft, so sehr schien er sich zu amüsieren.
    „Hat Ihnen eigentlich noch nie eine Frau gesagt, wie unverschämt Sie sind?!“
    „Ganz ehrlich, Frau Jung: Bisher habe ich keiner Frau die Gelegenheit dazu gegeben – also, fast keiner. Sie sind die erste seit Langem.“ Er schmunzelte. „Die meisten finden mich sehr höflich. Und ich finde die meisten sehr – langweilig.“
    „Das soll wohl ein Kompliment sein“, brummte ich, halb verlegen, halb versöhnt. Fest den Lenker umklammernd, setzte ich mich wieder in Bewegung. Wenn er mich nicht loslassen wollte, musste er mitkommen. „Ich könnte Ihnen einfach davonfahren.“
    „O nein. Das tun Sie mir nicht an. Dazu unterhalten Sie sich viel zu gut mit mir. Geben Sie´s zu.“
    „Warum muss ich bei Ihnen immerzu etwas zugeben?“
    „Quatsch. Ich bin derjenige, der dauernd etwas zugibt. In Wirklichkeit gebe ich mir hier gerade die eine oder andere Blöße.“ Er blieb wieder stehen, hielt mich zurück. „Stellen sie das mal ab.“
    Er nahm mein Fahrrad und lehnte es an einen Baum, der praktischerweise gerade am Straßenrand wuchs. Dann wandte er sich zu mir und nahm mich bei den Schultern. Sein Blick versenkte sich in meinen. Selbst hier im Dunkeln konnte ich die Goldpünktchen in seinen Augen sehen. Schon wieder ein Beinahe-Herzstillstand. Seine Hände – kleine Kraftwerke leiteten an meinen Schultern Hochspannung in meinen Körper. Durch meine Jacke hinweg. Er beugte sich zu mir. Seine Lippen kamen meinen nahe. Sehr, sehr nahe. Fast berührten sie meine, als ein sehr penetrantes Tröten aus meiner Handtasche kam. Ich zuckte zusammen, und er nahm etwas Abstand. Ohne mich loszulassen.
    „Was ist das?“ fragte er belustigt. „Ihr Handy?“
    „Ich bekomme eine E-Mail. Keine Sorge, ich gucke nicht nach, von wem sie ist. Sie stehen ja vor mir. Von Ihnen kann sie also nicht sein.“ Ich musste lächeln. Ganz gegen meinen Willen. Er erwiderte es, ganz ohne jeden Spott.
    „Sonst hätten Sie jetzt in Ihrer Tasche gekramt?“ erkundigte er sich belustigt – und auch ein bisschen geschmeichelt. Ich zuckte mit den Schultern. „Das sind die einzigen interessanten E-Mails, die ich bekomme.“
    „Oh, das Kompliment kann ich zurückgeben – und Ihnen noch so das eine oder andere dazu machen.“ Mit diesen Worten näherte er sich wieder, suchte meinen Mund mit seinem. Mein Herz wollte aussetzen, als ein weiteres Tröten aus meiner Handtasche drang. Zu meiner Enttäuschung ließ er mit einem Seufzer von mir ab und griff nach meinem Fahrrad.
    „Das ist hoffentlich keine Absicht von Ihnen“, bemerkte er spöttisch.
    „Aber Herr König, trauen Sie mir so etwas wirklich zu?“
    Er schob mein Fahrrad mit einer Hand, die andere legte er wieder um meine Taille. Diesmal zog er mich etwas fester an sich. Seine Nähe machte mich kurzatmig. Sein Geruch, sein Lächeln, seine Bewegungen. Er schenkte mir einen Seitenblick.
    „Ich traue Ihnen allerhand zu. Sie sind schließlich eine Frau.“
    Oh, sind wir das, meldete sich mein Stolz. Klar, da ist uns natürlich alles zuzutrauen. Hey, lass dir das nicht gefallen.
    „Aber hoffentlich nicht, dass ich mir nachts E-Mails bestelle.“
    Seine Mundwinkel zuckten, aber er sagte eine Weile nichts. Als wir in die Straße einbogen, in der ich wohnte, wandte er mir den Kopf zu und fragte: „Welchem Menschen außer mir rauben Sie wohl dermaßen den Schlaf, dass er Ihnen mitten in der Nacht E-Mails schickt?“
    „Oh, das tut mir leid. Ich – ich wollte Ihnen nicht den Schlaf rauben …“ Ich geriet schon wieder ins Stottern. Der Kolibrischwarm in meinem Magen begann, seine Flügel aufzuwärmen.
    „Tun Sie aber. Und offenbar nicht nur mir.“
    „Sie schmeicheln mir. Das ist bestimmt nur automatisch versandter E-Mail-Betrug. Sie wissen schon: Nigerianischer Prinz hat ´ne Million geerbt, die er Ihnen schenken will und so. Das kommt immer nachts.“
    „Sie sollten das lieber ausschalten. Sonst werden Sie ja dauernd von
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