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Herzensruhe

Herzensruhe

Titel: Herzensruhe
Autoren: Anselm Gruen
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Worte spreche „Herr Jesus Christus“ und beim Ausatmen „Sohn Gottes, erbarme dich meiner“, dann bin ich dort, wo Christus ist. Dann erlebe ich, daß Christus hinabsteigt in alle Abgründe meiner Seele, auch in die Kammern, die ich am liebsten vor ihm verschließen möchte.
    Dann bewohnt Christus alle Räume meines Leibes und meiner Seele. Dann bin ich dort, wo Er ist. Und an diesem Ort erfahre ich einen tiefen Frieden, ein Einverstandensein mit allem, was ist, Einheit zwischen Christus und mir, zwischen den Menschen und mir, zwischen den Gegensätzen in mir. Dann kommt das Hinundhergezerrtwerden zur Ruhe. Dann bin ich ganz da, ganz im Augenblick, ganz in Gott.
    Wenn ich mit Gott eins bin, wenn ich in Gott meinen Grund habe, dann berührt mich die Unruhe nicht mehr, die mich umgibt. Ich spüre sie zwar noch. Aber sie reicht nicht bis in den innersten Raum, in dem Gott in mir wohnt. Je mehr Gott mein Herz erfüllt, desto weniger kann die Unruhe sich darin breitmachen. Die Gotteserfahrung ist immer auch geprägt von einer tiefen inneren Ruhe. In Gott kommen die Turbulenzen meiner Seele zur Ruhe. In Gott fallen die Gegensätze zusammen, die mich oft genug zerreißen. In Gott ist die wahre Ruhe, die Sabbatruhe, die er auch uns verheißen hat. Bruder Klaus von der Flüe hat das erfahren, wenn er schreibt: „Friede ist allweg in Gott, denn Gott ist der Friede, und Friede mag nicht zerstört werden, Unfriede aber wird zerstört.“
    Jeder Weg, der mich tiefer in die Gemeinschaft mit Gott führt, führt mich auch in die Ruhe. Für den einen ist es die Meditation,
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    für einen anderen die Eucharistiefeier, für einen dritten ein Spaziergang. Es gibt viele Wege, die mich der Einheit mit Gott näher bringen. All diese Wege sind aber nicht einfach ein Trick, meine Unruhe zu überwinden und wieder ruhig zu werden. Es gibt keinen Weg zur Ruhe, der nur äußerlich bleibt. Jeder Weg, der wirklich zur Ruhe führen will, geht über die Erfahrung meiner eigenen Wahrheit und über die Erfahrung Gottes. Es ist letztlich der Weg des Gebetes und der Meditation, der mich über die eigene Wahrheit in Gott hinein führt und mir in Gott Anteil schenkt an seiner göttlichen Ruhe.

    Ruhe als erfüllte Zeit

    Ein Ort, an dem die Gegensätze zwischen Gott und Mensch, zwischen Himmel und Erde zusammenfallen, ist der Augenblick, in dem Zeit und Ewigkeit miteinander eins werden.
    Das ist dann die Erfahrung der Sabbatruhe Go ttes. Wahre Ruhe hat immer teil an der Erfahrung der Ewigkeit. So sieht es schon Augustinus, wenn er über die Ruhe des achten Tages, des Auferstehungstages, nachdenkt. Für ihn ist der achte Tag der Tag, an dem wir teilhaben an der ewigen Sabbatruhe Gottes:
    „Denn jene ewige Ruhe setzt sich am achten Tag fort und endet nicht an ihm, weil sie ja sonst nicht ewig wäre. Deshalb wird der achte Tag sein, was der erste war, und so das ursprüngliche Leben sich nicht als vergangen, sondern als mit dem Stempel der Ewigkeit bekleidet erweisen.“ Acht ist die Zahl der Ewigkeit. Der achte Tag ist der Tag, der keinen Abend kennt.
    Achteckig waren die Taufbecken, weil man in der Taufe eingetaucht wird in das ewige Leben Gottes. Der achte Tag ist für Augustinus zugleich der Ta g, an dem Zeit und Ewigkeit zusammenfallen. Das ist für ihn das Ziel seiner Sehnsucht, daß er mitten in der Zeit schon teilhabe an der Ewigkeit. Erst dann kommt seine Seele wahrhaft zur Ruhe: „In dieser Welt aber rollen die Tage dahin, die einen gehen, die anderen kommen,
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    keiner bleibt. Auch die Augenblicke, da wir reden, verdrängen einander, und es bleibt die erste Silbe nicht stehen, damit die zweite erklingen kann. Seitdem wir reden, sind wir etwas älter geworden, und ohne Zweifel bin ich jetzt älter als heute morgen.
    So steht nichts still, nichts bleibt fest in der Zeit. Darum müssen wir den lieben, durch den die Zeiten geworden sind, um von der Zeit befreit und in der Ewigkeit befestigt zu werden, wo es keine Veränderlichkeit der Zeit mehr gibt.“ Mitten in der Unruhe seiner Zeit sehnt sich Augustinus nach der Ruhe, in der mitten in der Zeit die Ewigkeit Gottes schon anwesend ist, in der Zeit und Ewigkeit zusammenfallen.
    Zeit und Ewigkeit fallen im Augenblick zusammen. Wenn wir ganz im Augenblick sind, dann steht die Zeit still. Jeder hat vermutlich schon die Erfahrung gemacht, daß er fasziniert einen Sonnenuntergang betrachtet hat. Und er hat dabei gar nicht gemerkt, wie die Zeit vergangen ist. Wenn wir uns ganz intensiv auf
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