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Herzensruhe

Herzensruhe

Titel: Herzensruhe
Autoren: Anselm Gruen
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vereinfachen

    Unsere Unruhe rührt häufig daher, daß wir zuviel auf einmal tun wollen und daß wir zuviel in unseren Häusern haben. Ursula Nuber hat in der Zeitschrift „Psychologie heute“ vor einiger Zeit einige konkrete Tips dazu gegeben, wie wir unser Leben entrümpeln und entmüllen können. Sie meint, vieles, was wir im Haushalt haben, was wir in unserem Wohnzimmer, in unserem Büro, in unserem Keller aufbewahrt haben, verwenden wir kaum einmal. Es ist einfach nur ein Ballast, den wir mit uns
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    herumschleppen. Aus Angst, wir könnten das oder jenes Haushaltsgerät doch einmal brauchen, kaufen wir es, um dann nach einiger Zeit festzustellen, daß wir es höchstens dreimal gebraucht haben. Seit Jahren steht es nutzlos herum. Aber all das Viele, was wir angesammelt haben, macht uns nicht gesammelt, sondern es belastet uns nur noch. Ein Weg, zur inneren und äußeren Ruhe zu kommen, wäre daher, all das, was wir nicht wirklich brauchen, zu entrümpeln, damit wir wieder genügend Raum bekommen, um zu leben, um die Ruhe in unserem Haus genießen zu können. Wenn alles voll steht, ist es nirgends mehr einladend, können wir nirgends mehr ausruhen.
    Überall erinnern uns Gegenstände, was wir noch eigentlich gebrauchen könnten, was wir damit anfangen müßten, damit es nicht umsonst herumsteht. So setzt uns das Gekaufte oft genug unter Zugzwang. Damit es nicht umsonst gekauft ist, müssen wir damit etwas tun. Wir müssen uns beschäftigen, ans tatt einfach zu genießen, daß wir freie Zeit haben, daß uns die Zeit geschenkt ist.
    Unter dem Stichwort „Das Leben vereinfachen“ erscheinen heute viele Bücher. Es ist letztlich das Thema, das früher mit dem Wort „Askese“ bezeichnet wurde. Askese hat immer auch mit Selbstbeschränkung und Verzicht zu tun. Verzichten setzt ein starkes Ich voraus. Wer ein schwaches Selbstwertgefühl hat, der braucht vieles, um seine innere Leere zu verdecken. Er ist ständig auf der Suche nach mehr. Er meint, er käme zur Ruhe, wenn er all das hat, was er zum Leben braucht. Aber ein Bedürfnis weckt das andere. Selbstbeschränkung ist aber nicht nur ein Kennzeichen für ein starkes Selbst, sondern auch ein konkreter Weg, das Selbst zu stärken. Indem ich verzichte auf all das, was die Menschen um mich herum haben, finde ich mehr und mehr meine eigene Identität. Ich werde stolz darauf, daß ich vieles nicht brauche. Das steigert mein Selbstwertgefühl.
    Und es führt dazu, daß ich mehr bei mir selbst bin anstatt bei den vielen Dingen, die meine Bedürfnisse befriedigen sollten. Je
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    mehr ich aber bei mir selber bin, desto ruhiger werde ich.

    Die Ruhe in Gott finden

    Wenn die Bibel uns verheißt, daß Jesus Christus uns Ruhe verschaffen wird oder daß Gott uns in die Sabbatruhe einführt, wenn die Mönchstradition davon spricht, daß Gott allein unsere Unruhe in Ruhe verwandeln kann, dann entspricht das auch den Erfahrungen, die heute viele Menschen machen. Wer sich auf den spirituellen Weg macht, der erfährt, daß er sich vom Verhaftetsein in die äußere Hektik löst. Er sieht die Hektik um sich herum wie von einem andern Stern aus. Er definiert sich nicht davon. Er schaut sie an, aber sie berührt ihn nicht. Wer in Gott seine Mitte findet, der erfährt, daß die Welt über ihn keine Macht mehr hat. Er spürt die befreiende Botschaft des Johannesevangeliums, daß wir zwar in der Welt sind, aber nicht von der Welt, daß Christus uns ewiges Leben schenkt, ein Leben, über das diese Welt keine Macht hat. Ich kann meine Unruhe nicht in Griff bekommen. Aber wenn ich daran glaube, daß ich meinen Grund in Gott habe und nicht in der Welt, dann entziehe ich mich der Unruhe, die mich umgibt. Ich beobachte sie von einem Ort jenseits der Welt, ich beobachte sie von Gott her, mit dem ich im Glauben eins werde.
    Diese Erfahrung der Ruhe mitten in der Unruhe spiegelt das Johannesevangelium wider. Im ersten Teil setzt sich Jesus immer wieder mit seinen Gegnern auseinander. Da prallt die ganze Unruhe und Unzufriedenheit der Welt auf ihn ein. Aber im 13. Kapitel ändert sich der Charakter des Johannesevangeliums. Da ist Jesus mit seinen Jüngern allein. Er wäscht ihnen die Füße und spricht zu ihnen. Die Abschiedsreden Jesu sind erfüllt von einer tiefen Ruhe, von einer jenseitigen Ruhe. Weil Jesus alles von seinem Vater aus sieht, zu dem er im Tod heimkehren wird, darum hat selbst das unruhige Geschehen
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    der Passion und der Kreuzigung den bedrängenden Charakter
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