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02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre

02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre

Titel: 02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre
Autoren: Stephen Fry
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Arbeit macht mehr Spaß als Spaß
     
    Noël Coward
     
    I
ch muss endlich damit aufhören, mich ständig zu entschuldigen: Dadurch wird nichts besser und nichts schlechter. Wenn es mir nur gegeben wäre, fuchtig, furchtlos und frei heraus zu sein, statt meine Ausführungen ständig mit jämmerlichen Dementis, Entschuldigungen und Ausflüchten zu garnieren. Das ist einer der Gründe, weswegen ich nie ein Künstler hätte gewesen sein können, weder auf literarischem Gebiet noch auf einem anderen. Alle wahren Künstler, die ich kenne, hegen nicht das geringste Interesse an der Meinung ihrer Mitmenschen, und ihnen liegt absolut nichts daran, sich selbst zu erklären. Selbstdarstellung, ja und oft, Selbsterklärung aber nie. Künstler sind stark, stur, schwierig und gefährlich. Schicksal, Faulheit oder Feigheit hatten mich schon vor langer Zeit auf die Rolle des Entertainers festgelegt, und zu einem solchen sah ich mich während meines dritten Lebensjahrzehnts heranreifen, wenngleich auch zeitweise zu einem fatal oberernsthaften und oberkonzilianten Entertainer, der natürlich schon deswegen keiner war. Der Wunsch, gemocht zu werden, ist eine Charaktereigenschaft, die nicht sonderlich gemocht wird. An mir mag ich sie jedenfalls gar nicht. Aber an mir gibt es sowieso sehr viel, was ich nicht mag.
    Vor zwölf Jahren habe ich die Erinnerungen an meine Kindheit und Jugend veröffentlicht, und zwar unter dem Titel
»Columbus war ein Engländer«
1 , der niemandenverwirrte, weil er in seiner Bedeutung und Anspielung so klar, einleuchtend und offensichtlich war. Oder vielleicht auch nicht. Der Ablauf der darin geschilderten Ereignisse reichte bis zu dem Zeitpunkt, als ich aus dem Gefängnis kam und es mir irgendwie gelang, zum Universitätsstudium zugelassen zu werden. Hier nimmt dieses Buch die Geschichte wieder auf. Aus Rücksicht auf diejenigen, die
»Columbus«
gelesen haben, möchte ich dasselbe Feld möglichst nicht nochmals beackern. Wenn ich also Ereignisse aus meiner Vergangenheit erwähne, von denen ich bereits berichtet habe, werde ich ein hochgestelltes Kreuz ( † ) hinzufügen.
    Dieses Buch nimmt die Fäden auf und schildert die anschließenden acht Jahre meines Lebens. Warum so viele Seiten für so wenige Jahre? Eine Antwort lautet, dass es sich um eine späte Phase des Heranwachsens und ein frühes Mannesalter handelt, die höchst ereignisreich waren. Eine andere lautet, dass ich ein völliger Versager bin, was die Befolgung von Strunks »Elements of Style« oder sonstiger Handbücher betrifft, in denen die »
Kunst des guten Schreibens«
propagiert wird. Wenn sich etwas in zehn Wörtern sagen ließe, kann man sich darauf verlassen, dass ich hundert verwende. Eigentlich sollte ich mich dafür entschuldigen. Ich sollte noch mal von vorne anfangen und die verbalen Auswüchse rücksichtslos beschneiden, trimmen oder ganz ausmerzen. Aber das werde ich nicht tun. Ich mag Wörter – »mag« gestrichen: Ich
liebe
Wörter –, und während ich ihren eingeschränkten und sparsamen Gebrauch in der Poesie, in Songtexten, bei Twitter, in guten journalistischen Texten und bei cleverer Werbung durchaus schätze, liebe ich es doch, in ihrer üppigen Vielfalt zu schwelgen oder wild mit ihnen um mich zu werfen. Wie Sie bereitsbemerkt haben dürften, zähle ich zu den Exemplaren Mensch, die es fertigbringen, Sachen zu schreiben wie: »Ich werde ein hochgestelltes Kreuz hinzufügen.« Wenn mein Schreibstil wie eine persönliche Marotte wirkt, die zum Zähneknirschen provoziert, tut es mir leid, aber ich bin ein zu alter Hund, um noch neues Gebell anzustimmen.
    Ich hoffe, Sie vergeben mir die unerquickliche Erfahrung, miterleben zu müssen, welche Mühe es mich kostet, einige meiner inneren Wahrheiten zum Ausdruck zu bringen und die Distanz zwischen der Maske aus Selbstgewissheit, Ungezwungenheit, Vertrauen und Sicherheit (die ich so spielend trage, dass sich ihre Züge oft in ein spöttisches Feixen verwandeln, das an selbstgefällige Hochnäsigkeit gemahnt) und dem wahren Zustand der Beklemmung, des Selbstzweifels, Selbstekels und der Angst abzumessen, in dem ich einen großen Teil meines Lebens damals wie heute verbracht habe und verbringe. Ich nehme an, es handelt sich um ein Leben, das so interessant oder uninteressant ist wie jedes andere. Es gehört mir, und ich kann damit tun, was ich will, sowohl in der Welt auf der realen Ebene der Fakten und Objekte als auch auf den Buchseiten und damit auf der noch realeren Ebene der
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