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Herzen aus Gold: Roman (German Edition)

Herzen aus Gold: Roman (German Edition)

Titel: Herzen aus Gold: Roman (German Edition)
Autoren: Fiona McIntosh
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entschlossen, sie so bald wie möglich wieder auszulösen und ihrer Eigentümerin zurückzugeben. Seine Mutter würde den Diebstahl sicher nicht bemerken.
    Er starrte die glitzernden Diamanten und das kleine runde Zifferblatt an, das aus blauem Perlmutt gefertigt war und im matten Licht so schwarz aussah, wie sich sein Herz in diesem Augenblick anfühlte. Das war es, entschied er, als er das schmal e lederne Armband durch seine langen Finger gleiten ließ. Endgültig! Das war das letzte Mal, dass er seine Eltern enttäuschen würde. Vom heutigen Tag an würde er hart arbeiten, um den Vorstellungen seines Vaters gerecht zu werden.
    Von seinem Versprechen voll und ganz in Anspruch genommen, hörte Jack nicht, dass jemand die Treppe heraufkam. Wäre da nicht das verräterische Knarren gewesen, wäre er möglicherweise sogar auf frischer Tat ertappt worden. Panik überfiel ihn, als er hörte, wie ein Fuß auf die knarzende Bodendiele trat. Ihm blieb nur ein winziger Augenblick, um die kostbare Uhr in seiner Jackentasche verschwinden zu lassen und einen unschuldigen Gesichtsausdruck aufzusetzen.
    »Jack, mein Lieber?«, fragte Elizabeth Bryant.
    »Hallo, Mutter. Du siehst so bezaubernd aus wie immer«, erwiderte er mit ruhiger, fester Stimme. Dann ging er auf sie zu und gab ihr einen Kuss auf die Wange, während er den zarten Duft ihres Parfüms tief einatmete.
    Ihre haselnussbraunen Augen schimmerten im sanften Licht. »Danke, mein Liebling. Es ist nicht schwer zu verstehen, warum sich die Mädchen alle in dich verlieben«, sagte sie und nahm sein Gesicht sanft in ihre Hände.
    »Ist Mrs. Hay schon gegangen?«, fragte er.
    »Sie pudert sich gerade die Nase. Ich dachte, ich hätte dich nach Hause kommen hören. Du bist viel früher zurück, als ich erwartet hatte. Jedenfalls …«
    Bevor sie weitersprechen konnte, fiel er ihr ins Wort: »Du hast nicht zufällig irgendwo meine Lederhandschuhe geseh en?«, fragte er und sah sich dabei suchend um. »Ich habe kein e Ahnung, wo ich sie hingelegt habe, aber einen Tag wie heute will ich nicht noch einmal erleben – mir sind fast die Finger abgefroren!«
    Sie gab ein leises Lachen von sich, ein Lachen, wie er es ihr immer wieder zu entlocken versuchte. »Wie in aller Welt bist du nur auf die Idee gekommen, ausgerechnet hier danach zu suchen?«
    Er lächelte sie an. »Ich nehme an, aus purer Verzweiflung«, antwortete er und war dabei ehrlicher, als sie ahnen konnte. »Ich habe dir gestern einen Strauß Blumen gebracht, weißt du nicht mehr?«, fügte er hinzu. Fast hätte er diese Lüge selbst geglaubt. Er warf einen Blick auf die Vase mit Lilien, die Mrs. Shand gestern ins Zimmer seiner Mutter gestellt hatte. Er hatte ihr lediglich die Tür geöffnet.
    »Oh, deine Handschuhe sind leider nicht hier, mein Liebling. Aber die Blumen sind wunderbar. Vielen Dank. Du siehst übrigens sehr müde aus, Jack. Und deine Mähne könnte auch mal wieder einen ordentlichen Schnitt vertragen – du bist wie alle Bryants mit einer üppigen Haarpracht geschlagen.«
    »Aber du sagst doch immer, dass es das ist, was uns so gut aussehen lässt.«
    »Stimmt. Aber ich muss dich hin und wieder auf bestimmte Dinge aufmerksam machen, damit du nicht zu eingebildet wirst.«
    Er grinste. »Wie war dein Tag?«, fragte er und bemerkte in ebendiesem Moment, dass ihr Haar, das sie elegant zurückgekämmt und hochgesteckt trug, in letzter Zeit ein wenig grauer geworden war. Elizabeth Bryant hatte darauf verzichtet, sich einen modischen kurzen Bob schneiden zu lassen, auch wenn das offenbarte, was geheim zu halten sie sich so sehr bemühte: dass auch sie inzwischen auf die sechzig zuging. Sie hatte einige Fehlgeburten erlitten, bevor sie mit siebenunddreißig Jahren John »Jack« Bryant zur Welt brachte. Für eine Erstgebärende war sie damit ziemlich alt, aber sie hatte sich ihrer Rolle als Mutter mit unerschöpflicher Energie und Hingabe gewidmet.
    »Nun, dein Vater ist nach Truro gefahren. Er wird wahrscheinlich dort übernachten«, sagte sie und sah in die Dunkelheit hinaus.
    »Ach? Und was macht er da?«
    »Das Übliche«, erwiderte sie in resigniertem Ton. »Geschäfte.«
    Jack nickte. Er wusste, dass sein Vater ihr nur wenig von seiner Arbeit erzählte. »Laufen die Geschäfte gut?«
    »O ja«, sagte sie zerstreut und ordnete vor dem Spiegel ihr Haar. Sie hatte noch immer eine beneidenswert gute Figur, und ihr Kleid saß perfekt. »Besser denn je.«
    Jack wirkte überrascht. »Ich hätte angenommen, dass
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