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Herz ueber Bord

Herz ueber Bord

Titel: Herz ueber Bord
Autoren: Gabriele Diechler
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abgeht, brühwarm schreibst. Und skypen müssen wir natürlich auch.«
    Â»Ich halte jede Sekunde für dich fest«, versprach ich.
    Inka seufzte erneut. »Und jetzt hören wir besser auf. Von wegen Kosten und so.« Typisch Inka. Trotz ihres Kummers war sie immer noch total pragmatisch.
    Â»Also dann, bis bald. Pass auf dich auf«, rang ich mir mit wehmütiger Stimme ab.
    Â»Du auch«, entgegnete Inka. Sie klang traurig. Ich schickte meiner besten Freundin einen letzten Kuss durchs Handy und legte schweren Herzens auf.

Verflixt, wieso musste ich auf Kreuzfahrt gehen, wenn Inka in so schlechter Verfassung war? Das war nicht fair. Einen Moment lang starrte ich auf das stumme Handy in meiner Hand und fühlte mich miserabel, weil ich meine beste Freundin nicht sehen und ihr beistehen konnte. Ich kannte mich mit Liebeskummer nicht besonders gut aus, aber Ablenkung und tröstende Worte waren bestimmt das richtige Mittel dagegen. Am besten würde ich versuchen, Inka mit vielen Neuigkeiten vom Schiff abzulenken. Das brachte sie zumindest auf andere Gedanken.
    Entschlossen tat ich ein paar Schritte und blickte mich dann irritiert um. Verdammt! Wo war denn jetzt Mum abgeblieben? Ich war während des Telefonats ziellos vor mich hin marschiert, ohne darauf zu achten, wie weit ich mich von der Stelle, an der wir uns getrennt hatten, entfernte. Nun konnte ich sie nirgends entdecken. Ich eilte an der Gangway vorbei und suchte die nähere Umgebung ab. Offenbar waren während meines Gesprächs mit Inka weitere Busse angekommen und hatten ihre lebende Fracht am Hafen abgeliefert – was die Sache nicht gerade erleichterte.
    Nach einer Weile vergeblichen Suchens wurde mir lang sam mulmig zumute. Inzwischen war derart viel los, dass es vermutlich eine Weile dauern würde, bis ich Mum zwischen all den Fremden gefunden hatte.
    Ich drehte mich ein paar Mal um die eigene Achse, umrundete verschiedene Gruppen von Menschen, die mich gar nicht wahrnahmen, und dann sah ich sie endlich: Sie stand ein paar Meter von mir entfernt und sprach mit einem Mann, der helle Leinenhosen und ein froschgrünes Hemd trug. Er drehte mir den Rücken zu, sodass ich sein Gesicht nicht erkennen konnte.
    Im Zickzackschritt begann ich, mich auf die beiden zuzubewegen. Als ich mich Mum und dem Fremden bis auf wenige Schritte genähert hatte, hörte ich den Rest ihres Gesprächs: »Wenn ich gewusst hätte, dass du hier bist, hätte ich niemals zugesagt, für Vera einzuspringen …« Mums Stimme klang mächtig aufgeregt und brach plötzlich ab. Ich verharrte kurz.
    Â» Ich bin jedenfalls froh, dass wir uns endlich wieder begegnen. Für meinen Geschmack ist es nämlich höchste Zeit, ein paar Fragen zu klären. Bist du eigentlich mit deiner Tochter hier?« Die Stimme des Mannes mit dem grünen Hemd war ruhiger als die von Mum, doch auch aus ihr glaubte ich Anspannung herauszuhören. Er drehte mir immer noch den Rücken zu. Sollte ich die beiden unterbrechen?
    Da gab Mum einen kurzen unterdrückten Schrei von sich. Alarmiert horchte ich auf. Was wollte dieser Kerl von meiner Mutter? Und weshalb fragte er überhaupt nach mir? Mit meiner Rücksicht war es ein für alle Mal vorbei.
    Â»Hallo! Mum! Ich bin hier«, rief ich.
    Die blickte auf und entdeckte mich zwischen den anderen Passagieren. Ihre Augen waren schreckgeweitet und ich schob mich energisch durch die Menge. Noch zwei, drei Schritte und du bist bei ihr, Katja.
    In diesem Augenblick packte mich jemand mit festem Griff, schloss mich in die Arme und drückte mich fest an sich.
    Â»Hanna! Wie schön, dich endlich wiederzusehen!«, rief er dabei.
    Im ersten Moment wusste ich nicht, wie mir geschah. Dann presste ich meine Hände fest gegen die Brust des unbekannten Umarmers. »Loslassen! Hier liegt eine Verwechslung vor.«
    Der unfreiwillige Drücker bemerkte den Irrtum und lockerte seinen Griff. »Oh, da hab ich wohl die Falsche erwischt!«, entschuldigte er sich lachend.
    Â»Kein Problem. Ich hab’s ja überlebt«, erwiderte ich, eilte weiter und kam endlich bei meiner Mutter an.
    Mit hängenden Schultern und ihrer Tasche als Schutzschild vor dem Oberkörper stand sie da. Von dem Mann, mit dem sie so scharf gesprochen hatte, war weit und breit nichts zu sehen. Er musste in diesem Moment im Menschengewimmel verschwunden sein.
    Â»Wo ist der Typ hin, mit dem du gerade geredet hast?«
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