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Herz ueber Bord

Herz ueber Bord

Titel: Herz ueber Bord
Autoren: Gabriele Diechler
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den amerikanischen Komödien, die Inka und ich uns so gern reinzogen. Im echten Leben war mir leider noch nichts Weltbewegendes zum Thema Liebe passiert.
    Ich griff nach der Neon , die neben mir lag, und begann, mir damit Luft zuzufächeln. Von einer Klimaanlage konnte man in diesem Taxi nur träumen. Doch wenn die Karibik auf einen wartete, konnte ein bisschen Hitze im Auto nicht stören. Ich schaute wieder nach draußen und ließ augenblicklich die Zeitschrift fallen. Meine Hand schoss nach vorn. »Da ist es«, rief ich beeindruckt, und Mum blickte in die Richtung, die ich vorgab.
    Â»Die Biscayne Bay«, klärte ich sie auf, obwohl das natürlich nicht nötig war. Sie hatte sich bereits bestens informiert.
    Â»Heimat des größten Kreuzfahrthafens der Welt«, konnte sie sich daher nicht verkneifen anzumerken. »Hier arbeiten weit über 150.000 Menschen.« Sie fing meinen mahnenden Blick auf und zuckte entschuldigend mit den Schultern. »Ich bin dem Port Director mal über den Weg gelaufen und da erfährt man so einiges. Verflixt, wie hieß der gleich noch mal. Ah ja: Johnson. Bill Johnson. Wie Don Johnson, der den Cop in der Kultserie Miami Vice gespielt hat. Weit vor deiner Zeit, Katja.«
    Hatte ich schon erwähnt, dass Mum selten um eine Antwort verlegen ist?
    Seit wir das Flugzeug in Hamburg bestiegen hatten, sprudelte es nur so aus ihr heraus. Sie war der reinste Informationsjunkie. Ich dagegen war eher der Typ, der sich Wissen durch Erleben erschloss. Und durch Beobachten.
    Ich rückte noch eine Spur näher ans Fenster, um die schwimmenden Hotels mit meinen Augen aufzusaugen. Meterhohe Schiffe, die sich am Pier aufreihten und an Imposanz kaum zu überbieten waren.
    Â»So spektakulär hab ich mir den Hafen nicht vorgestellt«, stellte ich beeindruckt fest.
    Â»Pass auf, dass du aus dem Schauen herauskommst, wenn wir aus dem Taxi steigen. Ich hab keine Lust, dich gleich zu verlieren.«
    Â»Typisch Mum«, entfuhr es mir. »Immer was am Regeln.«
    Ich starrte weiter nach draußen auf die strahlend blaue Bucht und ließ meine Gedanken schweifen. Seit wir Hamburg bei Schmuddelwetter verlassen hatten, war eine Menge passiert.
    Zuerst der zehnstündige Direktflug nach Amerika, der meine hitzige Nervosität nur noch angestachelt hatte. Und dann die Ankunft am Miami International Airport, wo es von interessanten Menschen und Situationen nur so wimmelte.
    Â»Als Erstes fahren wir mit dem Metromover. Das ist eine geräusch- und abgasfreie Hochbahn, mit der man sich gut einen ersten Überblick verschaffen kann«, hatte Mum vorgeschlagen, kaum dass wir in unser Hotel eingecheckt und es mit luftigen Sommerkleidern am Körper wieder verlassen hatten.
    Â»Super. Vor allem, weil die Fahrt kostenlos ist.« Ich hatte auf meinen Mini-Reiseführer gedeutet, in dem ich das Wichtigste nachschlug. Von dem hatte Mum noch nichts mitbekommen, weil sie sich ständig ihren 300-Seiten-Wälzer vors Gesicht hielt.
    Die unzähligen Wolkenkratzer in Downtown Miami waren großartig. Ich hatte mich kaum an ihnen sattsehen können.
    Â»Wenn man die sieht, begreift man, dass Miami inzwischen auch ein geschätzter Finanz- und Handelsplatz ist«, hatte Mum mir erklärt.
    Ich hatte mich mit schwärmerischem Gesichtsausdruck umgeschaut. »Für mich ist die Stadt eher eine Art Wonderland ! Hier funkelt und glitzert alles um die Wette und obendrauf gibt’s noch fantastische Strände.« Ich fand, das brachte es auf den Punkt.
    Wir hatten uns das Art-déco-Viertel von Miami Beach vorgenommen: pastellfarbene Häuser, die aussahen, als ob sie mit Farben aus dem Malkasten getuscht worden wären, und ein zwanzig Kilometer langer Strand, der sich von der Südspitze von South Beach bis nach Sunny Isles erstreckte. Danach waren wir in den Venetian Pool gestiegen. Ein öf fentliches Schwimmbad aus den Zwanzigerjahren mit Wasserfällen und Lagune.
    Abends hatten wir Coconut Grove besucht – das schönste und älteste Stadtviertel mit engen Straßen und üppigem Grün.
    Â»Glaubst du, wir schaffen noch Little Havanna?«
    Mum hatte schmerzhaft das Gesicht verzogen und sich an den Rist gegriffen. »Sieht schlecht aus. Ich spüre meine Füße kaum noch.«
    Â»Komm, lass uns die Schuhe ausziehen. Das hilft.« Ich war aus meinen Chucks geschlüpft und Mum aus ihren Sneakers – so eroberten wir auch
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