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Herz im Spiel

Herz im Spiel

Titel: Herz im Spiel
Autoren: Sally Cheney
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war sonnengebräunt, dunkel und ebenso kräftig und muskulös, wie ihr Onkel Horace hager war. Sein Haar war zu lang, und sein Blick, der unverhohlen über ihren Körper streifte, um einiges zu kühn. Seine Nase war gerade, seine Augenbrauen schwarz und sein Kinn ausgeprägt.
    Als er sich zu ihr umwandte, hatte sein Gesicht einen nachdenklichen Ausdruck angenommen, ja beinahe zornig sah er sie an. Binnen eines Momentes entspannte sich seine finstere Miene jedoch ein wenig, doch das erleichterte Marianne nicht. Wie sie so vor ihm stand, fühlte sie sich hilflos und irgendwie ausgeliefert, und die passendste Beschreibung für ihn, die ihr in den Sinn kam, war Raubtier .
    „Miss Trenton, wie nett, dass Sie mir Gesellschaft leisten.“ Seine Stimme klang sanft und leise.
    „Mr D…Desmond“, stammelte sie. Nach kurzem Schweigen fiel ihr ein, einen Knicks zu machen.
    Er lächelte sie an. Das Mädchen war vollkommen, genau wie Carstairs es beschrieben hatte. Es war gewiss nicht Desmonds Stil, um junge Frauen zu spielen, aber zweifellos traf Carstairs neben seinen zahlreichen geschäftlichen Unternehmungen gelegentlich gewisse „Arrangements“ zwischen durchreisenden Herren und Damen von … nun ja, von freier Weltanschauung. Es belustigte Desmond, dass Carstairs die junge Frau als sein „Mündel“ bezeichnet hatte.
    „Treten Sie ein, Miss Trenton. Nehmen Sie Platz. Jenny hat uns einen ausgezeichneten Tee gebrüht. Wir wollen ihn doch nicht kalt werden lassen.“ Er wies auf den Diwan, und schnell setzte sich Marianne, dankbar für das Angebot, ihre Beine zu entlasten, die sie kaum noch tragen mochten.
    Unerwartet kam Mr Desmond und setzte sich neben sie.
    „Tee?“
    Sie nickte.
    „Zucker? Milch? Ich sehe keine Zitrone. Soll ich nach Mrs River läuten?“
    „Oh nein“, stieß Marianne hervor. „Zucker und Milch sind genau richtig. Ich mag Zucker und Milch. Ich tue nie Zitrone in meinen Tee. Doch, manchmal schon, aber das schmeckt mir nicht so gut wie Zucker. Und Milch.“
    „Also Zucker und Milch“, meinte Desmond, nahm mit einer Silberzange ein Stück Zucker und goss etwas Milch in die Tasse, ehe er sie ihr reichte.

    Die Tasse klirrte verräterisch, und Marianne stellte sie ab.
    „Und sagen Sie mir, Miss Trenton … möchten Sie vielleicht ein Sandwich? Wie gefällt Ihnen Kingsbrook? Ein ganz schöner Unterschied zu London, nicht wahr?“
    Marianne, die eines der angebotenen Sandwiches genommen und hineingebissen hatte, konnte nur nicken.
    „Aber andererseits ist das auch meine Absicht gewesen. Diesen Ort ganz im Gegensatz zur Stadt zu gestalten, meine ich.“
    Er lächelte ihr über den Rand seiner Tasse hinweg zu, und Marianne würgte an ihrem Sandwichbissen herum. Sie schluckte nochmals. „Es scheint, als hätten Sie das vollbracht“, bemerkte sie schließlich atemlos.
    „Ich hoffe, Ihnen wird das geschäftige, laute Treiben Londons nicht fehlen“, meinte Mr Desmond. Sein vollendet höflicher Tonfall beruhigte ihre Nerven ganz und gar nicht. „Ich finde Kingsbrook sehr friedlich, obwohl ich mir vorstellen könnte, dass einem die Stille auch bedrückend vorkommen kann.“
    „Ach, mir nicht, Sir. Ich liebe die Ruhe, aber Mr Carstairs’ Haus war auch nicht so viel besucht, dass man von einem ‚regen Treiben‘ hätte sprechen können.“
    Marianne lächelte unsicher, doch Desmond hatte den Blick abgewandt. Er wollte nichts von Carstairs hören oder von den Geschäften, die in seinem „Haus“ abgewickelt wurden.
    „Ich verstehe“, sagte Desmond und nahm eins der kleinen Kuchenstücke von dem Tablett, das Mrs River bereitgestellt hatte. Er hielt Marianne die Platte hin, doch sie schüttelte den Kopf.
    „Ich hoffe, das heißt, Sie sind nicht allzu betrübt über Ihren Umzug“, fuhr Desmond fort und stellte das Tablett wieder ab.
    „Ganz und gar nicht“, erwiderte Marianne, holte tief Luft, ehe sie hinzusetzte: „Tatsächlich, Mr Desmond, habe ich auf die Gelegenheit gewartet, Ihnen für die Güte zu danken, mich herzuholen. Kingsbrook ist bezaubernd, und ich werde mich bemühen, Ihren Erwartungen zu entsprechen.“
    „Da bin ich ganz sicher“, meinte der Gentleman, sah ihr lächelnd in die Augen und ließ dann seinen Blick noch tiefer wandern.
    „Und Sie müssen mir sagen, wenn es etwas gibt, das ich für Sie tun kann“, bot sie an.
    „Oh, darauf können Sie sich verlassen“, erwiderte er mit einem Lächeln, das seine dunklen Augen unberührt ließ.
    Es folgte ein weiterer Augenblick
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